Scharfe Kritik an Vorgehen der Bahn

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Die Bahn plant zwischen Hechendorf und Steinebach den zweigleisigen Ausbau. © hvp

Seit 28. Juni sind die Planfeststellungsunterlagen für den zweigleisigen Ausbau der S-Bahn-Trasse zwischen Steinebach und Seefeld-Hechendorf einsehbar, noch bis zum 29. Juli können Betroffene Einwendungen erheben. Nicht nur wegen des Zeitpunkts herrscht Unmut.

Hechendorf - Das ist eine große Aktion: Die Bahn will den S-Bahnhof Steinebach barrierefrei und die Trasse nach Seefeld-Hechendorf zweigleisig ausbauen (wir berichteten). Geplant sind bis zu vier Meter hohe Lärmschutzwände und auch der Umbau des beschrankten Bahnübergangs in Hechendorf. Die Bahn verschiebt zudem die Gleistrasse nördlich des Bahnhofs Hechendorf so, dass die Gleise an dortige Grundstücke heranrücken. Daher will die Bahn nun Teile dieser Grundstücke „dinglich sichern“. Dagegen und gegen die hohen Lärmschutzwände wächst Widerstand aus der Bevölkerung, zumal die Bahn für diesen Abschnitt in Bahnhofsnähe bei der S-Bahn eine Geschwindigkeit von 90 km/h ansetzt.

In der Gemeinderatssitzung am Dienstag riet Bürgermeister Klaus Kögel den Betroffenen: „Bringen Sie jeder für sich Ihre Einwendungen ein, um Ihre Rechtsposition abzusichern.“ Die Gemeinde habe keinen Einfluss, „weil wir nicht unmittelbar betroffen sind“, erklärte Kögel.

Die Kritik der Anwohner

Betroffen aber ist beispielsweise der Ingenieur Dr. Patrick Henkel, der mit seiner Familie an der Beermahd wohnt, wenige Meter von der Gleistrasse entfernt. Um etwa 1,50 Meter würde das Gleis an die dortigen Grundstücke heranrücken, beschreibt Henkel die Situation in einem Brief an die Gemeinde und Gemeinderäte und bittet, auch im Namen weiterer Betroffener, um Unterstützung. Dabei kritisiert er die „vollkommen überdimensioniert geplanten Schallschutzmaßnahmen“, die auf eine Streckengeschwindigkeit von 90 km/h ausgelegt seien. „Die berechneten Schallemissionen sind damit leider reine Mondwerte, da sämtliche S-Bahnen einschließlich der Express-S-Bahnen im Bahnhof Seefeld-Hechendorf halten und die tatsächliche Fahrgeschwindigkeit in Bahnhofsnähe (…) stets erheblich niedriger ist als die Streckengeschwindigkeit.“

Wegen der ebenfalls auf Tempo 90 km/h basierenden Verschiebung des Gleises in Richtung Wohnbebauung wolle die DB „erhebliche Teile unseres Grundstückes dinglich sichern für Rückschnittzonen“, erklärt Henkel. So soll laut Planfeststellungsunterlagen ein acht Meter breiter Streifen neben der Gleisachse gehölzfrei sein und in einem weiteren drei Meter breiten Streifen die Wuchshöhe auf vier Meter beschränkt werden. „Es ist nicht nachvollziehbar, warum ein zehn Meter von der Gleisachse entfernter Baum/Busch nur vier Meter hoch sein darf; auch bei einer Höhe von acht Metern ist es physikalisch unmöglich, dass dieser auf die Gleise fällt“, wundert sich Henkel.

Die Anwohner fürchten zudem Beschädigungen an ihren Häusern durch die Baumaßnahmen an den Gleisen. Henkel fragt sich auch, wie der zwei Kilometer lange Ausbau innerhalb des zwölf Kilometer langen eingleisigen Abschnitts zwischen Weßling und Herrsching zu einer signifikanten Verbesserung der Pünktlichkeit führen soll. Züge könnten sich lediglich innerhalb des zwei Kilometer langen Abschnitts überholen. „Da die Fahrzeit lediglich dort zwei Minuten beträgt, können damit auch nur Verspätungen von zwei Minuten ausgeglichen werden.“

Info-Gespräch geplant

Die Gemeinde Seefeld ist in das Vorhaben nur insoweit involviert, als die Bahn mehrere Grundstücke kaufen will, 650 Quadratmeter insgesamt. Außerdem geht es um Dienstbarkeiten, beispielsweise bei einer Rettungsgasse, die hinter dem Friedhof zum Gleis führen soll. Hinzu kommen Baustelleneinrichtungen während der Bauzeit auf Gemeindegrund, beispielsweise an der Lindenallee, Am Bahnhof und am Pilsenseebad. Dabei ist auch der Umbau des Bahnübergangs ein Akt: Dort, wo jetzt Verkehr und Fußgänger die Trasse gemeinsam queren, sollen nur noch Fußgänger und Radfahrer unterwegs sein. Für den Autoverkehr soll weiter südlich ein Übergang gebaut werden.

Ortwin Gentz (Grüne/BI) äußerte scharfe Kritik am Zeitplan der Bahn. „Die Bürger werden ausgebootet, so kurz vor den Sommerferien“, ärgerte er sich. Fraktionskollege Nikolas Rathert wünschte sich eine Art Ombudsmann oder -frau, an die sich die Anwohner wenden könnten. „Das sind alles Laien, und die Bahn organisiert sich das, wie es ihr passt.“ Claudia Winter (CSU) riet zu einem Fachanwalt und schlug vor, dass die Gemeinde ein Info-Gespräch zwischen Bahn und Betroffenen organisiert. Thomas Zimmermann (Grüne/BI) fand, dass sich die Bürger nicht alles bieten lassen müssten und hätte gern ein Schreiben für die Anwohner mit Tipps zur Vorgehensweise. Auch Stefan Futterknecht vom Bauamt war irritiert: „Es ist tatsächlich ein sehr unglücklicher Zeitpunkt, zumal wir im August keine Sitzung haben.“ Kögel: „Eine gewisse Absicht kann man da schon unterstellen.“ Das Gespräch mit Anwohnern und Bahn will die Gemeinde in die Wege leiten.

Die Unterlagen sind unter eba.bund.de/anhoerung bis 29. Juli einsehbar. Einwendungen können bis einschließlich 29. August erhoben werden. Sie sind in schriftlicher Form an das Eisenbahn-Bundesamt, Außenstelle München, Arnulfstraße 9/11, 80335 München oder per Mail an sb1-muenrb@eba.bund.de zu richten.

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