Lebendige Diskussion bei der Jahresversammlung der Altstadtfreunde Kempten
Kempten – Wenn sich die Vereinsmitglieder der Altstadtfreunde Kempten zu ihrer Jahresversammlung treffen, wird jedes Mal über neue und alte Entwicklungen informiert und zum Teil kontrovers diskutiert. So war es auch diesmal.
In seinem Bericht ging Vorsitzender Dietmar Markmiller auf vergangene Veranstaltungen wie die Altstadtbegehung im Oktober und das Altstadtfest im Juli ein. Er lobte die neue Mitmachplattform der Stadt und äußerte den Wunsch, diese mit dem Tool des Flächennutzungsplans zu verbinden.
Die Zukunft von Kemptens Burghalde
Zu den „Evergreens“ bei den Treffen gehört die Burghalde. Er wolle darüber gar nicht so viel sprechen, meinte Markmiller. „Es gibt dafür sowieso kein Geld.“ Zwei Themen, die Sonnensegel und die Burghalde-Schafe wollte er trotzdem ansprechen. Oberbürgermeister Thomas Kiechle stellte klar, dass es für die Beschattung keine vernünftige Lösung gebe. Stadträtin Ingrid Vornberger erzählte, dass man im Zukunftslabor die Möglichkeiten digital testen könne.
Der Wunsch, die Burghalde wieder mithilfe von Ehrenamtlichen zu einem „tierischen Quartier“ zu verwandeln und nach dem Beispiel der Hühner am Regler-Haus wieder Burghalde-Schafe zuzulassen, traf bei Kiechle grundsätzlich auf Zustimmung. Er empfahl sich auch als Experten, da er selbst Jahrzehnte lang Schafe gehalten habe. Man müsse auf jeden Fall sicherstellen, dass jemand jeden Tag bei den Tieren vorbeischaue, egal, wie das Wetter sei, betonte er. Warum bekomme der Biergartenbetreiber immer nur Jahresverträge von der Stadt, wollte einer der Anwesenden wissen. Der Oberbürgermeister bat um Verständnis, dass er zu diesem Thema zuerst Hintergrundinformationen einholen müsse.
Der Neubau des Iller-Stegs
Die Iller sei ein „sehr emotionaler Fluss“, fing Markmiller an, seine Bedenken wegen der Holzbauweise des Illerstegs zu äußern. Er befürchte, dass die dauerelastischen Fugen bei Nebel und Regen nicht lange halten würden, hoffe jedoch, dass Tim Koemstedt gute Argumente gegen sein „ungutes Bauchgefühl“ parat habe. Holz vertrage Wasser und Feuchtigkeit, es müsse nur die Möglichkeit haben, trocknen zu können, erwiderte der Baureferent. Der Illersteg liege weit über dem Wasser, er bekomme viel Sonne, weil es dort keine Beschattung durch Bäume gebe. Außerdem handle es sich hier um eine Hybridbauweise, die primäre Tragfläche sei eine Beton-Stahl-Konstruktion. Diese habe sich seit mehr als zehn Jahren auch in anderen Städten bewährt. Die filigrane, neuartige Konstruktion sei nicht ohne Grund zum Sieger eines Wettbewerbs geworden. „Es kann sehr gut funktionieren“, hieß seine Schlussfolgerung. In der Schweiz gebe es etliche Brücken rein aus Holz, die seit Jahrhunderten Bestand hätten.
Auf die Anregungen Markmillers, den bewährten Standort des Stegs beizubehalten und die Erinnerung an das Illersteg-Unglück 1946 mitzudenken, gab es an diesem Abend keine direkte Antwort. Aber zu seinem Wunsch, auf der Höhe der neuen Parkstadt Engelhalde einen zweiten Illersteg für Fußgänger und Radfahrer anzudenken, bekam er vom Oberbürgermeister eine klare Absage, weil dieser nicht zu finanzieren sei.

St.-Mang-Brücke
Bei der Erneuerung der St.-Mang-Brücke müsste der Durchflussquerschnitt vergrößert werden, trug Dieter Schade vor. Außerdem sei auf die Einbindung des Illerradwegs zu achten und auf die Verbreiterung der Fläche, damit der Radverkehr genug Platz bekomme. Er befürchte, dass die angedachten mächtigen Pylonen das Stadtbild stören könnten. Koemstedt stellte klar, dass es sich hier um einen Teil der Bundessstraße handle und deshalb das Staatliche Bauamt zuständig sei. Die Stadt Kempten wolle aber mitreden und erreichen, dass alle Anschlüsse weiterhin funktionieren.
Da die Widerlager wahrscheinlich nicht mehr nutzbar seien, habe man gute Chancen darauf, für eine neue Brücke einen Wettbewerb auszuschreiben, wofür er sich einsetzen wolle. Dann werde man entscheiden, welche Art des Tragwerks man bevorzuge. Man könnte eine Variante wählen, die zur Akzentuierung des Stadtbildes beitrage. Für den Zeitplan sei nicht die Stadt zuständig, aber man brauche für die Bauphase unbedingt eine Ersatzbrücke.
