Fragen und Antworten - Intel verschiebt Chip-Fabrik in Magdeburg - jetzt beginnt der Kampf um die Milliarden

Viele Beobachter vermuten daher einen Zusammenhang. Der einstige Marktführer Intel geriet in den vergangenen Jahren finanziell unter Druck. Unlängst verkündete CEO Pat Gelsinger, 15.000 Mitarbeiter zu entlassen - knapp jeden sechsten - und zehn Milliarden US-Dollar einsparen zu wollen.Immer mehr Unternehmen entwarfen eigene Chips und ließen diese bei anderen Firmen fertigen. Gut möglich, dass Gelsinger daher Prioritäten setzen muss, meinen Beobachter. Die Milliarden der US-Regierung bedeuten dem Unternehmen mehr. Das US-Militär gilt als sicherer, zahlungskräftiger Auftraggeber. Deutschland muss warten.

Kommt die Intel-Fabrik denn überhaupt?

Vorerst hat Intel das Projekt für zwei Jahre auf Eis gelegt. Konzernchef Pat Gelsinger machte aber deutlich, dass dies nur eine Schätzung auf Basis der erwarteten Nachfrage sei. Ob der Konzern in zwei Jahren an der Fabrik festhält, ist offen. Grundsätzlich könnte er sie aufgeben. Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Sven Schulze (CDU) glaubt weiter an eine Zukunft von Intel in Magdeburg.

Gegen eine Aufgabe spricht, dass der kriselnde Chip-Riese die Fabrik eigentlich für sein neues Geschäftsmodell braucht. Statt weiter eigene Chips zu entwickeln, planten die Amerikaner, künftig Chips für andere Unternehmen zu bauen. Damit erzielen die Unternehmen bessere Leistungen als mit Standardchips. Ihnen fehlen aber meist die Möglichkeiten, eigene Chips herzustellen. Die Chips bei anderen Firmen in Lizenz fertigen zu lassen, scheint daher das Modell der Zukunft.

So macht unter anderem der taiwanesische Fertiger TSMC seine Geschäfte. TSMC ist eine sogenannte „Foundry“, eine „Gießerei“ für Halbleiter, und stellt als Auftragsfertiger etwa die Chips des US-Konzerns Nvidia her. Der Erfolg von TSMC und Nvidia setzt Intel enorm unter Druck.

Intel hatte unlängst verkündet, spezielle KI-Chips für Amazon zu bauen. Weltweit wolle der Konzern seine Kapazitäten ausbauen und seine Lieferketten solide aufstellen. Allein auf militärische Aufträge können sich die Amerikaner dafür kaum stützen. Das spricht für eine Zukunft der Magdeburger Fabrik. Auch die deutschen Fördermilliarden scheinen für einen angeschlagenen Konzern zu verlockend, um das Projekt komplett zu streichen.

In der schnelllebigen Chipwelt und angesichts von Intels angeschlagenen Finanzen kann aber niemand garantieren, dass die Amerikaner das Werk in Magdeburg in zwei Jahren noch brauchen und finanzieren können. In dieser Zeit kann viel passieren. Die USA wählen unter anderem einen neuen Präsidenten. Niemand weiß, welche Anreize das neue Staatsoberhaupt Intel bietet. Weitere Aufschübe oder gar eine Absage bleiben also möglich. Ausgang offen.

Was wird jetzt aus den zugesagten zehn Milliarden Euro Fördergeldern?

Das ist noch unklar. Finanzminister Lindner will das Geld zurück in den klammen Haushalt fließen lassen. Dort könnte es die Bundesregierung gut gebrauchen: Derzeit klafft im Haushalt eine Lücke von rund zwölf Milliarden Euro. Die Intel-Förderung könnte den Fehlbetrag auf zwei Milliarden Euro senken. Da nie alle Ministerien die ihnen zugesagten Mittel vollständig abrufen, dürfte das ausreichen, um das kommende Jahr ohne ungeplante Schulden zu beenden.

Wirtschaftsminister Habeck äußerte daran jedoch Bedenken: Die Milliarden sollten aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) fließen. Dieses Sondervermögen hat die Bundesregierung mit Schulden an der Schuldenbremse vorbei finanziert. Dieses Vorgehen ist ausdrücklich erlaubt, aber für Notsituationen vorgesehen. In Sondervermögen bereitgestellte Gelder darf die Bundesregierung daher nur für die Notsituationen verwenden, für die das Parlament selbige auch bewilligte.