Wahl-Klatsche für Merz: Söder auf einer Linie mit den Grünen – „Chaos im Land“

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Friedrich Merz ist nicht zum Kanzler gewählt. Er scheiterte beim ersten Wahlgang im Bundestag. Die Reaktionen fallen teils bestürzt aus.

Berlin – Ratlosigkeit, Schock, Entsetzen – das waren die ersten Reaktionen auf das Scheitern von Friedrich Merz (CDU) bei der Kanzlerwahl. Hatte morgens noch jeder damit gerechnet, dass Merz heute loslegt als Kanzler, platzten dessen Ambitionen urplötzlich und überraschend. Merz erlebte ein Debakel im Bundestag, das es zuvor in Deutschland noch nie bei einer Kanzlerwahl gegeben hatte.

Friedrich Merz verlässt nach gescheiterter Kanzlerwahl sofort den Plenarsaal

Sechs Stimmen zu wenig hatte Friedrich Merz beim ersten Wahlgang der Kanzlerwahl im Bundestag. Der CDU-Chef verließ sofort mit erstarrter Miene den Plenarsaal, zog sich mit dem engsten Kreis zurück. Es geht jetzt um die weitere Strategie und einen zweiten Termin für die Kanzlerwahl, von Mittwoch oder Freitag ist die Rede.

Friedrich Merz (CDU) verlässt im Bundestag bei der Kanzlerwahl das Unions-Fraktionsbüro. Merz ist im Bundestag im ersten Wahlgang durchgefallen, die Reaktionen fallen geschockt aus.
Friedrich Merz (CDU) verlässt im Bundestag bei der Kanzlerwahl das Unions-Fraktionsbüro. Merz ist im Bundestag im ersten Wahlgang durchgefallen, die Reaktionen fallen geschockt aus. © Michael Kappeler/dpa

Merz nicht zum Kanzler gewählt – Warnungen vor „Chaos im Land“

Die Reaktionen auf die Kanzlerwahl fallen heftig aus. Nicht nur bei den Fast-Koalitionspartnern Union und SPD ist der Schock groß: Katrin Göring-Eckardt (Grüne) warnte auf X davor, mit Schadenfreude auf Merz‘ verpatzte Kanzlerwahl zu blicken: „Das ist nicht gut. Auch wenn ich diesen Kanzler nicht will oder unterstütze. Kann nur alle warnen, sich über Chaos zu freuen“, schrieb sie nach dem ersten Wahlgang. Renate Künast (Grüne) sagte, die fehlende Mehrheit für Merz im ersten Wahlgang verheiße „nichts Gutes für die Fähigkeit, Mehrheiten zu organisieren bei einen zukünftigen Kanzler Merz“.

Ralf Stegner (SPD) blickte ebenfalls mit großer Sorge auf den schlechten Start des designierten Kanzlers Merz: „Wir haben ja keine Alternative, sonst stürzt das Land ins Chaos“, sagte er zum Spiegel. Sören Pellmann, kommissarischer Fraktionschef der Linken, sah ebenfalls „großes Chaos“ schon bevor die schwarz-rote Koalition im Amt ist. 

„Das ist absurd“, erklärte wiederum Olaf Scholz vor der Presse. Der Noch-Kanzler muss nun nach seiner Verabschiedung am Montag (5. März) in die Verlängerung. Nach der Merz-Pleite bleibt er erstmal geschäftsführend im Amt.

Merz nicht gewählt: Söder mahnt nach verpatzter Kanzler-Wahl vor Weimarer Verhältnissen

Der CSU-Vorsitzende Markus Söder mahnte zur Besonnenheit. „Es ist jetzt der falsche Zeitpunkt zu streiten und gar eine Schuldzuweisung zu machen“, sagte Söder laut der Nachrichtenagentur AFP. „Es geht jetzt nicht um den Einzelnen, es geht um uns alle.“ Wichtig sei, vernünftig und ruhig zu bleiben.

Der bayerische Ministerpräsident warnte zugleich nachdrücklich vor einem Scheitern von Merz. Dies könne „am Ende ein Vorbote von Weimar sein“, sagte Söder. Er spielte damit auf die gescheiterte Weimarer Republik an, auf die in Deutschland 1933 der Nationalsozialismus folgte – „der heutige Vormittag zeigt, dass wir in einer ernsten Lage sind“, betonte der CSU-Politiker.

Merz bei Kanzlerwahl im Bundestag gescheitert – „Startmöglichkeiten verpufft“

Deutschland brauche jetzt kein neues politisches Chaos, sondern politische Stabilität und eine neue Regierung – so fielen die meisten Reaktionen am Dienstag aus. Im Sender Phoenix sagte der Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte, dass Merz einen großen Dämpfer erhalten habe. „Die Startmöglichkeiten für ihn, mit vielleicht auch Zauber des Anfangs daherzukommen, die sind verpufft“.

Dennoch könne Merz nach wie vor ein erfolgreicher Kanzler werden, so der Politologe, wenn er nach einem erfolgreichen späteren Wahlgang schnell zeige, dass er wichtige Vorhaben für Deutschland voranbringe. Merz wollte eigentlich gleich am nächsten Montag als neuer deutscher Kanzler nach Polen reisen, dann zum französischen Präsidenten Emmanuel Macron nach Paris. Ob das jetzt noch klappt, ist offen.

Reaktionen auf Merz-Scheitern bei Kanzlerwahl im Bundestag – Linke und AfD mit Häme

Auch die Schuldzuweisungen für das Scheitern im Wahlgang gingen sofort los: Linken-Chef Jan van Aken erklärte, Merz könne nur spalten, nicht aber verbinden.

AfD-Chefin Alice Weidel sagte im gewohnten Ton zu Journalisten: „Der Wahlbetrüger und Lügner Friedrich Merz ist im ersten Wahlgang gescheitert.“ Es brauche Neuwahlen, um „das langsame Sterben von Friedrich Merz sofort zu beenden“. Den AfD-Abgeordneten im Bundestag war ihre Freude über die Schlappe von Merz nach dem ersten Wahlgang ins Gesicht geschrieben. Sie unterhielten sich gelöst und umarmten sich selig.

Merz wird nicht zum Kanzler gewählt – Wadephul bemüht sich um Fassung

Der designierte Außenminister Johann Wadephul bemühte sich nach der Kanzlerwahl um Nüchternheit: „Abgeordnete sind eben keine Abstimmungsmaschinen“, sagte er vor der Presse. Man müsse jetzt halt in einen zweiten Wahlgang, Merz werde es dann schon schaffen.

Auch für die neuen geplanten Minister des neuen Kabinetts läuft der Tag nun anders als gedacht: Sie sollten heute vereidigt werden und ihr Ressort beziehen, sind mit Familien und Unterstützern angereist. Daraus wird jetzt nichts: Friedrich Merz ist erst einmal nicht Kanzler – und ohne Kanzler gibt es kein Kabinett. Wie es jetzt weitergeht für Merz, regelt das Grundgesetz. (smu)

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