Die drei Agri-Photovoltaikfreiflächenanlagen rund um Peißenberg sind ein Meilenstein für die örtliche Energiewende. Nun wurden die Solarwiesen in Fendt und Roßlaich in Betrieb genommen. Eigentlich hätte der Starttermin schon früher sein können – wären da nicht bürokratische Hürden gewesen.
„Schön ist sie geworden, die Anlage. Vielleicht ist sie sogar die schönste“, schwärmt Alexander Rossner beim Pressetermin zur offiziellen Inbetriebnahme der Agri-PV-Freiflächenanlage im Ortsteil Fendt an der nördlichen Grenze des Peißenberger Gemeindegebiets. Rossner ist einer von drei Vorständen der „Energiegenossenschaft Oberland“, die ihren Sitz in Peißenberg hat. Die Genossenschaft ist Initiator der Agri-PV-Projekte, aber an der Fendter-Anlage betreibt sie nur einen kleinen Teil der Modulflächen (insgesamt 7,6 Hektar mit 11 568 Modulen und 19 Wechselrichtern). Den größeren Teil hält die im September erst neu gegründete „Bürgerenergie Fendt eG“. Das Konstrukt musste aus bürokratischen Gründen geschaffen werden.
Für die Projektfinanzierung war es wichtig, die drei Anlagen – die in Strallen am Schlagberg befindet sich aktuell noch im Bau – über eine angemessene und stabile Einspeisevergütung nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) abzusichern. Dafür musste für jede Anlage eine eigene Genossenschaft gegründet werden. Nach dem aktuell noch gültigen EEG sind „Bürgerenergiegesellschaften“ nämlich dann vom Stromausschreibungsverfahren befreit und mit konstanten Einspeisekonditionen begünstigt, wenn ihre Anlagenleistung unter sechs Mega-Watt beträgt. In Fendt wird die Richtmarke überschritten, weshalb neben der Energiegenossenschaft Oberland noch eine weitere Bürgerenergiegenossenschaft gegründet werden musste.
Auch für Roßlaich und Strallen mussten separate Betreiber㈠einheiten geschaffen werden. Das bedeutete viel Aufwand, Bürokratie und Zeitverlust. Rossner spricht von einer „Notlösung“, aber man habe nicht mehr auf eine Reform des EEG warten wollen. „Wir haben da ein halbes Jahr an Zeit verloren – und der Spaß hat uns zusätzlich 100 000 Euro gekostet.“ Die Anlagen hätten viel früher ans Netz gehen können. Rossner kritisiert die gesetzlichen Auflagen: „Sie sind einfach unnötig.“
Kühe fühlen sich im Sommer wohl
Nicht ganz unproblematisch war auch die technische Anbindung ans Stromnetz. „Wir befinden uns diesbezüglich in Peißenberg etwas im Niemandsland“, erklärt Rossner, weil mehrere Netzbetreiber in der Region tätig seien. Eigentlich läuft über das Gelände in Fendt eine Leitung der „Bayernwerk AG“, doch der Konzern war zu keinen Kompromissen bereit. „Gott sei Dank“, so Rossner, „fühlten sich die Peißenberger Gemeindewerke für uns zuständig.“ Die Zusammenarbeit mit dem Kommunalunternehmen habe wunderbar funktioniert.
Den Grund in Fendt stellt Landwirt Korbinian Hutter zur Verfügung. Die aufgeständerten Module lassen weiterhin eine Weidewirtschaft zu. „Die Kühe fühlen sich gerade im Sommer total wohl, weil sie sich unterstellen können. Auch der Ertrag ist stabil und der Aufwuchs zum Teil sogar besser, weil die Verdunstung nicht so hoch ist“, berichtet Rossner: „Wir gehen auch davon aus, dass sich die Biodiversität erhöht, weil weniger gemäht wird.“ Ein regelmäßiges Pflanzenmonitoring soll darüber genaue Aufschlüsse geben. „Bei der Anlage am Dornbichlweg haben wir diesbezüglich bereits gute Erfahrungen gemacht.“
Wenig Verständnis hat Rossner für Leute, die die Agri-PV-Anlagen aus landschaftsoptischen Gründen kritisieren. „Jeder hat seine Meinung, aber dann sollen sie sich halt ein Atom- oder Kohlekraftwerk vor die eigene Haustür stellen lassen oder Erdgas von Putin importieren.“ Im baurechtlichen Verfahren habe es von keinem Bürger einen Einwand gegen die Anlagen gegeben: „Da interessiert es dann auch nicht“, so Rossner, „was auf irgendeiner digitalen Klowand im Internet geschrieben wird.“ Außerdem seien bei der Genossenschaft sogar mehr CSU-orientierte als Grünen-Mitglieder organisiert.
„Da hat man sehr wohl erkannt, dass es gut ist, wenn die Wertschöpfung in der Region bleibt“, erklärt Rossner, der selbst Mitglied bei den Peißenberger Grünen ist. Die Freiflächenanlagen in Fendt, Roßlaich sowie die Solarwiese am Dornbichlweg decken rund 80 Prozent des Bedarfs an elektrischer Energie in Peißenberg ab. Die Anlage in Strallen soll kurz vor Weihnachten ans Netz angeschlossen werden.