Newsticker zum Tod des Kreml-Kritikers - Russische Behörden halten Nawalnys Leiche weitere zwei Wochen unter Verschluss

Nawalnys Tod: Auch Balten bestellen Vertreter russischer Botschaft ein

Dienstag, 20. Februar 2024, 08.19 Uhr: Estland, Lettland und Litauen haben nach dem Tod des russischen Oppositionspolitikers Alexej Nawalny die Geschäftsträger der russischen Botschaften in ihren Ländern einbestellt. In den Gesprächen am Montag in Tallinn, Riga und Vilnius sei der Tod von Nawalny verurteilt und betont worden, dass die Verantwortung dafür beim Kreml liege, hieß es in einer Mitteilung. Russland sei aufgefordert worden, die Umstände von Nawalnys Tod vollständig aufzuklären und den Leichnam an die Familie freizugeben.

In einer gemeinsamen Erklärung kritisierten die Außenminister der baltischen Staaten zudem die anstehenden Präsidentschaftswahlen in Russland, die „weder frei noch fair“ sein werden. "Angesichts der völligen Unterdrückung der Opposition und unabhängiger Medien, des Mangels an glaubwürdigen Alternativkandidaten und ohne internationale Überwachung werden diese Wahlen jeglicher demokratischer Legitimität entbehren", hieß es darin. Auch kündigten Estland, Lettland und Litauen an, die geplante Abstimmung und deren Ergebnisse in den besetzten Gebieten der Ukraine nicht anzuerkennen.

Russische Partei beantragt Trauermarsch für Nemzow und Nawalny

19.25 Uhr: Die Partei Bürgerinitiative hat nach eigenen Angaben bei der Moskauer Stadtverwaltung einen Gedenkmarsch für die toten Oppositionspolitiker Alexej Nawalny und Boris Nemzow beantragt. Den Scan des Antrags veröffentlichte der Parteichef und ehemalige russische Wirtschaftsminister (1992/93) Andrej Netschajew am Montag auf seinem Telegram-Kanal. Der Marsch ist demnach für den 2. März im Zentrum Moskaus mit bis zu 50.000 Teilnehmern geplant. Eine Genehmigung durch die russischen Behörden ist unwahrscheinlich.

Die Partei Bürgerinitiative ist nicht im Parlament vertreten und gilt als gemäßigt oppositionell. Für die Präsidentenwahl Mitte März hatte die Bürgerinitiative den Kriegsgegner Boris Nadeschdin nominiert. Dieser sorgte bei der Sammlung von Unterstützerunterschriften für Furore und bekam eigenen Angaben zufolge statt der nötigen 100.000 Unterschriften die doppelte Anzahl zusammen. Im Gegensatz zu anderen Kandidaten gab es tatsächlich Bilder, die dokumentierten, dass Menschen Schlange standen, um mit ihrer Unterschrift Nadeschdin zu unterstützen. Trotzdem verweigerte ihm die Wahlkommission wegen angeblich fehlerhafter Unterschriften die Zulassung.

Demonstrationen der Opposition werden in Russland seit Jahren unter verschiedenen Vorwänden untersagt. Häufigstes Argument ist immer noch die angeblich große Gefahr einer Verbreitung der Corona-Pandemie. Bei Großveranstaltungen des Kremls spielt das keine Rolle. 

Nawalnys Leiche wohl für zwei weitere Wochen unter Verschluss

17.40 Uhr: Die russischen Behörden wollen die Leiche des in Haft ums Leben gekommenen Kremlkritikers Alexej Nawalny nach Angaben seines Teams noch mindestens 14 Tage weiter unter Verschluss halten. „Die Ermittler haben den Anwälten und der Mutter von Alexej gesagt, dass sie die Leiche nicht herausgeben“, schrieb Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch am Montag auf X (vormals Twitter). Als Grund seien „chemische Untersuchungen“ genannt worden, die am Toten vorgenommen werden sollen.

Der 47-jährige Nawalny war nach russischen Behördenangaben am Freitag bei einem Hofgang in seinem sibirischen Straflager bei eisigen Temperaturen zusammengebrochen. Wiederbelebungsversuche waren nach Angaben des Strafvollzugs erfolglos. 

