Versetzungs-Frust in Bayern - „Bin auch noch Privatmensch": Obwohl Lehrer seinen Job liebt, will er ihn aufgeben

Für viele angehende Lehrkräfte in Bayern beginnt kurz vor den Sommerferien eine Phase der Unsicherheit. Oft erfahren sie erst wenige Wochen vor Schulbeginn, an welchem Einsatzort sie nach den Ferien unterrichten werden. Besonders betroffen sind Referendare, die für ihr zweijähriges Referendariat oder ihre erste feste Stelle häufig mehrmals umziehen müssen. Der Unmut darüber, dass der Dienstort so kurzfristig bekannt gegeben wird, ist groß.

Das große Zittern: Versetzungen kurz vor den Ferien

„Ich habe in Regensburg studiert und habe hier Schulfreunde und Familie – mein ganzes Umfeld ist quasi hier. Ich wurde dann für das Referendariat erstmal anderthalb Stunden in den Süden versetzt. Natürlich gegen meinen Wunsch. Die Nachricht kam Anfang August – für einen Umzug im September“, kritisiert ein anonymer Referendar aus Regensburg gegenüber BR.de. Auch für das zweite Halbjahr des Referendariats wurde er nach Bamberg versetzt, das etwa anderthalb Stunden nördlich von Regensburg liegt. Die Ausbildung zum Lehrer hat er sich anders vorgestellt.

Jobchancen und Unsicherheit

Die Jobchancen für Gymnasiallehrer in Bayern sind derzeit gut und werden es auch in Zukunft bleiben. Dennoch können sich angehende Lehrer ihren Dienstort nicht immer aussuchen. Nach dem ersten Staatsexamen treten sie das zweijährige Referendariat an, währenddessen sie oft an verschiedene Schulen in Bayern versetzt werden.

„Referendarinnen und Referendare werden in den vier Ausbildungshalbjahren oft quer durch Bayern geschickt. Da gibt es keine Garantie, dass man am selben Ort bleibt. Im Gegenteil: Da kommen meist noch neue Zuweisungen. Die Fristen sind schon sehr kurz, wir reden hier von drei bis fünf Wochen“, sagt Alexander Stenpass vom Bayerischen Philologenverband gegenüber BR.de.

Bürokratie und Lehrermangel als Ursachen

Ein weiterer Grund für die kurzfristigen Versetzungen ist der akute Lehrermangel. Viele Lehrkräfte gehen in Pension, und je nach Unterrichtsfach und Region herrscht entweder ein Mangel oder ein Überangebot an Lehrkräften. Dies führt dazu, dass die Lehrer auf verschiedene Dienstorte verteilt werden.

„Neben den regulären Einstellungs- und Versetzungsverfahren erfordern unvorhergesehene Ereignisse, wie beispielsweise kurzfristige Absagen, zahlreiche Nachjustierungen“, erklärte das Bayerische Kultusministerium dem Bayerischen Rundfunk.

Späte Informationen für Gymnasiallehrer

Es hängt es von der Schulart ab, wann die Lehrkraft erfährt, wo sie unterrichtet. Während Grundschulen bereits im März über die Einschreibungen informiert werden und somit frühzeitig planen können, erfahren Mittel- und Realschulen sowie Gymnasien erst im Mai, wie viele neue Schüler zu erwarten sind. Die Personalplanung beginnt somit spät, und ganz am Ende dieser Informationsketten stehen die Anwärter für das Gymnasium.

Angehende Lehrkräfte können drei Ortswünsche angeben, was auch der anonyme Referendar Martin getan hat. Doch oft scheint es, als ob diese Wünsche im Kultusministerium ungehört bleiben. „Die Ortswünsche im Kultusministerium hört wohl niemand“, kritisiert Martin. Auch Alexander Stenpass hält den damit verbundenen analogen Papierkram für eine Zumutung. Bei Lehrern mit Kindern, Ehepartnern oder pflegebedürftigen Angehörigen würden die Ortswünsche jedoch stärker berücksichtigt.

„Das Staatsministerium vertraut auch weiterhin auf dieses bewährte Einstellungs- und Versetzungsverfahren, welches auch von der Personalvertretung unterstützt wird. Selbstverständlich wurde und wird dieses Verfahren zur weiteren Optimierung einer wiederkehrenden Reflexion unterzogen“, teilt das Kultusministerium auf BR-Anfrage mit.

Persönliche Opfer für den Lehrerberuf

Die ständigen Umzüge und Unsicherheiten führen dazu, dass einige angehende Lehrkräfte überlegen, den Beruf zu wechseln. „Ich liebe es, zu unterrichten und ich finde das Referendariat nun wirklich nicht so schlimm, wie viele immer behaupten. Aber die persönlichen Opfer, die damit verbunden sind, schon: Ich bin auch noch Privatmensch, nicht nur Lehrer“, sagt der anonyme Referendar Martin, der sich nach dem Referendariat eine Stelle als Mathematiker suchen möchte, wenn er nicht in seine Heimatgegend zurückkehren darf.

Auch Anna, eine mittlerweile verbeamtete Grundschullehrerin, kann das verstehen. „Es ist halt jedes Mal kurz vor den Sommerferien die Frage: 'Muss ich einen Umzug organisieren und wann geht es zurück nach Hause?'“, sagt sie. Seit Jahren versucht sie, sich in ihre Heimatregion zurückversetzen zu lassen.