EU hilflos? Energie-Deal mit Trump wahrscheinlich nicht umsetzbar
Die Energieunternehmen sind nach dem Handels-Deal der EU und US-Präsident Trump in Aufruhr. Das Abkommen ist, wenn überhaupt, nur sehr schwer umsetzbar. Eine Erklärung aus Brüssel bleibt aus.
Berlin – US-Präsident Donald Trump feiert nach der Einigung mit der EU im Zoll-Konflikt. In Europa und Deutschland ist man hingegen eher entsetzt. Vor allem die Energievereinbarungen in dem Handelsabkommen werfen zahlreiche Fragen auf – denn sie sind – wenn überhaupt – sehr schwer umzusetzen. Und die EU bleibt bisher eine Erklärung schuldig.
Energie-Deal mit Trump: EU müsste Importe vervielfachen
Zum Hintergrund: Die EU sichert Trump in dem Deal unter anderem zu, bis zum Ende von dessen Amtszeit US-Energie im Wert von 750 Milliarden Dollar zu kaufen. Nach Angaben von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sollen Flüssigerdgas (LNG), Öl und Kernbrennstoffe aus den Vereinigten Staaten die Lücken füllen, die nach dem geplanten vollständigen Verzicht auf russisches Gas und Öl entstehen werden.

Das Problem: Daten der EU zeigen laut Handelsblatt, dass sie zwar im vergangenen Jahr insgesamt Öl, Pipelinegas, LNG und Kohle im Wert von 438,6 Milliarden Dollar importiert hat. Aus den USA bezog die EU allerdings nur Energie im Wert von 75,9 Milliarden Dollar. Das ist nicht einmal ein Drittel der mit Trump vereinbarten 250 Milliarden Dollar pro Jahr für die nächsten drei Jahre.
Um die neuen Verpflichtungen zu erfüllen, müsste die EU ihre Ölimporte aus den USA verdreifachen und sich vollständig auf die USA als Gaslieferanten verlassen, sagt dazu der Energieanalyst Aymeric Kouam vom Thinktank Strategic Perspectives gegenüber Table Media. Wichtige Lieferanten wie Norwegen, Katar, Algerien und andere würden so verdrängt. Aber: „Dies wird nicht geschehen, da einige Unternehmen vertraglich gebunden sind.“
Wie will die EU den Unternehmen vorschreiben, wo sie ihre Energie kaufen?
Denn hier kommt das nächste Problem: In der EU und Deutschland sind die Energiemärkte frei – die Staaten können den Unternehmen nicht einfach vorschreiben, bei wem sie Gas oder Kohle kaufen. Ein internationaler Händler sagte gegenüber dem Handelsblatt, es sei nicht klar, wie die Politik sicherstellen wolle, dass bestimmte Lieferungen künftig aus den USA statt beispielsweise aus Katar kämen.
Zwar könnte man dies über vorgeschriebene Quoten oder staatlich beauftragte Energieeinkäufe regeln – doch das wären dann einerseits starke Eingriffe in den freien Markt und andererseits: Was ist dann mit den Lieferverträgen, die diese Energieunternehmen schon mit anderen Ländern abgeschlossen haben?
Infrastruktur für US-Energie-Importe fehlt
Zudem ist fraglich, ob die EU überhaupt so viel Energie braucht. Ana Maria Jaller-Makarewicz, leitende Energieanalystin bei IEEFA Europe, erklärt zu dem vereinbarten Importvolumen im Energie-Deal laut Table Media: „Die Gasnachfrage in Europa geht zurück, und es ist unwahrscheinlich, dass der Markt überschüssige Mengen aufnehmen kann.“
Auch Konstantin Zerger von der Deutschen Umwelthilfe sieht dies im Deutschlandfunk kritisch. Ihm zufolge sei die EU derzeit gar nicht in der Lage, so große Mengen an Kohle, Öl und Gas zu nutzen. Dafür müsse erst die Infrastruktur geschaffen werden – also Kohlekraftwerke müssten wieder in Betrieb genommen, Gaskraftwerke gebaut und noch mehr LNG-Terminals errichtet werden.
Trump-Deal für EU-Klimaschutzziele eine „Katastrophe“
Dazu kommt natürlich die Frage, was nun mit den von der EU vereinbarten Klimaschutzzielen passiert. Denn dafür sei der Deal mit den USA „eine totale Katastrophe”, meint Zerger im Deutschlandfunk. Die klimapolitische Sprecherin der Grünen, Lisa Badum, bezeichnet die Vereinbarung deshalb auch als „fossilen Hinterzimmer-Deal“. Die EU solle nun „250 Milliarden US-Dollar im Jahr für amerikanisches Öl, Fracking-Gas und weitere Vergangenheitsenergien ausgeben“, sagt Badum der Nachrichtenagentur Reuters. „Die Frage ist nicht nur, wer das alles verbrennen, sondern auch, wer das alles bezahlen soll.“
Kann die USA überhaupt so viel Energie an die EU liefern?
Die EU selbst bleibt eine Erklärung bisher schuldig. Ein hochrangiger EU-Beamter sagte laut Handelsblatt vergangenen Montag dazu nur: „Wir sind heute nicht in der Lage, die Zahl aufzudröseln, aber ich will Ihnen versichern, dass die Zahl eine Grundlage hat.“ Man wolle in weiteren Diskussionen sicherstellen, dass darauf konkrete Handlungen folgen würden.
Vielleicht hofft man einfach darauf, nichts tun zu müssen: Denn es bleibt auch die Frage, ob die USA das Exportvolumen überhaupt erfüllen können – auch weil sie ja zusätzlich noch Lieferverträgen mit anderen Staaten nachkommen müssen. Insgesamt hätten die Vereinigten Staaten im vergangenen Jahr Energie im Wert von 332 Milliarden US-Dollar exportiert, sagte Energieanalyst Kouam gegenüber Table Media. Allein 46 Prozent davon gingen an die acht größten Nicht-EU-Staaten. Wenn die kommenden drei Jahre dann auf einmal 250 Milliarden an die EU gehen sollen, was passiert dann mit den Lieferungen an die anderen Handelspartner?
Zudem wird die Frage aufgeworfen, ob die USA überhaupt so viel Energie liefern kann. Beispiel: Der Handelsdeal umfasst auch Kernenergie, die EU kann also auch Uran aus den USA beziehen. Allerdings muss die USA selbst Uran aus Russland importieren – wie will sie da große Mengen an die EU liefern?
Der Energie-Deal der EU mit den USA ein „PR-Gag“?
Aus der Sicht von Walter Boltz, Energieberater bei der Anwaltskanzlei Baker McKenzie, könnten die Folgen für die EU damit überschaubar bleiben. Er sagte dem Handelsblatt: „Der Energie-Deal der EU mit den USA ist aus meiner Sicht eher ein PR-Gag. Wahrscheinlich wollte die EU Donald Trump einen kommunikativen Erfolg gönnen.“ So könne die EU dann einfach darauf verweisen, dass die US-Firmen bei den Energie-Importen nicht im vereinbarten Umfang liefern konnten. Das wäre natürlich für die EU der beste Ausgang – doch natürlich bleibt es völlig fraglich, ob es so kommen wird oder ob Trump auf die Einhaltung des Vertrages pochen wird – umsetzbar oder nicht.