Suppenkoma überwinden - Schlaf-Profi: Warum ein Powernap mittags gut für Sie und den Arbeitgeber ist
„Treffen sich zwei Beamte auf dem Flur. Fragt der eine: Kannst Du auch nicht schlafen?“ Aus schlafmedizinischer Sicht ist es laut Hans-Günther Weeß zu bedauern, dass es sich um einen Witz und keine Alltagsrealität handelt. Der Schlaf-Profi empfiehlt den Powernap im Job.
Egal, wie wir den Mittagschlaf nennen, ob Xiu-Xi, Inemuri, Siesta, Nickerchen oder Powernap. Er gehört in Amerika, vielen südlichen europäischen Ländern, aber vor allem in Asien zum Alltag der Berufswelt. Dort findet er seine Begründung in der ausgeprägten Mittagshitze, welche Arbeit im Freien nahezu unmöglich macht. Allerdings sägt die Wirtschaft am Bettgestell der Siestakultur. Das allerdings völlig zu Unrecht.
Viele wünschen sich die Möglichkeit, am Arbeitsplatz ein Schläfchen zu machen. Gerade am frühen Nachmittag, wenn das Suppenkoma ruft. Vorgesetzte und Chefs hören das aber oft nicht gerne. Wer am Arbeitsplatz schläft, gilt als weniger dynamisch und eher faul. So flüchten sich neuerdings viele in der Mittagspause in sogenannte Nap Bars. Orte für ein schnelles Schläfchen.
In Paris gibt es die „ZZZen Bar á Sieste“ und auch in London, Brüssel oder New York gibt es Nap-Stations für den stressgeplagten Manager. In Tokyo, wo das Schläfchen am Tag zum Alltag gehört, finden sich in Ballungszentren schon lange Nap-Cafés. Japaner benötigen allerdings keinen besonderen Ort zum „Nappen“. In der U-Bahn, an der Bushaltestelle oder am Schreibtisch, ein schnelles Nickerchen ist immer drin. Schlaf am Tage gehört zur japanischen Kultur.
Über Hans-Günter Weeß
Hans-Günter Weeß beschäftigt sich seit mehr als 25 Jahren mit den Themen Schlaf und Schlafstörungen. Er ist Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin sowie Leiter des interdisziplinären Schlafzentrums am Pfalzklinikum Klingenmünster. Weeß hat mehrere Bücher zum Thema Schlaf geschrieben, unter anderem "Schlaf wirkt Wunder" und "Die Schlaflose Gesellschaft". Zudem hat er das Online-Programm "Fit durch gesunden Schlaf" entwickelt.
Mittagschlaf vertreibt das Suppenkoma, macht wach und leistungsfähig
Der menschliche Biorhythmus zeigt ein Mittagstief, alle kennen das Gefühl, wenn am frühen Nachmittag die Augenlider schwer werden und die Schreibtischplatte oder Werkbank wie ein Magnet auf uns wirken. In der jüngeren Vergangenheit konnten einige Untersuchungen den leistungssteigernden Effekt eines kurzen Schlafs belegen.
Schlaf am Arbeitsplatz ist Doping für das Gehirn: Wer sich zur Mittagszeit einen Powernap gönnt ist kreativer und produktiver, macht weniger Fehler und fördert sein Reaktionsvermögen und seine Gedächtnisleistung.
Der Powernap ist ein Stimmungsstabilisator und Gesundheitsbooster
Forscher der Universität Hertfordshire konnten zeigen, dass ein Mittagschlaf auch zufrieden und ausgeglichen macht. Der Schlaf am Mittag führt zu besserer Laune, fördert dadurch das Betriebsklima und macht Ihren Chef oder nervigen Kollegen erträglicher. Darüber hinaus unterstützt das kleine Nickerchen die Gesundheit und ein langes Leben.
Um Ihr Herz-Kreislauf Risiko, um bis zu 60 Prozent zu reduzieren und Ihre Lebenserwartung zu erhöhen, sollten Sie sich mindestens drei- bis fünfmal pro Woche nachmittags hinlegen und schlafen.
Wie den mittäglichen Schlummer gestalten?
Bei so vielen Vorteilen des Mittagschlafes kann das Motto nur lauten: ab ins Bett! Bereits Churchill war ein Verfechter des Mittagschlafs. Er pflegte nach dem Mittagessen in seinen Pyjama zu steigen und bei völliger Dunkelheit ein Nickerchen über zwei volle Stunden zu halten. „Zwischen Mittagessen und Abendessen muss man schlafen, und zwar keine halben Sachen. Ziehen Sie Ihre Kleider aus und legen Sie sich ins Bett.“ So seine Parole.
Müssen wir es für einen guten Mittagschlaf wie Churchill halten und in den Pyjama wechseln und abdunkeln? Das ist nicht nötig. Bei geschlossenen Augen ist es ausreichend dunkel. Ein ruhiger Raum und eine angenehme Körperhaltung sind allerdings hilfreich. Dabei gilt, dass es nicht zwingend die liegende Position sein muss. Mancher lehnt sich in seinem Bürostuhl zurück und legt die Füße hoch, andere betten den Kopf in die Arme auf die Schreibtischplatte oder legen sich auf die Werkbank oder auch nur einfach auf den Boden.
Erlaubt ist, was gefällt, beziehungsweise was körperlich und geistig entspannt und damit in den Schlaf führt. Um dem Mittagschlaf noch den Turbo einzuschalten, empfiehlt sich vor dem Einschlafen eine Tasse koffeinhaltiger Kaffee. Es hilft beim Aufwachen und verstärkt die wachmachende Wirkung des Nickerchens.
Alles über das wichtigste Drittel unseres Lebens - Dr. Hans-Günter Weeß
Wie lange schlafen?
Der Powernap wird optimalerweise zum mittäglichen Leistungstief am frühen Nachmittag abgehalten. Dabei ist zu beachten, dass er nicht zu lange andauern darf. 10 Minuten können bereits ausreichend sein, auf keinen Fall sollte er länger als 30 Minuten andauern, da er sich dann möglicherweise ins Gegenteil verkehrt: Anstatt wach, macht er dann immerhin zwei Drittel von uns müde und tranig. Verantwortlich dafür ist der bei zu langem Mittagschlaf aufgetretene REM-Schlaf. Viele fühlen sich dann lust- und antriebslos, verfallen in eine Art Minidepression am Nachmittag.
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Dieser Text stammt von einem Expert aus dem FOCUS online EXPERTS Circle. Unsere Experts verfügen über hohes Fachwissen in ihrem Themenbereich und sind nicht Teil der Redaktion. Mehr erfahren.