Buchauszug „Es gewinnen alle oder keiner“ - Wenn Sie Weidel oder Wagenknecht zuhören, sollten Sie diese Tricks kennen
Donald Trump ist nach St. Charles im US-Bundesstaat Missouri gekommen, um den Menschen zu verweigern, was er angeblich für ihren größten Wunsch hält. Es ist Ende November 2017. Hinter dem Präsidenten kündigen vier Weihnachtsbäume die Feiertage an. Vor seinem Podium jubeln hunderte Anhänger. Trump ist kein Jahr Präsident, aber schon wieder im Wahlkampfmodus. Er setzt auf Populismus in Reinkultur.
Trump hebt die rechte Hand und grinst. Zählen Sie, wie oft er in dem, was er dann sagt, vom Gewinnen spricht:
„Wenn wir wollen, dass Amerika im 21. Jahrhundert gedeiht, müssen wir aufhören, vor den Wettbewerbern wegzurennen. Stattdessen müssen wir anfangen total zu gewinnen und zu gewinnen und wieder zu gewinnen. Wissen Sie noch, als ich gesagt habe: ‚Wir werden so viel gewinnen, wir werden gewinnen, dass die Menschen in Missouri zu ihrem Gouverneur gehen werden, und sie werden sagen: ‚Gouverneur, bitte gehen Sie zum Präsidenten. Wir halten es nicht mehr aus, so viel zu gewinnen.‘ Wissen Sie noch? Das habe ich immer gesagt. Stimmt‘s? Ich habe das immer gesagt, und das ist, was passiert. Das ist was passiert. Und dann wird der Gouverneur in dieses schöne, historische Oval Office kommen und er wird zu mir sagen: ‚Mister Präsident, die Menschen in Missouri halten das viele Gewinnen nicht aus. Sie wollen nicht so viel gewinnen. Sie lieben die alte Art, wo sie schlechte Jobzahlen, schlechte Wirtschaftszahlen, schlechtes Alles hatten. Das haben sie geliebt. Bitte Mister Präsident, bitte nicht.‘ Und ich werde sagen: ‚Es ist mir egal, was sie in Missouri sagen. Wir werden weiter gewinnen und gewinnen und gewinnen und gewinnen.‘ Wisst ihr noch?“
Für Trump besteht die Welt aus Gewinnern und Verlierern
Trump verwendet das Populismus-Grundmuster in Reinform: Wo Hitler vom Endsieg sprach, Stalin von der Weltrevolution und Putin vom Sieg über den Westen, zwängt auch Trump die Welt ins Gewinnen-oder-Verlieren-Schema.
Trump kritisiert sein Feindbild – die Demokraten und Amtsvorgänger Barack Obama – nicht wegen konkreter Maßnahmen. Er sagt nicht: „Hättet ihr vor fünf Jahren die Mehrwertsteuer gesenkt, ginge es der Autoindustrie besser.“ Oder: „Hättet ihr vor vier Jahren mehr für Infrastruktur ausgegeben, sparten wir uns heute Milliarden für Brückensanierungen.“
Trump beschimpft Obama und die Demokraten als „alte Art“, die nicht gewinnen will. Andere Populisten äußern diesen Vorwurf selten so deutlich wie er. Dennoch bildet er den Kern jedes Populismus.
Für Trump besteht die Welt aus Gewinnern und Verlierern. Die USA sollten alles tun, Gewinner zu sein. Dass Obama und die Demokraten nicht in diesem Schema denken, beweise ihre Schwäche. Sie seien zu feige und korrupt, um für Amerika gewinnen zu wollen.
Populisten predigen Feindbilder und im Kampf gegen Feindbilder geschieht Schreckliches
Seinen Zuhörern verspricht Trump, zu gewinnen, bis sie ihn anbetteln, mit dem Gewinnen aufzuhören. Denn, so die Botschaft, wenn das Land endlich gewinnt, wird alles besser – Wirtschaft, Arbeitsplätze, Lebensglück.
So einfach ist es leider nicht.
Was Trump in Missouri sagt und in ähnlicher Form ständig wiederholt, trifft eine politische Kernfrage: Sehen wir die Welt eher als Kampf jeder gegen jeden, in dem nur einer gewinnt und wir alles tun müssen, dieser eine zu sein? Oder sehen wir die Welt eher als Ort der Zusammenarbeit, in dem alle gemeinsam gewinnen oder verlieren?
Unsere Antwort entscheidet, wie wir uns politisch verhalten. Denken Sie an Mahatma Gandhi, Martin Luther King Jr. und Nelson Mandela auf der einen Seite, Adolf Hitler, Wladimir Putin und Mao Zedong auf der anderen. Die erste Gruppe veränderte die Welt und verbesserte die Leben von Millionen Menschen. Die zweite schuf Leid, das wir seitdem ausbessern. Warum?
Den ersten Erklärungsschritt kennen wir: Populisten predigen Feindbilder und im Kampf gegen Feindbilder geschieht Schreckliches. Doch gehen wir einen Schritt tiefer: Warum predigen Populisten Feindbilder? Wieso braucht das Denken von Hitler, Putin und Trump Bedrohungen, während Bürgerrechtler wie Gandhi und King ihren Anhängern Feindbilder ausreden?