Forscher finden wachsenden Riss unter der Türkei: „Wie wenn ein Blatt vom Kalender abgerissen wird“

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Forscher haben einen wachsenden Riss unter der Türkei entdeckt. Der Fund könnte helfen, geologische Prozesse tief im Innern der Erde zu verstehen.

Göttingen – Ein internationales Forschungsteam hat einen riesigen Riss unter der Türkei entdeckt: Er dehnt sich südöstlich des Landes in Richtung des nordwestlichen Irans aus. Der Riss ist das Ergebnis von tektonischen Prozessen, die tief im Inneren der Erde stattfinden.

Der Riss verläuft unter dem Zagros-Gebirge und zieht sich von der Türkei bis zum Iran.
Der Riss verläuft unter dem Zagros-Gebirge und zieht sich von der Türkei bis zum Irak. © StockTrek Images/imago

Der Riss unter der Türkei scheint sich in Richtung Irak auszubreiten, erklären die Forscher

Das Team unter der Leitung der Universität Göttingen hatte untersucht, wie die Kräfte des Zagros-Gebirges in der irakischen Region Kurdistan die Erdoberfläche in den vergangenen 20 Millionen Jahren verformt haben. Dabei fanden sie heraus, dass ein Rest des urzeitlichen Neotethys-Ozeans, der einst die arabische von der eurasischen Platte trennte, noch immer an der arabischen Platte hängt. In der Türkei jedoch ist genau dieser ozeanische Plattenrest bereits abgerissen. Die Erkenntnisse der Forschung wurden im Fachjournal Solid Earth veröffentlicht.

Dr. Renas Koshnaw, Erstautor der Studie, erklärt in einer Pressemitteilung der Universität Göttingen: „Diese Platte zieht die Region weiter nach unten und schafft so Platz für weitere Sedimentablagerungen. In Richtung Türkei wird die Senke aber viel flacher, was darauf hindeutet, dass die ozeanische Platte in diesem Bereich abgerissen ist und ihre Zugkraft nachgelassen hat. Der Riss scheint sich von der Türkei in Richtung Irak auszubreiten, ähnlich wie wenn ein Blatt vom Kalender abgerissen wird.“ Zuletzt hatten Experten neue Studienergebnisse veröffentlicht, die zeigen, dass Afrika schon bald auseinanderreißen könnte.

Was ist das Zagros-Gebirge?

Das Zagros-Gebirge ist ein Gürtel aus verformtem Krustengestein im Südosten des Iran. Es zieht sich über eine Länge von 1500 Kilometern von der Osttürkei im Nordwesten bis zum Golf von Oman im Südosten. Diese Gebirgskette ist ein bedeutender Teil des Alpen-Himalaya-Systems, das sich über weite Teile Südwestasiens und des Nahen Ostens erstreckt.

Der Gürtel entstand durch die Kollision der afrikanischen, arabischen und indischen Kontinentalplatten mit der eurasischen Platte. Zudem spielte die nordwärts gerichtete Subduktion und die darauffolgende Schließung des Neo-Tethys-Ozeans eine entscheidende Rolle.

Quelle: The Geological Society

Riss unter der Türkei: Erkenntnisse könnten helfen, Erdbebenrisiken besser einzuschätzen

Die Forscher hätten mit ihrer Untersuchung zeigen können, dass die Absenkung der Erdkruste größer ist, als allein durch das Gewicht der Berge zu erwarten wäre. Die schwere ozeanische Platte, die noch unter dem Zagros-Gebirge hängt, zieht die Erdkruste nach unten und schafft eine tiefe, sedimentgefüllte Senke. Die Ergebnisse würden verdeutlichen, wie stark Prozesse tief im Inneren der Erde die Entwicklung der Erdoberfläche steuern.

Die Forschenden entwickelten ein geodynamisches Modell, das diese Prozesse simuliert. „Diese Forschung hilft zu verstehen, wie die starre äußere Schale der Erde funktioniert“, sagt Prof. Jonas Kley, der ebenfalls an der Forschung beteiligt war. Solche Modelle könnten nicht nur die geologische Geschichte der Erde entschlüsseln, sondern auch praktische Anwendungen finden.

Die Modelle könnten etwa bei der Suche nach Erzlagerstätten oder der Einschätzung von Erdbebenrisiken hilfreich sein. In der Türkei kommt es immer wieder zu starken Erdbeben. Da die geologischen Prozesse tief im Inneren der Erde die Entwicklung der Erdoberfläche steuern, könnte das Verständnis dieser Prozesse auch dazu beitragen, zukünftige geologische Veränderungen vorherzusagen und besser zu verstehen, so die Fachleute. (tt)

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