Merz scheitert bei Kanzlerwahl – es ist ein Novum in der Nachkriegsgeschichte

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Schock bei der Kanzlerwahl im Bundestag: Merz wird im ersten Wahlgang nicht gewählt. Ein Novum – nur auf Landesebene scheiterten bisher Regierungschefs.

Berlin – Friedrich Merz (CDU) wollte heute als Kanzler loslegen, jetzt wurde er jäh gestoppt: Merz ist im ersten Wahlgang im Bundestag durchgefallen, erhielt keine absolute Mehrheit der Abgeordneten. In geheimer Abstimmung bekam er 310 von 621 abgegebenen Stimmen, sechs weniger als die nötige Mehrheit. Ob Merz Kanzler wird, ist plötzlich wieder unsicher.

Schlecht gelaufen ist für CDU-Chef Friedrich Merz der erste Wahlgang der Kanzlerwahl im Bundestag.
Schlecht gelaufen ist für CDU-Chef Friedrich Merz der erste Wahlgang der Kanzlerwahl im Bundestag. © Sebastian Gollnow/dpa

Historische Merz-Schlappe im Bundestag – Noch nie ist Kandidat bei Kanzlerwahl gescheitert

Merz‘ Scheitern im ersten Wahlgang der Kanzlerwahl ist ein historisches Novum in der deutschen Nachkriegsgeschichte. Noch nie ist nach einer Bundestagswahl und erfolgreichen Koalitionsverhandlungen ein designierter Kanzler bei der Kanzlerwahl im Bundestag gescheitert. Knapp war es allerdings schon für mehrere Bundeskanzler, die dann später erfolgreich eine Koalition führten:

  • Beim ersten deutschen Kanzler Konrad Adenauer gab 1949 nur eine einzige Stimme den Ausschlag, es hatte mindestens sieben Abweichler gegeben.
  • Auch Helmut Schmidt (SPD) schaffte es 1976 mit nur einer Stimme mehr als nötig zum Kanzler. Mindestens drei Abgeordnete seiner späteren Koalition aus SPD und FDP hatten sich enthalten.
  • Willy Brandt (SPD) schaffte es 1976 mit einem Vorsprung von nur drei Stimmen im Bundestag zum Kanzler.
  • Helmut Kohl (CDU) hatte bei seiner Kanzlerwahl 1994 nur zwei Stimmen mehr als notwendig.

Nicht gewählt: Merz scheitert bei Kanzlerwahl im Bundestag – Beispiele gibt es aus Bundesländern

Auf Landesebene gibt es aber durchaus Beispiele für ein Scheitern der designierten Ministerpräsidenten im Parlament. Heide Simonis und Andrea Ypsilanti (beide SPD) mussten ihren Plan, Regierungschefin zu werden, wegen Abweichlern bei der Abstimmung sogar komplett fallen lassen.

  • Andrea Ypsilanti (SPD) scheiterte 2008 nach der Landtagswahl in Hessen, sich zur Ministerpräsidentin wählen zu lassen. Vier SPD-Abgeordnete hatten zuvor angekündigt, dass sie nicht für Ypsilanti stimmen werden, somit hatte sie im Landtag keine Mehrheit mehr. Ypsilanti wollte eine von der Linkspartei tolerierte rot-grüne Minderheitsregierung führen.
  • Heide Simonis (SPD) bekam 2005 in Schleswig-Holstein bei der Wahl zur Ministerpräsidentin in vier Wahlgängen nicht die notwendige Mehrheit der Stimmen. Es war das Ende ihrer politischen Karriere. Simonis fiel vier Mal durch, immer fehlte die entscheidende Stimme eines anonymen Abgeordneten, der später „Heide-Mörder“ getauft wurde. Simonis sagte zu ihrer Schlappe: „Die Häme ist erträglich (...). Man ist ja ein bisschen wie örtlich betäubt, wo ein Hammer auf den Kopf gekommen ist.“
  • Erst im dritten Wahlgang wurde Kai Wegener (CDU) 2023 zum Regierenden Bürgermeister von Berlin gewählt. In den ersten beiden Wahlgängen hatte er die absolute Mehrheit verpasst.

Zweiter Wahlgang für Merz bei Kanzlerwahl im Bundestag? Das sind die Regeln

Friedrich Merz will dem Vernehmen nach womöglich am Mittwoch (7. Mai) oder Freitag (9. Mai) einen zweiten Anlauf starten. Innerhalb der zweiwöchigen Frist kann er beliebig oft im Bundestag versuchen, sich zum Kanzler wählen zu lassen. Schafft er eine absolute Mehrheit von 316 Stimmen, kann er als Kanzler vereidigt werden.

Schafft Friedrich Merz es innerhalb von zwei Wochen aber nicht, eine Mehrheit als Kanzler im Bundestag zu finden, werden die Anforderungen gesenkt. Nun reicht für die Wahl die einfache Mehrheit. Bei einer Wahl nur mit einfacher Mehrheit könnte der Bundespräsident alternativ auch binnen sieben Tagen den Bundestag auflösen und eine Neuwahl ansetzen.

Eine Partei freut sich über die Merz-Schlappe: die AfD. Sie fordert bereits den Rücktritt von Merz und Neuwahlen. (smu mit dpa)

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