„Extrem gefährlicher Trend“ – Neue Sanktionen treffen Russlands Wirtschaft

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Eine hohe Inflation drückt auf Russlands Wirtschaft. Der Zusammenhang zum Krieg ist vielen unklar. Selbst Putin könnten wichtige Informationen fehlen.

Moskau – Russlands Wirtschaft steht unter Druck. Sowohl das Vereinigte Königreich als auch die Europäische Union haben neue Sanktionspakete vorbereitet. In einigen Branchen steht für 2025 eine Insolvenzwelle bevor – der Kreml-Herrscher Wladimir Putin hatte selbst bei der Jahrespressekonferenz von Problemen gesprochen. Die Zentralbank spielt dabei eine besondere Rolle.

„Extrem gefährlicher Trend“ – Daten aus Russlands Wirtschaft sind undurchsichtig

In Russland dagegen besteht offenbar wenig Verständnis für den Zusammenhang zwischen der enormen Inflation und dem Ukraine-Krieg. Die Inflation selbst ist ein viel diskutiertes Thema innerhalb Russlands – dass sie aber eine Folge der enormen Militärausgaben ist, muss den Russen erst noch klar werden. Das jedenfalls berichtete die Ökonomin Natalja Subarewitsch gegenüber der Welt. Ihrer Meinung nach sind auch die vom russischen Statistikamt veröffentlichten Zahlen zum aktuellen Wirtschaftswachstum (Russland hatte ein Wachstum von 4,1 Prozent für 2024 angegeben) mindestens mit Vorsicht zu genießen.

Wladimir Putin in Moskau.
Wladimir Putin in Moskau (Archivfoto). © IMAGO / Russian Look

„Ich habe große Fragen an den verwunderlichen Dezember“, erklärte sie. „Wir haben vom Statistikamt keine Antworten darauf bekommen“. Sie könne zwar nicht sagen, dass sie den Zahlen nicht vertraue, aber „ich kann sie nicht mehr überprüfen“. Die Ökonomin sieht alle Sektoren außerhalb des Militärs „nahe an der Stagnation“. Zwar gebe es Unternehmen, die die Inflation an ihre Kunden durchgeben können, aber viele Unternehmen würden bereits defizitär arbeiten. In Kemerowo (ein sibirisches Gebiet) sind es angeblich schon mehr als 50 Prozent, in Karelien bis zu 40 Prozent.

Ein weiterer Risikofaktor für Russlands Wirtschaft: Verstaatlichungen. Offenbar verleibt sich der Kreml-Diktator Wladimir Putin vor allem Unternehmen ein, die für den Rüstungssektor relevant sind. Gut laufende andere Unternehmen, deren Besitzer nicht ausreichend loyal sind, können gern auch „einem neuen privaten Besitzer übergeben“ werden, der dann loyaler ist. Bei den Unternehmen lässt durch diese Entwicklung der Wunsch nach, ins Geschäft zu investieren. „Das ist ein extrem gefährlicher Trend.“ Inwiefern Putin über die reale Situation in der Wirtschaft informiert ist, könne Subarewitsch nicht sagen – sie hofft jedoch, dass die Zentralbank entsprechend unterrichtet.

Toxische Kredite könnten Russlands Wirtschaft bedrohen – Kapazitäten sind nicht belastbar

Wirtschaftsexperten hatten schon früh vor einer Überhitzung von Russlands Wirtschaft gewarnt. Der Kreml raube der Wirtschaft die Chance auf nachhaltiges Wachstum, indem gewaltige Finanzmittel in den Bau von Panzern und Granaten gesteckt würden. Diese hätten auf den Schlachtfeldern in der Ukraine nämlich kein allzu langes Haltbarkeitsdatum. Ein wesentlich größeres Problem ist allerdings eine lange Zeit unbeachtet gebliebene Bankenstrategie des Kremls, über die der Morgan-Stanley-Banker Craig Kennedy ausführlich berichtet hatte.

Die Kurzfassung: Russland soll zweigleisig gefahren sein, um den Ukraine-Krieg zu finanzieren. Es habe einerseits einen Geldfluss aus dem regulären Haushalt gegeben, andererseits habe fast ebenso lang eine Finanzierung durch Bankenkredite gegeben, die in etwa so umfangreich sein soll wie die des Verteidigungshaushalts.

Innerhalb der Banken sei ein System entstanden, das die Banken dazu brachte, günstige Kredite an Unternehmen der Kriegswirtschaft zu vergeben. „Dieses Konzept führt dazu, dass der offizielle Staatshaushalt auf einem soliden Niveau bleibt“, hatte das Finanzmagazin Capital.de Kennedy zitiert. „Damit entsteht der falsche Eindruck, dass Russlands Kapazitäten zur Kriegsfinanzierung auf Dauer belastbar sind.“ Banken sollen die Rüstungsunternehmen zu viel billigeren Bedingungen finanziert haben als der Kapitalmarkt es rechtfertigte. Gleichzeitig aber leiden die Banken unter den hohen Zinsen. Es sei ein „Grundstock an toxischen Krediten“ entstanden.

Zentralbank warnt vor Preisdruck – Fachkräftemangel schadet Russlands Wirtschaft

Die russische Zentralbank wiederum hat die Leitzinsen in Russland auf ein Rekordniveau gehoben, um die Inflation in den Griff zu bekommen. Am 14. Februar setzte sie ihre Inflationsprognose von 4,5 bis fünf Prozent auf 7,0 bis 8,0 Prozent hoch. Die russischen Leitzinsen stehen noch immer auf einem Niveau von 21 Prozent.

„Der Preisdruck ist nach wie vor beträchtlich“, hatte die Nachrichtenagentur AFP die Gouverneurin der Zentralbank, Elvira Nabjullina, zitiert. Die Inflation habe sich im Januar und Februar zwar leicht verlangsamt, aber der schnelle Preisanstieg solle noch anhalten. Eine Trendwende sei nicht zu erkennen. Auch Nabjullina machte die hohen Staatsausgaben für das Militär für die Inflation verantwortlich. Hinzu kämen die westlichen Sanktionen und ein Arbeitskräftemangel. Viele junge Arbeitskräfte – vorrangig Männer – befinden sich entweder an der Front oder sind ins Ausland geflüchtet. Die Unternehmen müssen tiefer in die Tasche greifen, um höhere Gehälter anzubieten.

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