Attacke auf XXL-Beamtenverhältnisse: Steuerzahlerbund fordert radikalen Umbau des öffentlichen Dienstes
Angesichts leerer Haushaltskassen fordern Politiker und Verbände, die Zahl der Beamten in Deutschland zu reduzieren.
Berlin – Müssen Polizistinnen, Lehrer und andere Beschäftigte im öffentlichen Dienst verbeamtet sein, um ihrer Tätigkeit nachzugehen? Darüber wird in Deutschland derzeit diskutiert. Nun hat sich der Bund der Steuerzahler zu Wort gemeldet und plädiert dafür, weniger Menschen zu verbeamten. „Die öffentlichen Haushalte werden durch die XXL-Beamtenverhältnisse enorm belastet“, sagte der Präsident der Lobbyorganisation, Reiner Holznagel, der Rheinischen Post. „Deshalb sollte der Beamtenstatus auf den Prüfstand gestellt und in seinem Umfang samt seiner Privilegien kritisch hinterfragt werden. Diese können keinem Beschäftigten in der freien Wirtschaft mehr erklärt werden, weil die finanzielle Schere immer weiter auseinandergeht.“
Rund 5,4 Millionen Menschen in Deutschland waren nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Jahr 2024 im öffentlichen Dienst tätig, ein Plus von fast 96.000 Beschäftigten im Vergleich zum Vorjahr. Davon sind nach Angaben des Bundesinnenministeriums rund ein Drittel Beamtinnen und Beamte, meldete dpa. Sie zahlen nicht wie andere Arbeitnehmer in die gesetzliche Rentenversicherung ein, sondern sie bekommen eine Pension, die vom Staat finanziert wird und die oft höher ausfällt als die Altersbezüge von Rentnerinnen und Rentnern. Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) hat daher vorgeschlagen, künftige Beamte in die Rentenversicherung einzubeziehen.
Steuerzahlerbund: Verbeamtungen auf hoheitliche Kernbereiche wie Polizei und Justiz beschränken
Der Bund der Steuerzahler fordert nun, die Zahl neuer Verbeamtungen auf die hoheitlichen Kernbereiche zu beschränken. Dazu zählen beispielsweise Polizei, Finanzverwaltung oder Justiz. Diese Vorschläge finden in der Politik Gehör. So hatte auch CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann angesichts der hohen finanziellen Last durch Beamtenpensionen eine Reduzierung der Verbeamtungen ins Spiel gebracht. „Ich möchte nur eines: Dass wir nur noch dort verbeamten, wo es wirklich hoheitliche Aufgaben gibt, bei Polizisten, bei Richtern, bei Staatsanwälten, bei Finanzbeamten, bei Zollbeamten - aber dann ist irgendwann gut“, sagte er laut Bild.
Auch der Sozialverband VdK unterstützte den Vorschlag, die Zahl der Verbeamtungen zu verkleinern. Dazu erklärte VdK-Präsidentin Verena Bentele laut der Nachrichtenagentur KNA, es sei gut, „dass endlich auch in der CDU über die Ungleichbehandlung von Beamtinnen und Beamten einerseits und Rentnerinnen und Rentnern andererseits diskutiert wird“. So würden jedes Jahr 90 Milliarden Euro für Pensionen und Beihilfen ausgegeben, um eine Durchschnittspension von 3.500 Euro zu finanzieren. „Gäbe es weniger Beamte in der Verwaltung oder bei Lehrerinnen und Lehrern, könnte ein Großteil dieser Ausgaben dem Staat für die Versorgung aller Bürgerinnen und Bürger zur Verfügung stehen“, sagte Bentele. Der Blick ins Ausland zeigt, wie der öffentliche Dienst auch ohne Beamte funktioniert. So hat beispielsweise die Schweiz schon vor Jahren den Beamtenstatus fast gänzlich abgeschafft.
Bundesinnenminister Dobrindt sieht bei Beamtenstatus keinen Änderungsbedarf
Doch es gibt auch Befürworter des bestehenden Systems. So sieht Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) auf Bundesebene keinen Änderungsbedarf. „Wir sind mit dem, was wir an Beamten in der Verwaltung, in der Bundesverwaltung haben, mit dem, was wir an Beamten beispielsweise bei der Bundespolizei, bei Sicherheitskräften haben, da sind wir sehr gut aufgestellt. Da gibt es keinen Bedarf irgendeiner Veränderung“, sagte er dem Sender Welt TV.
Der deutsche Beamtenbund (DBB) sieht die Debatte kritisch. „Entbeamtung löst kein einziges Problem der Rentenversicherung oder der öffentlichen Haushalte, im Gegenteil. Sie würde viele neue schaffen“, sagte der DBB-Bundesvorsitzende Volker Geyer den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Der Beamtenstatus der Lehrkräfte beispielsweise sichere den streikfreien Raum Schule. (Mit Material von dpa)