Neue Service-Stationen für Radler, Abstellanlagen der Extraklasse , ein direkter WhatsApp-Draht zum Radbeauftragten: Damit will Rottach-Egern punkten, um als fahrradfreundliche Kommune zu überzeugen. Bald rückt die Jury an.
Rottach-Egern – Vor vier Jahren hat die Gemeinde Rottach-Egern ihre Bewerbung um das Siegel „Fahrradfreundliche Gemeinde“ beim Verband AGFK eingereicht. Seitdem ist Christian Stadler, von Beruf Fahrlehrer, als Radverkehrsbeauftragter der Gemeinde offiziell im Amt, es gründete sich zudem ein Arbeitskreis Verkehr. Die Entscheidung, ob Rottach-Egern das Siegel erhält, trifft die Bewertungskommission der AGFK bei einer sogenannten Hauptbereisung am Dienstag, 1. Oktober 2024. Rund zwei Stunden lang wird die Jury mit Vertretern der Gemeinde durch den Ort radeln, es folgen die Präsentation des kommunalen Radkonzepts und die Bekanntgabe des Ergebnisses.
Die Chancen stehen gut, dass Rottach das Siegel bekommt. Bewertet wird vor allem der Wille der Gemeinde, den Radverkehr im Ort sicherer und komfortabler zu machen. „Und der Wille ist da“, weiß Stadler. Er schätzt die Bereitschaft der Gemeinde, für Verbesserungen zu sorgen und den kurzen Draht zum Bauhof. Einiges ist schon umgesetzt: Die Situation vor dem Seeforum wurde so gestaltet, dass Radler sich durchschlängeln können, ein Radweg am Birkenmoos gebaut, die Kreuzung beim Schuhhaus Angl entschärft. „Wir haben gute Lösungen gefunden“, meint Stadler. „Auch wenn sie vielleicht nicht allen gefallen.“
Platzmangel: „Es muss miteinander gehen“
Denn fürs Hauptproblem in Rottach-Egern und im ganzen Tegernseer Tal gibt's keine Lösung. „Wir haben den See und die Berge, dazwischen ist es eng“, sagt Stadler. An viele Stellen sei es räumlich einfach nicht möglich, eigene Wege nur für Radler zu schaffen: „Es muss miteinander gehen.“
Trotzdem sei die Situation für Radler am Ort eigentlich gut, findet Stadler: „Ich bekomme auch viel positive Rückmeldungen.“ Schon bei der Bewerbung habe die AGFK festgestellt, dass Rottach-Egern mit einem hohen Standard in den Prozess starte. Seither habe sich dennoch viel getan. Nagelneu ist die Rad-Servicestation an der Badeanlage Schorn, wo auch E-Bikes aufgeladen werden können. An der Feldstraße gibt es eine solche Station schon länger. Ein dritter Standort wird am neuen Rathaus eingerichtet, wo Radler insgesamt viel Komfort vorfinden werden. Unter anderem eine überdachte und beleuchtete Abstellanlage nahe der Bushaltestelle, an der sich Räder sicher anschließen lassen. „Bike&Ride“ heißt das Konzept. Von der Haustür oder dem Hotel geht es zum Bus, der die Gäste zum Bahnhof oder auch zum Berg bringt. „Wir hoffen, dass die Leute sich dann trauen, auch ein teures E-Bike stehenzulassen“, sagt Stadler.
Damit er das Rad-Konzept stetig nachbessern kann, hat der Beauftragte einen direkten Draht per WhatsApp und QR-Code eingerichtet. Rückmeldungen sind wichtig, denn manchmal hakt's an Kleinigkeiten. Als an der Feldstraße Bäume fallen mussten, brannte die Sonne plötzlich mittags auf die dortige E-Ladestation, die prompt wegen Überhitzung abschaltete. „Wir versetzen die Station jetzt in den Schatten“, berichtet Stadler.
Erhält Rottach sein Gütesiegel in Sachen Rad, wird das nur ein Markstein sein, kein Endpunkt. Alle sieben Jahre wird über die Erneuerung des Siegels entschieden, stete Bemühungen um die Verbesserung des Radverkehrs sind Voraussetzung. Der nimmt nach den Beobachtungen Stadlers, der als Fahrlehrer viel auf den Straßen unterwegs ist, gerade zur Ferienzeit immer noch zu: „Im Moment sind es schon extrem viele Radler.“
Beauftragter sieht talweiten Nachholbedarf
Nachholbedarf sieht er vor allem außerhalb des Wirkungskreises der Gemeinde Rottach-Egern. Am talweiten Gedanken fehle es noch – und an den großen Lösungen. Keine Parkplätze im Tegernseer Tal mehr anbieten, stattdessen aber einen leistungsfähigen ÖPNV, wäre eine solche. Oder: Tempo 30 auf den Ortsdurchfahrten, die auch Bundesstraßen sind. Der Bund und der Freistaat seien gefordert, Ideen zu entwickeln, wie ihre Straßen sicherer werden, findet Stadler. Der Arbeitskreis entwerfe gerade ein Positionspapier dazu. Um wirklich dicke Bretter zu bohren, fehle es noch am gemeinschaftlichen Willen, findet Stadler, der sich ungeachtet dessen über Fortschritte freut: „Ein bisschen Umdenken ist schon da.“