Verkehr und Parken
Das Thema, das die meisten Emotionen auslöste, war wie immer die Verkehrssituation. Der Ausweichverkehr wegen der nächtlichen Sperrung der Kronenstraße belaste die Anwohner auf dem St.-Mang- und Rathausplatz, in der Vogt- und Mehlstraße. Markmiller schlug vor, über eine Einbahnstraßenregelung und ein generelles Tempolimit von zehn Stundenkilometer der ganzen Altstadt nachzudenken. Stephan A. Schmidt fragte, warum es die Stadt aus Kostengründen ablehne, die östliche Altstadt in einen verkehrsberuhigten Bereich umzuwandeln. Insbesondere nachts gebe es große Probleme wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen in der Illerstraße. Die Anwesenden wünschten sich regelmäßige Kontrollen. Das gelte auch für das wilde Parken in der Kronenstraße, das weiterhin gang und gebe sei. Die Verantwortlichen signalisierten, die Anregungen „mitzunehmen“, konkret wurde aber auf diese an dem Abend kaum eingegangen.
Starkregen und Hitze
Geografisch liege die Altstadt am tiefsten Punkt von Kempten, stellte Markmiller fest. Deswegen wolle man wissen, wo die neuralgischen Gefahrenpunkte seien und welche Maßnahmen der einzelne Hausbesitzer ergreifen könne. Dazu plane der Verein Anfang 2024 eine Veranstaltung mit Tim Koemstedt. Die Hitze beispielsweise auf dem St.-Mang-Platz müsse genauso mitberücksichtigt werden, kam die Initiative von einem Vereinsmitglied. Er werde wegen der Gestaltung und Luftschneisen auf den Plätzen regelmäßig angesprochen, berichtete Thomas Kiechle.
Früher sei die Priorität bei der Gestaltung gewesen, freie Fläche für Veranstaltungen zu haben. „Heute würden wir die Plätze anders bauen“, so der Oberbürgermeister. Welches Konzept habe man für das Heizen in der Innenstadt, wollte ein Anwesender wissen. Fernwärme funktioniere in der Altstadt nicht, die Technik sei noch nicht so weit, erwiderte Markmiller.
Weihnachtsmarkt
Man solle den Weihnachtsmarkt auf den St.-Mang-Platz ausweiten, war einer der beim Vorstand eingegangenen Vorschläge. Diesen nahm der Oberbürgermeister als Anlass, auf die vorhandenen Schwierigkeiten einzugehen. Der Weihnachtsmarkt dauert in Kempten von Ende November bis kurz vor Weihnachten: eine lange Zeit für die Kunsthandwerker. Kaum einer sei heutzutage bereit, sich für vier Wochen bei jedem Wetter hinzustellen. Zum Einstellen von Personal fehle das Geld. Man hätte mehr Chancen, mehr Stände zu bekommen, wenn man die Zeit verkürzen würde. Der Einzelhandel wolle jedoch bei der jetzigen Regelung bleiben, wegen der damit verbundenen Attraktivität. Deshalb behalte man zunächst das alte System.
Sparkassenquartier und Parkstadt Engelhalde
Manfred Hegedüs, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Allgäu, informierte die Altstadtfreunde über den aktuellen Stand der Planung für die Neugestaltung des Sparkassenquartiers (wir berichteten). Er betonte, dass in der Jury die Vertreter der Sparkasse in der Minderheit gewesen seien und bedankte sich bei Franz G. Schröck, der in diesem Gremium die Interessen der Altstadtfreunde vertrat.

Unter dem Motto „Blick über den Tellerrand“ war Thomas Heubach, der neue Geschäftsführer der Sozialbau, eingeladen, um über die Entstehung des Quartiers Parkstadt Engelhalde zu berichten. Dort entstehen in den nächsten zehn Jahren etwa 400 neue Wohnungen. Er berichtete, wie die Sozialbau das Konzept einer Schwammstadt umsetze und dass man vorhabe, im Rahmen von „Urban Mining“ ca. 30.000 Tonnen Beton zu recyclen und ca. 1.500 Tonnen Stahl wieder verwertbar zu machen. Man könne beruhigt sein, antwortete Heubach auf eine Nachfrage aus dem Publikum, dass belastetes Material nicht wieder verwertet werde. Auf die Frage, ob es unter den gebauten Wohnungen eine ausreichende Zahl an bezahlbaren Mietwohnungen geben werde, erklärte er, dass sie ursprünglich die Hälfte der neuen Wohneinheiten zu Miete anbieten wollten. Ob das unter den jetzigen Bedingungen auf dem Markt realisierbar sei, könne er nicht beantworten. Der Oberbürgermeister betonte, dass es im Moment das wichtigste sei, überhaupt zu bauen. Dietmar Markmiller betonte, dass man der Sozialbau volles Vertrauen schenken sollte, weil sie das Wort „sozial“ in ihrem Namen sehr ernst nehme.
Investitionen in die Zukunft
Oberbürgermeister Kiechle gab einen Einblick in die städtischen Finanzen und hob hervor, dass die meisten Investitionen in die Bereiche Schule und Kinderbetreuung fließen, die für die Stadt eine Pflichtaufgabe darstellen. Dietmar Markmiller erwiderte, dass aus den Kindern junge Menschen und Erwachsene werden, die in einem attraktiven Kempten leben wollen. Dafür brauche man nicht nur Schulen, sondern auch andere Investitionen in die Zukunft.