Von Fernseh-Langeweile zur Anklagebank: Rentner wegen Kinderpornografie vor Gericht

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Das Amtsgericht Ebersberg. © PETER KEES

Ein 71-Jähriger aus dem Kreis Ebersberg steht wegen des Besitzes von Kinderpornografie vor Gericht. Die Ermittler fanden Dutzende belastende Bilddateien auf seinem Rechner. Der Angeklagte behauptet, er sei nur zufällig auf das Material gestoßen.

Ebersberg - Weil an Allerheiligen nichts Gescheites im Fernsehen lief, legte sich ein Rentner vergangenes Jahr früh ins Bett – und wäre dort am besten geblieben. Denn was ihm stattdessen einfiel, als er etwas später mit leichter Übelkeit wieder erwachte und aus dem Bett stieg, brachte ihn auf die Anklagebank des Ebersberger Amtsgerichts. Dort saß der 71-Jährige aus dem südlichen Landkreis am Dienstag, ein dickliches Häufchen Elend. Die Sache wog schwer: Wegen des Besitzes von Kinder- und Jugendpornografie hatte das Schöffengericht über ihn zu urteilen.

Drei Dutzend Bilder - darunter schwerer Missbrauch

Rund drei Dutzend Bilddateien konnten die Ermittler auf seinem Rechner nachweisen, die Mädchen, auch Kinder, teils in aufreizenden Nackt-Posen, teils in schweren sexuellen Missbrauchssituationen zeigen. „Ich weiß nicht, wie das passieren konnte“, setzte der Angeklagte zu einer Erklärung an, die seinen Verteidiger, Florian Alte, hastig eingreifen ließ: „Eher Selbstzweifel als Zweifel am objektiven Sachverhalt!“

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Auf die Spur kamen die Ermittler dem Mann, weil der bei einer Online-Suchmaschine einzelne Fotos hochgeladen hatte – ein Weg, um ähnliches Material angezeigt zu bekommen. Der Meldeautomatismus des Anbieters schlug Alarm.

Herumgedruckse nervt den Richter

Ob nun aus Scham oder zum Selbstschutz: Dass der 71-Jährige herumdruckste, nervte den Richter: „Die flattern nicht per E-Mail oder Post ins Haus!“, sagte Frank Gellhaus über die Bilder. Zumal eine fast 20 Jahre alte, mittlerweile gelöschte und damit nicht mehr urteilsrelevante Geldstrafe aus ähnlichen Gründen überliefert sei. Er sei auf der Suche nach Erwachsenenpornos abgedriftet und bei den illegalen Bildern gelandet, erwiderte der Angeklagte. Habe sich dazu nicht befriedigt, nicht erregt gefühlt. „Ich habe sie gleich wieder gelöscht!“ Warum er sie zwischengespeichert habe, könne sich der mehrfache Großvater nicht erklären. „Könnte ich nur die Zeit zurückdrehen!“, bekannte er schluchzend. Ein Freund habe ob der Vorwürfe mit ihm gebrochen, nun befürchte er, dass sich seine Frau von ihm scheiden lässt.

Verteidiger Alte argumentierte, seinen Mandanten habe kein Drang, sondern Neugierde getrieben. Eine Einschätzung, die die Staatsanwältin teilte: „Ich glaube nicht, dass Sie pädophile Neigungen haben“, gestand sie dem Angeklagten zu. Auch das Gericht sah diesen Beweis nicht geführt, zudem nahm es dem Mann seine Reue für den verkorksten Pornoabend ab. Im Urteil folgte das Gericht vollständig der Forderung der Staatsanwältin: zehn Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung und 900 Euro Geldbuße, die den Mann, der eine knappe Kasse eingestand, hörbar schlucken ließ.

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