Lage in Gaza: Israel hat neuen Vorschlag für Waffenruhe – Netanjahus Lager-Pläne stoßen auf Kritik
Im Ringen um eine Feuerpause im Gazastreifen macht Israel ein neues Angebot. Netanjahus Lager-Pläne lösen unterdessen Empörung aus.
Tel Aviv – In den Vermittlungsgesprächen über eine Waffenruhe im Gazastreifen könnte etwas Bewegung kommen. Offenbar ist Israel bereit, mehr Truppen als bislang geplant aus dem Kriegsgebiet abzuziehen. Allerdings dürfte sich ein weiterer Plan als hinderlich bei der Lösung des Gaza-Kriegs erweisen.
Waffenruhe in Gaza? Israel macht ein neues Angebot
Die Times of Israel, die sich auf arabische Diplomaten beruft, berichtet über einen Vorschlag aus Tel Aviv, wonach Israel bereit sei, während der Feuerpause mehr Soldaten aus dem Gazastreifen abzuziehen als bisher angeboten. Der neue Vorschlag sieht demnach vor, dass das israelische Militär nur mehr noch eine zwei Kilometer breite Pufferzone entlang der Südgrenze bei Rafah beanspruchen würde. Bislang hatte die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu darauf bestanden, seine Streitkräfte in einem relativ großen Gebiet zu belassen.
Israels Beharren auf dem Verbleib seiner Streitkräfte im Süden des Gazastreifens steht Berichten zufolge mit Plänen im Zusammenhang, dort ein Lager für Hunderttausende Palästinenser errichten zu wollen. So schwebt Verteidigungsminister Israel Katz vor, auf den Trümmern der Stadt Rafah eine Zone für zunächst 600.000 Menschen zu bilden. Perspektivisch sollen in die „humanitäre Stadt“ alle der mehr als zwei Millionen Bewohner des Gazastreifens hinein. Wer einmal drin ist, soll nicht mehr heraus dürfen.
Oppositionsführer Lapid nennt Netanjahus Lager-Pläne in Gaza „verrückt“
Die Kritik an dem Lager in Rafah ist groß. Husam Badran, ein ranghohes Mitglied der islamistischen Hamas, bezeichnete die Errichtung eines solchen Lagers laut New York Times als „absichtlich behindernde Forderung“, die die ohnehin schon schwierigen Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg weiter erschweren würde.
In Israel rufen die Lager-Pläne Empörung hervor. „Wird es einen Zaun geben? Einen normalen Zaun? Einen Elektrozaun? Wie viele Soldaten werden ihn bewachen?“, zitierte die Times of Israel Oppositionsführer Jair Lapid. Das Vorhaben der Regierung Netanjahus sei „verrückt“. „Was werden die Soldaten tun, wenn Kinder die Stadt verlassen wollen? Wer wird sie ernähren? Wer wird für Wasser und Strom verantwortlich sein? Was wird passieren, wenn es zu Epidemien und Krankheiten kommt? Wer wird sie behandeln?“

Ex-Israel Premier Olmert über Lager in Gaza: „Teil einer ethnischen Säuberung“
Andere Kritiker sprechen von einem Internierungslager, das langfristig auf eine Zwangsdeportation hinauslaufen könnte. Israel möchte die „humanitäre Stadt“ als Ausgangsbasis für eine „freiwillige Ausreise“ der Bewohner von Gaza nutzen. Der frühere israelische Ministerpräsident Ehud Olmert warnte und zog einen NS-Vergleich. „Es ist ein Konzentrationslager. Es tut mir leid“, sagte er der britischen Zeitung The Guardian. „Wenn sie (die Palästinenser) in die neue ‚humanitäre Stadt‘ deportiert werden, dann kann man sagen, dass dies Teil einer ethnischen Säuberung ist.“
Ob das Lager in Rafah jemals errichtet wird, ist fraglich. In Israel wird spekuliert, dass es sich bei dem Plan vielmehr um eine Verhandlungstaktik handeln könnte, um die Hamas zu Zugeständnissen zu bewegen oder die rechtsextremen Koalitionspartner Netanjahus dazu zu bringen, einer Waffenruhe zuzustimmen. (mt/mit Material von dpa)