FOCUS-Briefing von Tanit Koch - Kanzler außer Rand und Band: Scholz beleidigte auf Party auch Journalisten

Immer mehr Details sickern gerade über eine private Feier in der Hauptstadt durch, die im Kanzler-Kalender vergangene Woche unter „Kontrollverlust“ verbucht werden müsste: Der Bundeskanzler – „I am a warrior“ (Scholz über Scholz) – auf dem Kriegspfad gegen Journalisten.

Gleich vorweg: Kritische Medienvertreter sollten keine Mimosen sein, wenn sie selber kritisiert werden.

Nicht kritisch, sondern ausfällig

Was da aber vor Zeugen, unter ihnen FOCUS-Chefredakteur Georg Meck und „Bild“-Vize Paul Ronzheimer, aus dem Kanzler-Munde kam, das war nicht kritisch, sondern ausfällig.

Scholz sucht möglicherweise einen Schuldigen für seine schwindenden Wiederwahl-Chancen. An ihm selbst kann’s ja schließlich nicht liegen. Dafür an den ignoranten Journalisten, die seine Großtaten gegen illegale Migration nicht richtig würdigen – so in etwa Scholz‘ Klage bei dem Empfang.

Er kanzelte dort eine öffentlich-rechtliche Führungskraft (die sich nicht äußern möchte) mit den Worten ab: „Halt den Mund" – ergänzt um eine noch deftigere Bemerkung. Andere Kollegen bezichtigte er, sich zum billigen Werkzeug von Verlegern oder, besser noch: der CDU-Pressestelle zu machen.

Diese Art Verachtung kennt man von Verschwörungsschwaflern. Sie unterstellen Journalisten seit jeher, politisch fremdbestimmt und quasi auf Kommando zu berichten. Dass der Bundeskanzler sich derartigen Argumentationsmustern anschließt – in einer Zeit, in der Reporter attackiert werden und die unabhängige Presse mehr denn je unter Druck steht – ist dem Amt unwürdig. So dient er Deutschland nicht. Gerade er, der sich das Wort „Respekt“ am liebsten urheberrechtlich schützen lassen würde.

Apropos Respekt.

Geht's eigentlich noch?

Berlins Kultursenator Joe Chialo bei derselben Berliner Veranstaltung als „Hofnarr“ der Union zu bezeichnen und ihn damit zum Feigenblatt einer aus seiner Sicht offenbar faschistoiden Merz-CDU zu stempeln – geht’s eigentlich noch?

Scholz telefonierte gestern mit Chialo, nachdem FOCUS Online den Vorgang öffentlich machte. Er will die Bemerkung nicht rassistisch verstanden wissen und hat einen „Star-Anwalt“ eingeschaltet.

Auch am Rassismus sind offenbar immer nur die anderen schuld. So sagt der Kanzler zurzeit in jedes Mikrofon, wie unerträglich er „das hämische Feixen der extremen Rechten“ im Bundestag nach dem Merz-Antrag fand. Das verstehe ich. Doch was glaubt er denn, wie hämisch die AfD nun feixt, nachdem bekannt wird, dass ausgerechnet der Bundeskanzler einen der wenigen dunkelhäutigen Spitzenpolitiker und Amtsträger als Hofnarren verspottet?

Wir brauchen „Anstand und Vernunft“, doziert Scholz seit Wochen. Er scheitert gerade an beidem.

Wie sehen Sie die Medien-Schelte des Kanzlers?