Warum die harte Linie beim Bürgergeld oft ins Leere läuft

  • Im Video oben: Sozialforscher analysiert: In Bas' neuer Bürgergeld-Reform stecken drei große Denkfehler

Laut BILD können Jobcenter die Totalsanktion kaum umsetzen, die Software sei das Hindernis. Fälle kompletter Streichungen gebe es so gut wie nicht. Das klingt nach großer Ansage und wenig Handhabe für die Mitarbeiter in Jobcentern und ihre Chefin, Sozialministerin Bärbel Bas (SPD).

FOCUS-online-Recherchen zeigen ein differenzierteres Bild. "Natürlich kann ich einen Bescheid aufheben, das ist nur ein Knopfdruck", sagt Jobcenter-Mitarbeiterin Petra Kunze*. Entscheidend ist die Akte und Themen wie Anhörung, Begründung, Zustellung. Daran hängt alles. Wichtig aber auch: "Es wurde bisher nie kommuniziert, dass wir das so hart machen müssen."

Wenn das Geld fehlt, kommen die Empfänger vorbei

In der Praxis gilt für Kunze eine einfache Reihenfolge. Wer zwei oder drei Termine nicht wahrnimmt, bekommt eine Kürzung oder eine Einstellung der Leistung. "Sobald die Zahlung nicht mehr eingeht, kommen viele wieder ins Jobcenter", beobachtet sie.

Das Problem generell: Deutschland zahlt schnell, der Job-Turbo greift selten. Die Mitarbeiterin nennt fehlende Druckmittel, viele Klageerfolge, Sprachhürden und zu wenig Mittel für Qualifizierung. "Wenn wir Leistungen kürzen, werden viele Sanktionen vom Sozialgericht wieder gekippt", so Kunze. 

"Brauchen eine gerechtere Lösung"

Regeln helfen halt nur, wenn man sie vollziehen kann. Und wenn die Bürgergeld-Empfänger gewillt sind, an ihrer Situation etwas ändern zu wollen. Ohne Sprache, ohne Training und ohne saubere Verfahren bleibt der Anspruch Theorie. Das bremst jede Offensive schon am Start.

Fazit: Die Formel "Totalsanktion geht nicht" greift zu kurz. Einstellen geht, aber es gibt derzeit zu viele Möglichkeiten, dagegen rechtlich vorzugehen. Wer harte Regeln verspricht, muss den Vollzug mitliefern. "Wir brauchen eine gerechtere Lösung", sagt Kunze. Eine könnte beispielsweise die negative Einkommensteuer sein.

*Name von der Redaktion geändert