„Vielleicht muss die Geschichte des Universums neu geschrieben werden“ – Forscher erschüttern die Kosmologie
Ist die kosmische Hintergrundstrahlung ein Überrest des Urknalls? Neue Hinweise könnten das Standardmodell der Kosmologie ins Wanken bringen.
Bonn/Prag – Wenn die Forschung mit hochempfindlichen Teleskopen ins Weltall schaut, kann sie die sogenannte „kosmische Hintergrundstrahlung“, auch genannt „kosmischer Mikrowellenhintergrund“, erkennen. Sie ist den gängigen Theorien zufolge ein Überbleibsel des Urknalls vor 13,8 Milliarden Jahren und erlaubt der Forschung einen Blick in die Anfangszeit des Weltalls. Die Anwesenheit der kosmischen Hintergrundstrahlung gilt auch als ein Beleg für die Urknall-Theorie, nach der das Universum vor 13,8 Milliarden Jahren plötzlich entstanden ist.
Ist ein Teil der kosmischen Hintergrundstrahlung etwas ganz anderes?
Ein Forschungsduo hat nun jedoch eine wichtige Entdeckung gemacht und daraus eine unerwartete Hypothese abgeleitet. „Unseren Berechnungen zufolge könnte es sein, dass diese Hintergrundstrahlung gar nicht existiert“, erklärt Prof. Dr. Pavel Kroupa, der an der Universität Bonn und der Karls-Universität in Prag forscht. Er ergänzt: „Zumindest sind wir davon überzeugt, dass sie hinsichtlich ihrer Stärke überschätzt wurde.“ Kroupa hat gemeinsam mit Dr. Eda Gjergo (Universität Nanjing) eine Gruppe von elliptischen Galaxien untersucht – diese Art von Galaxien gelten als die ersten Galaxien, die sich im jungen Universum gebildet haben.
Sterne in frühen Galaxien hatten eine enorme Leuchtkraft
Kroupa erklärt, worum es geht: „Das Universum dehnt sich seit dem Urknall aus, wie ein Hefeteig, der aufgeht. Dadurch vergrößert sich der Abstand zwischen den Galaxien stetig. Wir haben gemessen, wie weit elliptische Galaxien heute voneinander entfernt sind. Auf dieser Basis und unter Berücksichtigung ihrer Eigenschaften konnten wir dann aus der Expansions-Geschwindigkeit zurückrechnen, wann sie entstanden sind.“ Die Ergebnisse des Forschungsteams zeigen, dass die Entstehung dieser Galaxien nur einige hundert Millionen Jahre dauerte – „das ist nach kosmologischen Maßstäben kurz“, ordnet Gjergo ein.

Die Sterne in diesen Galaxien hätten eine enorme Leuchtkraft gehabt, so die Forscherin, die gemeinsam mit Kroupa die Stärke dieser leuchtenden Sterne berechnet hat. Das Ergebnis: Das Sternenfeuer muss so hell geleuchtet haben, dass man es heute ebenfalls noch detektieren kann. „Unsere Berechnungen deuten daher darauf hin, dass ein Teil der kosmischen Hintergrundstrahlung eigentlich aus der Entstehung der elliptischen Galaxien stammt“, sagt Gjergo. „Und zwar mindestens 1,4 Prozent, möglicherweise aber sogar die gesamte Strahlungsmenge.“
Entdeckung mit möglichen Konsequenzen für das Standardmodell der Kosmologie
Stimmt die Annahme von Kroupa und Gjergo, hätte das möglicherweise Konsequenzen für das Standardmodell der Kosmologie, betont Kroupa. „Unsere Ergebnisse sind für das Standardmodell ein Problem. Vielleicht muss die Geschichte des Universums zumindest in Teilen neu geschrieben werden“, sagt der Forscher. Die Studienergebnisse wurden im Fachjournal Nuclear Physics B veröffentlicht. (tab)