Festnahme im Fall des Nord-Stream-Anschlags: Was wir wissen
Ein mutmaßlicher Angreifer auf die Nord-Stream-Pipelines wird gefasst. Die Spur führt in die Ukraine, die jegliche Beteiligung bestreitet. Eine Übersicht.
Rom – Aus Italien wird die Festnahme eines Mannes gemeldet, der unter dem Verdacht steht, an dem Anschlag auf die Nordstream-Pipelines zu stehen. Zuerst darüber berichtet, hatte der Spiegel. Der Mann soll Ukrainer sein und in Rimini aufgegriffen worden sein. Weitere Details zu dem Verdächtigten sind bislang nicht bekannt.
Der Anschlag auf die Nord-Stream-Pipelines 2022: Was ist passiert?
Am 26. September 2022, etwa ein halbes Jahr nach dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs, ereignete sich ein spektakulärer Sabotageakt in der Ostsee. Mehrere Unterwasserexplosionen zerstörten drei der vier Stränge der Nord-Stream-Pipeline, die Erdgas von Russland nach Deutschland transportieren. Die Explosionen ereigneten sich in der Nähe der dänischen Insel Bornholm, wobei vier Lecks an den Leitungen entdeckt wurden – jeweils zwei in einem Abschnitt der Pipeline, der in den ausschließlichen Wirtschaftszonen von Schweden und Dänemark liegt. Beide Nordstream Pipelines waren zum Zeitpunkt der Anschläge außer Betrieb.
Unmittelbar nach dem Anschlag auf die Nordstream-Pipelines begannen dänische, schwedische und deutsche Behörden mit der Suche nach den Verantwortlichen. Ermittelt wurde wegen des Verdachts der vorsätzlichen Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion und verfassungsfeindlicher Sabotage. An den Ermittlungen beteiligt waren Geheimdienste, Polizeikräfte und Militäreinheiten.

Anschläge auf Nord-Stream-Pipelines: 15-Meter-Segeljacht soll Tatfahrzeug gewesen sein
Kurze Zeit nach den Anschlägen auf die Nord-Stream-Pipelines gaben dänische Behörden bekannt, dass „massive Explosionen“ die Ursache der Schäden gewesen seien. Diese Einschätzung wurde durch Ermittlungsergebnisse aus Schweden bestätigt. Die Ursache für die Lecks sei eindeutig Sabotage mittels Sprengstoff gewesen, gaben schwedische Behörden bekannt.
Erste Ermittlungsergebnisse aus Deutschland lenkten die Aufmerksamkeit auf eine Segeljacht namens „Andromeda“. Das 15 Meter lange Boot stehe unter dem Verdacht, als Tatfahrzeug für die Anschläge auf die Pipellines verwendet worden zu sein. Das berichtete unter anderem die ARD. Bei der Durchsuchung der Yacht im Januar 2023 fanden Ermittler Sprengstoffspuren des Typs HMX – denselben Sprengstoff, der auch am Tatort am Meeresgrund gefunden wurde.
Die „Andromeda“ soll etwa zweieinhalb Wochen unterwegs gewesen sein und machte Zwischenstopps in Wiek auf Rügen, im dänischen Christiansø, im polnischen Kolberg und möglicherweise auch im schwedischen Sandhamn sowie auf Bornholm. Die Yacht wurde mit gefälschten Pässen angemietet, berichtete Tagesschau.
Sechsköpfiges Kommando soll für Nord-Stream-Anschlag verantwortlich sein
Im Juni 2024 erwirkte die Bundesanwaltschaft im Zusammenhang mit den Nord-Stream-Anschlägen den ersten Haftbefehl gegen einen ukrainischen Staatsbürger namens Wolodymyr Z. Bei dem Verdächtigen handelte es sich um einen Tauchlehrer. Ihm gelang kurz nach seiner Festnahme die Flucht. Recherchen des ZDF und des Spiegels legten nahe, dass der Grund für seine Flucht im Versagen der polnischen Behörden zu finden sei.
Laut aktuellem Ermittlungsstand, der aus den bislang veröffentlichten Akten zu den Nordstream-Anschlägen hervorgeht, soll ein sechsköpfiges Kommando für die Tat verantwortlich sein – bestehend aus einem Kapitän, zwei Tauchern, zwei Tauchassistenten und einer Ärztin. Das berichtetet die Zeit. Die Gruppe soll professionell gefälschte Reisepässe verwendet haben. Vor und nach den Explosionen soll sich die Gruppe in der Ukraine aufgehalten haben, was laut dem ZDF technische Daten belegen.
CIA vermutet Verantwortliche in der Ukraine: Deutsche Behörden ermitteln
Während Deutschland in Sachen Nordstream-Anschlägen weiterhin ermittelt, stellten sowohl Schweden als auch Dänemark ihre Untersuchungen ein. Schweden übergab alle gefundenen Beweismittel an die deutschen Behörden. Die schwedischen Ermittler begründeten die Einstellung der Ermittlungen damit, dass sie für diesen Fall nicht zuständig seien.
Berichten der ARD zufolge erhielten deutsche Behörden bereits im Oktober 2022 von der CIA Hinweise, dass die Verantwortlichen der Nordstream-Sprengung in der Ukraine zu finden seien. Deutsche Ermittler sollen seit November 2022 derselben Meinung sein.
Die ukrainische Regierung unter Präsident Wolodymyr Selenskyj hat eine Beteiligung an den Nordstream-Anschlägen wiederholt zurückgewiesen. Präsidentenberater Mychailo Podoljak erklärte, es sei vielmehr wahrscheinlich, dass Russland für den Anschlag verantwortlich sei. Das berichtete die Tagesschau. Die Regierung von Russlands Präsident Wladimir Putin wiederum wies sämtliche Vorwürfe ihrerseits zurück.