CDU plötzlich für Abkehr vom Verbrenner-Aus
Kurz vor der Europawahl ändern die Demokraten nochmal ihren Kurs: CDU-Chef Merz will die Rücknahme des Verbrenner-Verbots für Autos.
Saarlouis – Der CDU-Bundesvorsitzende Friedrich Merz will das ab 2035 geltende Verbot für neue Autos mit Verbrennungsmotoren kippen. „Dieses Verbot des Verbrenners muss rückgängig gemacht werden, weil wir heute nicht wissen, welche Mobilität in Zukunft wirklich umweltneutral und klimaverträglich entwickelt werden kann“, sagte Merz am Mittwochabend (22. Mai) bei einer CDU-Wahlkampfveranstaltung in Saarlouis.
Kampagne soll Freitag starten: CDU wirbt mit Innovation statt Verboten
Bereits seit einigen Monaten regt sich bei den Christdemokraten Widerstand. Sowohl CDU-Parteichef Merz als auch CSU-Chef Markus Söder lehnten das Verbrenner-Aus plötzlich öffentlich ab. Damit brechen CDU und CSU endgültig mit der bisherigen Politik von EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen. Die CDU-Politikerin hatte sich maßgeblich für das neue Gesetz eingesetzt.
Die EU-Staaten und das Europaparlament hatten das Aus für Neuwagen mit Diesel- und Benzinmotoren ab 2035 vor über einem Jahr besiegelt. Konkret gilt dann, dass Neuwagen kein Kohlendioxid mehr ausstoßen dürfen, wie es bei der Verbrennung von Benzin und Diesel entsteht. Ausnahmen werden für die sogenannten E-Fuels erwogen, die die Atmosphäre nicht mit zusätzlichem CO2 belasten.

Laut Bild-Zeitung sollen Wahlberechtigte ab Freitagmittag (24. Mai) digital abstimmen können, ob sie das geplante Verkaufsverbot für Neuwagen mit Benzin- oder Dieselmotor ablehnen oder befürworten. Geplant sind dafür eine Internetseite und Werbemittel wie Plakate. Auf einem der Plakate, welches dem Blatt vorliegt, steht: „Innovation und Technologieoffenheit statt Verbote. Verbrennerverbot abschaffen“.
Widerstand auch von anderen Parteien: Verbrenner-Verbot ist ein schwerer industriepolitischer Fehler
Das Verbrenner-Verbot stieß auf viel Widerstand. Zuletzt hatte bereits der CSU-Europapolitiker Manfred Weber gesagt, „dass das Verbot des Verbrenner-Motors ein schwerer industriepolitischer Fehler war, von dem China profitiert“. Man wolle diesen „nach den Europawahlen heilen“, meinte der Partei- und Fraktionschef der Europäischen Volkspartei.
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Sahra Wagenknecht äußerte sich ähnlich: „Dass die EU das Aus für den Verbrenner besiegelt und damit dem Siegeszug chinesischer Batterieautos in Europa den Weg bereitet hat, steht beispielhaft für die Übergriffigkeit und Inkompetenz der gegenwärtigen EU-Institutionen.“ Die deutsche Autoindustrie sei beim Verbrenner Weltklasse. „Mit der dauerhaften Produktion von spritsparenden Autos könnten die heimische Industrie mit ihrem einzigartigen Knowhow und Hunderttausende gut bezahlte Arbeitsplätze geschützt werden“, sagte Wagenknecht. Ziel sei „eine neue Verbrennergeneration, die alle Effizienzrekorde bricht“.

Das EU-Ziel eines Verkehrs ganz ohne zusätzliche Emissionen ab 2050 wäre allerdings selbst mit extrem sparsamen Verbrennern wohl kaum zu erreichen. Zudem hat auch die deutsche Autoindustrie inzwischen Milliarden in die Produktion von Elektroautos gesteckt oder solche Investitionen angekündigt.
Automobilbranche in der Krise: Fehlender Kurs der Politik verunsichert Verbraucher
Auch aus der Automobilbranche werden kritische Stimmen laut. „Wir befinden uns in einer kritischen Situation“, sagte Autoexperte Stefan Bratzel, der das Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach leitet. Einige Hersteller und Zulieferer hätten sich auf das Verbrenner-Aus vorbereitet und bereits größere Investitionen getätigt. Deshalb seien alle Entwicklungen schlecht, welche die Sicherheit diesbezüglich wieder ein Stück weit infrage stellen.
Das Verbrenner-Aus funktioniere nur dann, wenn sich die Rahmenbedingungen wie Ladepunkte, die Autopreise und Betriebskosten in richtiger Geschwindigkeit in die richtige Richtung entwickelten. Der Markthochlauf gestalte sich schwieriger als erwartet, sagte Bratzel. Die Politik müsse klare Orientierung geben. Verunsicherungen – auch bei den Verbrauchern – seien Gift, meinte der Experte.
Fakt ist: Käufer halten sich bei E-Autos derzeit zurück, zumal auch die staatliche Förderung weggefallen ist. Seit Monaten nimmt die Zahl der neu zugelassenen Batterie-Pkw ab. Das Ziel der Bundesregierung, bis 2030 mindestens 15 Millionen Batterie-Autos auf deutschen Straßen zu haben, liegt in weiter Ferne. Zum 1. Januar 2024 waren laut Kraftfahrt-Bundesamt knapp 1,41 Millionen reine batteriebetriebene Fahrzeuge in Deutschland zugelassen. Nach einer Forsa-Umfrage für würden derzeit bei einem Autokauf 68 Prozent der gut 1000 Befragten einen Verbrenner einem E-Auto vorziehen (2023: 72 Prozent).
Kommissionspräsidentin Ursula betont: Das Gesetz wird 2026 auf Fortschritt geprüft.
Wackelt also die Verkehrswende in Europa? Im Rechtsakt zum Verbrenner-Aus ist festgehalten, dass die EU-Kommission 2026 überprüft, welche Auswirkungen das Gesetz hat und welche Fortschritte erzielt wurden. Ursula von der Leyen betonte im Februar: „Ich denke, oft wird vergessen, dass im Jahr 2026 eine Bestandsaufnahme und eine Überprüfung stattfinden wird.“ Manche interpretierten das als Andeutung, dass die Entscheidung zurückgenommen werden könnte. (bg/dpa).
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