„Warten seit acht Jahren“: Energiewende-Projekt stockt - Stadtwerke-Chef kritisiert Behörden

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Der Wasserfall am Waldramer Wehr soll künftig Turbinen antreiben – wenn denn irgendwann die Behörden dem Plan zustimmen. © Sabine Hermsdorf

Bei einem Treffen der Future-Aktivisten erklärt der Chef der Tölzer Stadtwerke, warum immer noch keine Wasserkraft im Kanal erzeugt wird.

Wolfratshausen – Bis es so weit ist, wird noch sehr, sehr viel Wasser den Kanal hinunterfließen. Das Warten auf eine Genehmigung für das Wasserkraftwerk zwischen Farchet und Waldram verlangt den Beteiligten viel Geduld ab. Beim Treffen der Wor-for-Future-Initiative am Donnerstagabend legte einer der Geschäftsführer der Betreiberfirma den rund 20 Gästen dar, woran es hapert beim Wasserkraft-Ausbau.

Walter Huber ist Chef der Tölzer Stadtwerke – und in dieser Rolle maßgeblich mitverantwortlich für die Planungen im Loisach-Isar-Kanal. Gemeinsam mit dem Bayernwerk hat der Tölzer Energieversorger eine Gesellschaft für die Stromgewinnungen aus dem Kanal gegründet. Und das vor Jahren. Seither ist auf dem Energiesektor wahnsinnig viel passiert, zwischen Farchet und Waldram jedoch gar nichts.

Wasserkraft für 3000 Haushalte: Projekt kommt nicht vom Fleck

Seit 2016 wartet die Gruppe auf eine Genehmigung. Angedacht ist, das Gefälle etwas zu erhöhen, indem unterhalb des Wasserfalls gegraben wird. Dann würde das Wasser aus etwa 4,50 Meter Höhe in die Tiefe stürzen und die Turbinen so antreiben, dass auch bei einer minimalen Wasserführung Energie erzeugt werden kann. „Ich habe wegen des Projekts einem Umweltminister nach dem anderen geschrieben“, erklärte Huber. Die Antwort lautete stets, dass die Anträge der Gesellschaft nicht vollständig seien. „Mein Eindruck ist, dass es so etwas wie einen vollständigen Antrag gar nicht gibt. Selbst, wenn mal alles da wäre, wird noch irgendeine Fischart erfunden, die im Antrag fehlt.“ Eine Rückmeldung der Oberen Naturschutzbehörde steht aus – und einer Umsetzung der Pläne im Weg. „Wir warten seit acht Jahren. Im Schnitt dauert’s in Bayern etwa zwölf Jahre“, so Huber.

Treffen von Wor for Future
Besprechung im Nebenraum: Die Future-Initiative Wolfratshausen hatte zum Monatstreffen eingeladen. © Hans Lippert

Die Vorzeichen für Energie aus dem Kanal könnten sich demnächst erheblich verschlechtern: Im Jahr 2030 laufen die Wasserrechte des Konzerns Uniper für die Energienutzung am Walchensee aus und müssen neu geregelt werden – was direkte Auswirkungen auf den Loisach-Isar-Kanal haben könnte.

Wasserkraftwerk in Wolfratshausen geplant - Zwischen Farchet und Waldram soll Energie erzeugt werden

Huber hält die Chance einer gravierenden Änderung aber für klein: „Niemand, der ein Wasserkraftwerk betreibt, hat ein Interesse daran, es abzugeben“ und ein Minimalzufluss in den Kanal müsse aus ökologischen Gründen gesichert sein. Aber die Wirtschaftlichkeit eines Kraftwerks im Wolfratshauser Stadtgebiet stehe und falle mit dem Durchfluss. „Für die Stadtwerke Tölz wäre es in Ordnung, wenn eine schwarze Null bei dem Projekt rauskommt und es Strom produziert.“ Der Geschäftspartner Bayernwerk habe aber andere Renditevorgaben. Huber hält das Kraftwerk bei allen Unwägbarkeiten für ein sinnvolles Unterfangen: „Risiken sind da, ja. Aber die Chancen sind auch immens.“ Etwa 3000 Haushalte sollen mit der Wasser-Energie der neuen Anlage versorgt werden.

Kauft die Stadt Anteile am Kraftwerk: Umweltreferent äußert Idee

Der Umweltreferent des Stadtrats, Dr. Hans Schmidt, brachte am Donnerstagabend die Überlegung ins Spiel, dem Energiekonzern seine Anteile – 60 Prozent sind es – abzukaufen, um geringere Gewinnvorgaben zu benötigen. „Würde das das Projekt beschleunigen?“ Huber: „Dann lässt sich es vielleicht schneller realisieren. Aber die Anteile wird das Bayernwerk nicht umsonst hergeben.“ Die Stadt Wolfratshausen würde laut Vereinbarung ohnehin mit bis zu 20 Prozent am Kraftwerk beteiligt, wie Huber erklärte – von welchem der beiden beteiligten Energie-Unternehmen die Anteile stammen, sei noch unklar.

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Im Jahr 2017 hatte der Stadtrat eine Grundsatzentscheidung für den Bau des Kraftwerks getroffen. Vor vier Jahren wurden die Pläne letztmals verbessert. „Leider kann man im Wasserrecht nicht auf Untätigkeit klagen“, sagte Huber. Deshalb bleibe vorerst nur das Warten auf die Behörden – so wie bisher. Die Verzögerung und Unklarheit im Loisach-Isar-Kanal sei symptomatisch. „Die Energiewende ist kein technisches Problem. Sie ist ein Koordinationsproblem.“

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