Keine „wundersamen Durchbrüche“ bei Gesprächen zum Ukraine-Krieg erwartet

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Zum dritten Mal in diesem Jahr treffen sich Ukrainer und Russen zu Gesprächen in Istanbul. Durchbrüche werde es nicht geben, heißt es aus dem Kreml.

Istanbul – Es soll ein martialischer Auftritt gewesen sein, den Wladimir Medinski in Istanbul hinlegte. Der russische Chefunterhändler drohte dem ukrainischen Team angeblich mit weiteren Gebietseroberungen und einem langen Ukraine-Krieg. Er erinnerte an Zar Peter den Großen, der Anfang des 18. Jahrhunderts 21 Jahre lang Krieg gegen Schweden geführt hatte. Russland, soll Medinski Berichten zufolge gesagt haben, sei auch jetzt „bereit, ewig zu kämpfen“.

Gut zwei Monate ist das her. Russen und Ukrainer saßen nach drei Jahren diplomatischer Funkstille erstmals wieder am Verhandlungstisch, große Hoffnungen gab es aber nicht. Kreml-Chef Wladimir Putin hatte gekniffen und stattdessen eine niederrangige Delegation geschickt: die zwei stellvertretenden Außen- und Verteidigungsminister und den Mann, der so aufsprach. Das wurde weithin als Signal gedeutet, dass Putin die Gespräche nicht ernst nimmt. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach von einem „Täuschungsmanöver“.

Ein Waffenstillstand zwischen der Ukraine und Russland ist nicht in Sicht

Auch dieses Mal dürfte der Kreml-Chef Medinski schicken. Die dritte Gesprächsrunde steht an, wieder in Istanbul, wieder ohne größere Hoffnungen. „Wundersame Durchbrüche“ werde es nicht geben, heißt es aus dem Kreml. Auch Selenskyj dämpft die Erwartungen. Themen seien die Rückkehr Kriegsgefangener und von Russland entführter Kinder, außerdem solle weiter an einem Treffen zwischen ihm und Putin gearbeitet werden. Ein Waffenstillstand? Nicht in Sicht.

Daran hat auch Medinski seinen Anteil. Er, der einst Kultusminister unter Putin war, mag nicht in der ersten politischen Reihe stehen; trotzdem ist er mehr als ein Apparatschik. Gemeinsam mit Putin arbeitet er daran, die russische Geschichte umzuschreiben. Er ist Autor mehrerer Bücher, hat auch an einem Schulbuch mitgearbeitet, das nicht nur die Stalin-Zeit verherrlicht, sondern auch Russlands Kriege. Fakten, schrieb er mal, bedeuteten nicht viel. „Wenn man sein Vaterland und sein Volk liebt, wird die Geschichte, die man schreibt, immer positiv sein.“

„Putins Ghostwriter“, helfe dabei, die geschichtsklitternden Aufsätze zu schreiben

Der russische Autor Mikhail Zygar nennt Medinski den Erfinder einer „historischen PR“. Außerdem sei er „Putins Ghostwriter“, helfe dabei, die geschichtsklitternden Aufsätze zu schreiben, die der Kreml-Chef unter seinem Namen veröffentlicht. Insofern überrascht nicht, dass er im Mai an den großen Krieg im 18. Jahrhundert erinnerte. Nur: Für den Frieden im 21. Jahrhundert ist er wohl der Falsche.

Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj im Mai 2025 bei seiner Ankunft in der Türkei.
Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj im Mai 2025 bei seiner Ankunft in der Türkei. © dpa

Medinski verhandelte schon im Frühjahr 2022 für den Kreml. Die Friedensgespräche scheiterten, waren aber, wie man heute weiß, weit gediehen. Am Ende scheiterten sie nicht nur am russischen Massaker in Butscha, sondern auch an russischen Forderungen. Wie die New York Times schon vor einem Jahr berichtete, bestand der Kreml darauf, einer der Staaten zu sein, die Kiews Sicherheit garantieren. Eine absurde Idee mit Hintergedanken: Im Verteidigungsfall sollten die Schutzmächte nur einschreiten dürfen, wenn alle zustimmen. So hätte Putin erneut angreifen und die Verteidigung blockieren können.

Der Kreml weicht nach wie vor kein Stück von seinen Maximalforderungen ab

Seither ist viel passiert: von den zahlreichen Volten der US-Regierung bis hin zum neuen deutschen Drive bei der Unterstützung Kiews. Die Verhandlungen stecken jedoch fest. Der Kreml weicht nach wie vor kein Stück von seinen Maximalforderungen ab, besteht auf Gebietsabgaben und den Verzicht auf jede Nato-Aspiration Kiews. Sprecher Dmitri Peskow sagte am Dienstag, man werde weiter versuchen, diese Ziele zu erreichen.

„Diplomatie bedeutet nicht Unterwerfung“, sagte Frankreichs Außenminister Jean-Noël Barrot dazu. Für eine Waffenruhe brauche es ein Treffen zwischen Putin und Selenskyj. Die Russen wiederum haben es damit nicht eilig. Sie wollen offenbar keinen Verhandlungserfolg, sondern Zeit schinden.

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