Menschenrechtler werfen dem russischen Machtapparat Mord vor. Nawalnys Ehefrau Julia machte explizit Kremlchef Wladimir Putin für die Tötung verantwortlich. Auch die Mitarbeiter des prominenten Anti-Korruptionskämpfers gingen davon aus, dass Nawalny gezielt getötet wurde. US-Präsident Joe Biden und andere westliche Politiker machten ebenfalls den Kreml für Nawalnys Tod verantwortlich. 

Nach Nawalny-Tod: Außenministerium bestellt Russlands Botschafter ein

11.56 Uhr: Nach dem Tod des russischen Oppositionspolitikers Alexej Nawalny bestellt das Außenministerium in Berlin an diesem Montag den russischen Botschafter ein. Das kündigte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts an.

Die politisch motivierten Verfahren gegen Nawalny sowie gegen zahlreiche weitere Kritiker der russischen Regierung und die unmenschlichen Haftbedingungen zeigten, wie brutal die russische Justiz gegen Andersdenkende vorgehe und mit welchen Mitteln Präsident Wladimir Putin Meinungsfreiheit in Russland unterdrücke, sagte die Sprecherin. „Wir verurteilen dies auf das Allerschärfste und fordern ausdrücklich die Freilassung aller in Russland aus politischen Gründen Inhaftierten.“ 

Die Bundesregierung forderte Russland auf, die Umstände von Nawalnys Tod in einem sibirischen Straflager vollständig aufzuklären und auch den Leichnam an die Familie freizugeben, wie Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte. Zudem sollte ein straffreies Gedenken das Mindeste sein.

Zuvor war bekannt geworden, dass Deutschland und andere EU-Staaten nach dem Tod Nawalnys weitere Sanktionen gegen Russland auf den Weg bringen wollen.

Nawalny-Sprecherin: Weiter kein Zugang zur Leiche des Kremlgegners

10.39 Uhr: Nach dem Tod des Kremlgegners Alexej Nawalny im Straflager haben die Mutter und die Anwälte nach Angaben der Sprecherin des Oppositionellen weiter keinen Zugang zur Leiche des 47-Jährigen. Am Montagmorgen seien Alexejs Mutter Ljudmila Nawalnaja und die Anwälte nicht in die Leichenhalle in der nordrussischen Stadt Salechard gelassen worden. „Auf die Frage, ob sich dort Alexejs Körper befindet, antworten die Mitarbeiter nicht“, teilte Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch mit. Angehörige und das Team Nawalnys fordern den russischen Machtapparat seit Tagen zur Herausgabe der Leiche auf. Nach offiziellen Angaben war der Gegner von Kremlchef Wladimir Putin am Freitag im Straflager gestorben.

„Im Ermittlungskomitee wurde der Mutter und den Anwälten gesagt, dass die Untersuchung des Todes Nawalnys verlängert wurde. Wie lange sie noch dauert, ist nicht bekannt“, teilte Jarmysch mit. „Die Gründe des Todes sind immer noch 'nicht festgestellt'.“ Nawalnys Team macht Putin für den Tod Nawalnys verantwortlich und wirft den Behörden Verzögerungstaktik vor.

Russische Gerichte verhängen Strafen wegen Trauer um Nawalny

Montag, 19. Februar, 10.36 Uhr: Nach dem Tod des Kremlgegners Alexej Nawalny in Haft haben russische Gerichte in Eilverfahren bisher mehr als 200 Strafen gegen die an spontanem Gedenken teilnehmenden Trauernden verhängt. Allein in St. Petersburg ordneten die Gerichte der Millionenmetropole gegen 199 Menschen Arrest oder Geldstrafen an, auch in der russischen Hauptstadt Moskau gab es mehrere solcher administrativen Strafen. In St. Petersburg kamen mehr als 154 Menschen in eine Arrestzelle, die meisten für mehrere Tage.

Seit Freitag legen Menschen in Russland immer wieder Blumen nieder oder zünden Kerzen an Denkmälern für die Opfer politischer Gewalt in Russland. Dabei gab es nach Angaben von Bürgerrechtlern mehr als 400 Festnahmen in mehr als 30 Städten landesweit.

