Viele Münchner zahlen mehr Miete, als sie müssten: Möglichkeit bleibt häufig ungenutzt
Viele Münchner zahlen mehr Miete, als sie eigentlich müssten
Betroffene müssen selbst die Initiative ergreifen, um die Mietpreisbremse zu ziehen. Ein Team von Wissenschaftlern beleuchtet die Lage in München.
München – Was wissen Münchner über die Mietpreisbremse und was hält sie davon ab, sie zu ziehen? Felicitas Sommer erklärt: „Wir wollen verstehen, wie Mietrechte und Möglichkeiten der Mietreduktion von Mietern in München wahrgenommen werden. Wie wirksam, sinnvoll und anwendbar finden sie diese?“ Sommer von der TU München leitet ein interdisziplinäres und universitätsübergreifendes Projekt, das vor allem an der LMU durchgeführt wird. Ihr Team hat 10.000 Flyer, die zu einer Online-Umfrage führen, an eine Zufallsstichprobe versendet.
Für welche Verträge die Mietpreisbremse in München gilt:
Für Mietverträge, die in München ab dem 07. August 2019 abgeschlossen wurden, gilt die sogenannte Mietpreisbremse. Gemäß § 556 d Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) darf in Gebieten mit einem angespannten Wohnungsmarkt die Miete zu Beginn des Mietverhältnisses die ortsübliche Vergleichsmiete höchstens um zehn Prozent übersteigen.
Bei der Mietpreisbremse gibt es einige Ausnahmen. Sie gilt nicht, wenn Wohnraum vermietet wird, der nach dem 1. Oktober 2014 erstmals genutzt und vermietet wurde. Die Mietpreisbremse gilt ebenfalls nicht bei der ersten Vermietung nach umfassender Modernisierung. Hier verlangt die Rechtsprechung einen Modernisierungsaufwand, der etwa ein Drittel des Neubauaufwands erreicht.
Quelle: Landeshauptstadt München
Mietpreisbremse in München: Betroffene müssen selbst tätig werden
Bei der Mietpreisbremse handelt es sich um eine privatrechtliche Vorschrift. Das heißt, Betroffene können überhöhte Mietbeträge nur dann zurückfordern, wenn sie selbst tätig geworden sind. Und notfalls Klage gegen ihren Vermieter vor einem Zivilgericht erheben. Wie es ein Paar im Jahr 2022 erfolgreich tat. Felicitas Sommer formuliert eine Fragestellung der Umfrage: „Ist eine alleinerziehende Mutter vielleicht weniger gewillt, den Schritt zu gehen, weil sie eine Auseinandersetzung vor Gericht scheut?“
Für Münchner gibt ein Online-Rechner der Stadt München zum aktuellen Mietspiegel bereits Anhaltspunkte. Ist die Miete für ihre Wohnung zu hoch? Lage und Baujahr sind maßgeblich, aber auch ganz andere Faktoren werden abgefragt: Hat die Wohnung eine Fußbodenheizung? Hat der Vermieter eine Küchengrundausstattung zur Verfügung gestellt?
Online-Umfrage zur Mietpreisbremse in München: „Wollen ein möglichst vollständiges Bild“
Sommer und ihr Team haben ihre Online-Umfrage auf mehrere Sprachen übersetzt. „Sie fragt auch Diskriminierungserfahrungen ab, um zu verstehen, inwiefern Sprachbarrieren oder Benachteiligung auf dem Wohnungsmarkt eine Auswirkung darauf haben, ob Menschen ihre Rechte nutzen“, erklärt die Wissenschaftlerin. Ihr ist wichtig zu betonen, dass an der Umfrage nicht nur Münchner teilnehmen sollen, die von überhöhten Mieten betroffen sind. „Wir wollen ein möglichst vollständiges Bild.“
In der Umfrage erheben die Wissenschaftler auch, wie viel Prozent ihres Gehalts die Befragten für Mietkosten aufwenden müssen. „Ein Faktor könnte sein, dass in München viele Bessergestellte leben, die nicht darauf angewiesen sind, die Mietpreisbremse zu ziehen“, sagt Sommer. Das habe letztlich Folgen für alle. „Überhöhte Mieten wandern in den Mietspiegel.“
Muss das gesamte Konzept der Mietpreisbremse angepasst werden? Mit Forderungen hält sich das Team um Sommer zurück, konkrete Ergebnisse ihrer Umfrage sollen im April vorliegen. „Wir betreiben wissenschaftliche Forschung, freuen uns aber natürlich, wenn unsere Ergebnisse genutzt werden, um evidenzbasierte Politik zu betreiben.“