Unterdarching feiert nach zehn Jahren wieder Trauung mit vertauschten Rollen
Nur alle zehn Jahre feiern die Unterdarchinger die legendäre Bettelhochzeit. Jetzt war es wieder soweit.
Unterdarching – Es war eine große, standesgemäße Feierlichkeit, als sich am Samstag vor stattlicher Kulisse in Unterdarching „beim Stempfl aufm Misthaufen“ Luna Ur-Anus Bugglspritza von DrentamBoch und ihr Bräutigam, der Buffn-Paule, Stromprinz von Nebam Schloss, das Ja-Wort gaben. Das ganze Dorf war auf den Beinen, und wer es schaffte, die Böllerschüsse zu nachtschlafender Zeit zu ignorieren und auch die Morgensuppe beim Wirt noch ausgelassen hatte, war spätestens zur Vermählung um 11.11 Uhr dem Anlass entsprechend herausgeputzt, um den feierlichen Höhepunkt der Bettelhochzeit nicht zu verpassen. Schließlich gibt es die nur alle zehn Jahre im Ort – und das will ausgiebig gefeiert sein.
„Höchstfeine Herren und ganz fesche Bienen“ hatte der Hochzeitslader beim Stempfl begrüßt, und in der Tat waren nicht nur das Brautpaar und dessen engster „Familienkreis“ sauber zurechtgemacht. Da stöckelten feine „Damen“ auf hochhackigen Schuhen, die muskulösen Männer-Wadl glatt rasiert unter hauchdünnen Strümpfen. Elegante Kleider, fesche Dirndl, knappe Röcke und auffallend viel Pelz trugen die, die für einen Tag die Weiberleut mimten und vor allem das ungewohnte Schuhwerk tapfer trugen. Die Wahl-Mannsbilder hatten es da bequemer – nur ein bissl frisch, wenn sie sich für die Kurze entschieden hatten.

Es sollte ein angemessen feierliches Zeremoniell werden, als dann endlich alle ihre Plätze eingenommen hatten. Die Brautmutter, „gwampert, aber ned fett“. Die Ehrenmutter, die mit einem Hupfer à la Otto Walkes die Begrenzung aus Strohballen überschritt. Die beiden properen Buben Forsti und Furrti, die die Braut in die Familie mit einbrachte, und natürlich die Hochzeiter, denen nicht nur die Gemeindebewohner, sondern auch die Burschenvereine aus der Nachbarschaft ihre „oreidige Aufwartung“ machten.
Die Blaskapelle Unterdarching, die sich recht farbenfroh rund um die große Trommel am höchsten Punkt der Tennenbrücke positioniert hatte, gab den musikalischen Rahmen und beeindruckte dabei, wie elegant man Misstöne einfließen lassen kann, bei denen das Publikum jedes Mal mit einem „ja, ghört denn des so?“ zuckte. Nicht minder virtuos sollte später der Kirchenchor aus vollen Kehlen ansetzen, nachdem sich der Chorleiter ob der Ungeheuerlichkeit gefasst hatte, dass keiner der Hochzeitsgäste sein Gotteslob mitgebracht hatte. So mussten sie selbst durch Lautstärke wettmachen, was an Stimmgewalt aus den Reihen fehlte, und ließen sich nicht lange bitten, als neben schallendem Gelächter der Wunsch nach einer Zugabe kam, die sie samt Choreografie wie bei einem Gospelchor hinlegten.
Das Brautpaar, das bei einer Klangschalen-Therapie zueinander gefunden hat, strahlte sich da schon glücklich an, nachdem es gelobt hatte zu „einer langen und scheinheiligen Ehe“ bereit zu sein und sich so lange zu vermehren, „wie es sich durch Kindergeld und sonstige Fördergelder rentiert“. Die ihrem Sprachduktus nach direkt auf dem Traumschiff Surprise ausgebildete Standesbeamtin war erleichtert, das Zeremoniell zu einem feierlichen Ende gebracht zu haben. Auch wenn sie zwischendurch das applaudierende Publikum ermahnen musste, man könne nicht bei jedem „Ja“ so einen Zinnober machen.
So machte sich der Festzug bester Dinge wieder auf den Rückweg zum Hochzeitsschmaus im Kirchenwirt, wo der festliche Tag noch lange nicht endete.
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