Die Strafen vor den Gerichten in St. Petersburg ergingen laut den Protokollen wegen Störung der öffentlichen Ordnung nach unerlaubten Versammlungen auf einem öffentlichen Platz. Dafür drohen laut Gesetz in Russland Geldstrafen bis zu 20.000 Rubel, Pflichtarbeitsstunden für die Allgemeinheit oder bis zu 15 Tage Arrest.

Tausende fordern Herausgabe von Nawalnys Leiche

14.07 Uhr: Der Druck auf die russischen Behörden zur Herausgabe der Leiche des Kremlkritikers Alexej Nawalny an seine Hinterbliebenen wächst: Mehr als 12.000 Menschen hätten einen entsprechenden Aufruf an das russische Ermittlungskomitee unterstützt, teilte die Bürgerrechtsplattform „OWD-Info“ am Sonntag auf Telegram mit.

„OWD-Info“ hatte den Aufruf selbst erst am späten Samstagnachmittag gestartet. „Die Herausgabe der Leiche muss so schnell wie möglich erfolgen. Wenigstens nach seinem Tod sollte Alexej Nawalny bei seinen Angehörigen sein“, heißt es in der Erklärung.

Menschenrechtler werfen dem russischen Machtapparat Mord vor. Auch die Mitarbeiter des prominenten Anti-Korruptionskämpfers gingen davon aus, dass Nawalny gezielt getötet wurde. Weltweit gibt es Gedenkveranstaltungen für den mit 47 Jahren in Haft ums Leben gekommenen russischen Oppositionspolitiker. In Russland wurden bei verschiedenen Aktionen mehr als 400 Menschen festgenommen. 

Mit blauen Flecken am Körper: Nawalnys Leiche soll in russischem Krankenhaus liegen

Sonntag, 18. Februar, 11.10 Uhr: Die Leiche des in Haft ums Leben gekommenen Kremlkritikers Alexej Nawalny wird einem Medienbericht zufolge im Bezirkskrankenhaus der Stadt Salechard im hohen Norden Sibiriens aufbewahrt. Eine Obduktion habe zumindest bis Samstag noch nicht stattgefunden, berichtete die kremlkritische „Nowaja Gaseta Europa“ am Sonntag unter Berufung auf eigene Informanten. Zudem soll der Körper des Toten blaue Flecken aufweisen. 

Eine offizielle Bestätigung für diese Angaben gab es zunächst nicht. Die Angehörigen Nawalnys haben bisher keinen Zugang zum Leichnam des 47-Jährigen erhalten. Salechard ist die Hauptstadt des Autonomen Kreises der Jamal-Nenzen. Das Straflager „Polarwolf“, in dem Nawalny starb, liegt etwa 50 Kilometer Luftlinie nordwestlich davon - bereits jenseits des Polarkreises.

Der nach vielen Tagen in immer wieder angesetzter Einzelhaft körperlich geschwächte Nawalny war nach russischen Behördenangaben am Freitag bei einem Hofgang im Straflager bei eisigen Temperaturen zusammengebrochen. Wiederbelebungsversuche waren nach Angaben des Strafvollzugs erfolglos.

Die Mutter Nawalnys hat bislang vergebens versucht, ihren toten Sohn abzuholen. Weder in der Strafkolonie noch in Salechard wurde ihr der Leichnam übergeben. 

Die „Nowaja Gaseta“ zitiert einen anonymen Mitarbeiter des Notfalldienstes. Die blauen Flecken zeugen dessen Angaben nach davon, dass Nawalny vor dem Tod Krämpfe gehabt habe und von Mitarbeitern des Straflagers festgehalten wurde. Ein Bluterguss auf der Brust sei zudem Indiz für tatsächlich vorgenommene Wiederbelebungsversuche. Allerdings geht aus dem Zeitungsbericht hervor, dass der Informant selbst Nawalny nach dessen Tod ebenfalls nicht gesehen, sondern über seinen Zustand nur von Kollegen informiert worden sei.

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