„Macht unser Dorf kaputt“: Asylunterkunft ist beherrschendes Thema bei der Dietramszeller Bürgerversammlung
In Dietramszell regt sich Widerstand gegen den geplanten Bau einer Containeranlage für Asylsuchende. Die Bürger befürchten, dass dies das Dorfleben zerstören könnte. Der Landrat betont jedoch die Notwendigkeit der Unterbringung.
Dietramszell – Die Diskussionsrunde der Bürgerversammlung drehte sich im Wesentlichen um ein Thema: den geplanten Bau einer Containeranlage für 128 Asylsuchende im Ortsteil Bairawies. Rund 150 Bürgerinnen und Bürger – darunter viele aus Bairawies – waren am Freitagabend der Einladung von Bürgermeister Josef Hauser ins Gasthaus Peiß gefolgt. Nach dem zweistündigen Bericht des Rathauschefs aus der Gemeindeverwaltung (siehe Kasten) sprach Landrat Josef Niedermaier in seiner Rede die Asylproblematik an. Das Landratsamt als untere Staatsbehörde müsse jeden Monat 100 neue Asylsuchende unterbringen. Um größere Unterkünfte im Außenbereich genehmigungsfähig zu machen, habe die bayerische Staatsregierung eine Sonderregelung geschaffen. „Die Planungshoheit der Gemeinde ist damit faktisch aushebelt“, gab Niedermaier zu.
Aktuelle Nachrichten aus Dietramszell lesen Sie hier.
Geplante Asylunterkunft ist beherrschendes Thema bei der Dietramszeller Bürgerversammlung
„Fast 130 Flüchtlinge auf 280 Einwohner – das macht unser Dorf kaputt“, fürchtet der Bairawieser Wolfgang Köster, Initiator einer „kleinen Initiative“ der Anwohnenden gegen das geplante Containerdorf. „Die Privilegierung im Außenbereich gilt nur bei dringendem Bedarf“, konstatierte er. Der sei in Dietramszell nicht gegeben. „Das sehe ich anders“, entgegnete Niedermaier. Farida Heuck-Yoo, ebenfalls aus Bairawies, wollte wissen, weshalb die ehemalige Öko-Akademie in Linden noch nicht als Asylunterkunft genutzt werde. Weil die Eigentümer die brandschutzrechtlich erforderlichen Umbauten bislang nicht abgeschlossen haben, antwortete der Landrat mit sichtlichem Unmut. In Linden sollen wie berichtet 113 Asylsuchende unterkommen, der Bezug wurde jedoch immer wieder verschoben.
Steigt die Grundsteuer noch?
Noch geht es der Gemeinde Dietramszell finanziell gut. Wie Bürgermeister Josef Hauser in seiner Präsentation darstellte, liegen die Einnahmen der Kommune im laufenden Haushaltsjahr im Planbereich. Die Gewerbesteuereinkünfte übertreffen den Ansatz sogar um mehr als eine Million Euro – und das schon im Oktober. Auch die im vergangenen Jahr eingeführte Zweitwohnsteuer habe sich trotz aller Zweifel sehr erfreulich entwickelt: Sie spülte bisher 80 000 Euro in die Gemeindekasse. „Damit können wir alle drei Jahre ein neues Feuerwehrfahrzeug finanzieren“, so Hauser. Der Schuldenstand sank seit 2019 von 1,8 Millionen auf derzeit 650 000 Euro.
Dennoch: „Mittelfristig stehen wir vor großen Schwierigkeiten“, erklärte der Bürgermeister. Die Kreisumlage, die die Gemeinde an den Landkreis abführen muss, steige voraussichtlich von aktuell knapp vier auf fünf Millionen – und gehe in den kommenden Jahren weiter in die Höhe. Der Gemeinderat habe bereits die Aufnahme neuer Kredite beschlossen, um geplante Investitionen zu finanzieren.
Eine Möglichkeit, die kommunalen Einkünfte zu verbessern, ist die Erhöhung des Grundsteuer-Hebesatzes. Nach der Grundsteuerreform sollte die Gemeinde diesen wie berichtet eigentlich von 320 auf 235 Prozent senken. „Möglicherweise heben wir ihn für 2025 aber sogar an, um unsere Einnahmen zu erhöhen“, prognostizierte Hauser. Landrat Josef Niedermeier betonte ebenfalls, dass die Bürgermeister im Landkreis die zum Teil weit unterdurchschnittlichen Steuersätze angleichen müssten, „auch wenn das wehtut“.
Jae-Hyun Yoo beklagte die „unmenschliche Unterbringung in Kästen“ und forderte eine bessere Infrastruktur für die Flüchtenden. „Wer garantiert für die Sicherheit unserer Kinder?“, wollte der Bairawieser Georg Liebhart wissen. Er verstehe alle Ängste und Bedenken, sagte Niedermaier. „Aber wir müssen abwägen, was das kleinere Übel ist.“ Die Alternative sei, weitere Turnhallen zu belegen; Traglufthallen oder Zelte wären viel teurer und nicht humaner. Er verwies darauf, dass es im Landkreis dank eines umfassenden Sicherheitskonzepts bisher kaum Übergriffe gegeben habe. Auch in Bad Tölz und anderen Städten seien zum Teil mehrere hundert Geflüchtete direkt neben Kindergärten und Schulen untergebracht. „Wir bemühen uns, die Asylunterkunft so zu belegen, dass es passt.“ In Bairawies wäre zudem rund um die Uhr ein Sicherheitsdienst vor Ort.
Größere Unterkünfte sind effizienter
Gemeinderat Bernhard Fuchs, ebenfalls in Bairawies wohnhaft, regte an, Ferienwohnungen und anderen Leerstand beispielsweise an Fehlbeleger zu vermieten. Dazu könne man keinen Eigentümer zwingen, so Niedermaier. Und ergänzte: „Größere Unterkünfte sind effizienter.“ Auch das von der Gemeinde mehrfach angebotene Hallenbad in Ascholding komme als Asylunterkunft nicht infrage: „Das wurde zigmal bautechnisch geprüft. Der Freistaat genehmigt es nicht.“
+++ Uns gibt's auch auf Instagram! Unter „MerkurWolfratshausenGeretsried“ finden Sie immer die spannendsten Geschichten aus unserer Region +++
Der Bauausschuss hatte wie berichtet bereits in seiner vergangenen Sitzung deutlich gemacht, dass er einem Bauantrag für Containeranlagen in Bairawies nicht zustimmen würde. Falls das Landratsamt das gemeindliche Einverständnis ersetzt, so stellte Bürgermeister Hauser klar, werde er rechtlich prüfen lassen, wie man das Projekt verhindern könne. „Der Vertrag mit der Rechtsanwaltskanzlei ist schon unterschrieben.“