EEG-Umlage - Energiepreise negativ: Solarstrom-Erfolg kostet Bundesregierung jetzt Milliarden

 

Dieser Verlust wird vom Staat ausgeglichen. Er hat dafür ein spezielles Konto eingerichtet, das EEG-Konto. Auf dieses zahlten bis 2022 die Verbraucher ein. Mit jeder verbrauchten Kilowattstunde gingen ein paar Cent EEG-Umlage auf das EEG-Konto. Weil mit der Energiekrise die Stromkosten aber in die Höhe schossen, wollte die Bundesregierung die Verbraucher entlasten und übernimmt deswegen die EEG-Umlage seit vergangenem Jahr komplett selbst. Die Entschädigungen für die Netzbetreiber werden jetzt also aus allgemeinen Steuermitteln bezahlt.

Dafür wiederum muss der Staat das EEG-Konto füttern. Für dieses Jahr hatte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) dafür einen Posten von 10,6 Milliarden Euro im Bundeshaushalt vorgesehen. Doch schon nach sechs Monaten ist absehbar, dass diese Summe bei weitem nicht reichen wird. Im ersten Halbjahr wurden vom EEG-Konto bereits 9,8 Milliarden Euro ausgezahlt. Lindner schoss 8,8 Milliarden Euro nach, doch es ist fraglich, ob selbst das bis Jahresende reicht. Die tatsächlichen EEG-Kosten könnten am Ende mehr als doppelt so hoch liegen wie geplant.

Das plant die Bundesregierung kurzfristig

Auf der einen Seite ist das eigentlich eine gute Sache, denn die EEG-Kosten steigen nur wegen des Erfolges der günstigen erneuerbaren Energien. Auf der anderen Seite wird durch die staatlich garantierte Einspeisevergütung daraus aber ein sehr kostspieliges Unterfangen für den Staat. Der steuert deswegen dagegen. In der im Juli beschlossenen Wachstumsinitiative wird das EEG-Problem mit zwei Maßnahmen bedacht. Erstens soll die Vergütung bei negativen Strompreisen ab 1. Januar 2025 wegfallen. Ausgenommen davon sind schon bestehende Anlagen, die eben unter anderen Voraussetzungen gebaut wurden, und kleine Anlagen, bei denen der administrative Aufwand dafür zu hoch wäre. Zweitens soll die Einspeisevergütung nur noch für neue Anlagen mit weniger als 25 Kilowatt Leistung gelten statt wie bisher bis 100 Kilowatt. Die Grenze wird ab 2025 in drei Jahresschritten heruntergesetzt.

Die erste Maßnahme ist eine kleinere Änderung als es scheint. Erstens steigt zwar die Zahl der Stunden mit negativen Strompreisen, aber 224 Stunden in einem Halbjahr machen trotzdem gerade einmal fünf Prozent der Zeit aus. Zudem gilt bereits jetzt eine Grenze: Dauert eine Phase mit negativen Strompreisen mindestens drei Stunden an, wird die Einspeisevergütung sowieso ausgesetzt. Die Wachstumsinitiative verkürzt diese Dauer als nur von 3 auf 0 Stunden. So kurze Phasen mit negativen Strompreisen machen aber wiederum nur 5 Prozent der 224 Stunden aus – es ist also eher eine kosmetische Maßnahme, die kurzfristig kaum Geld spart.

Anders sieht es bei der Absenkung der maximalen Größe einer Anlage aus. Wer heute eine Solaranlage mit mehr als 100 Kilowatt Leistung baut, muss seinen Strom direkt an der Börse vermarkten. Sinkt der Preis dort, bekommt er eben auch weniger, der Staat springt hier nicht ein. Wenn diese Grenze gesenkt wird, müssten ab 2027 eben auch Betreiber neu gebauter Anlagen ab 25 Kilowatt den Strom selbst vermarkten. Der Staat spart dann also die Einspeisevergütung für alle neuen Anlagen im Bereich von 25 bis 100 Kilowatt.

Diese machen aktuell einen überschaubaren Anteil aus. Die TU Darmstadt hat für das Handelsblatt ausgewertet, dass derzeit 47 Prozent aller neu gebauten Solaranlagen über 100 Kilowatt liegen. Zwischen 25 und 100 Kilowatt liegen rund 14 Prozent der Anlagen. Nur diese wären dann also zusätzlich von der Einspeisevergütung ausgenommen. In Euro dürfte der Anteil höher liegen, da es sich um die größten Profiteure der Einspeisevergütung handelt, aber genaue Zahlen sind schwer auszumachen. Unklar ist auch, ob eine Änderung der Regelung zu einer Verhaltensänderung bei den Anlagenbetreibern führt, also etwa vermehrt kleinere Anlagen gebaut werden.

Das plant die Bundesregierung langfristig

Langfristig soll die EEG-Umlage ein Auslaufmodell sein. Mit der Einspeisevergütung sollen Anlagenbetreiber für die hohen Anschaffungs- und Installationskosten entschädigt werden. Der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) legte gerade erst vergangene Woche einen Entwurf dafür vor, wie das EEG ab 2027 reformiert werden könnte. Eine Idee wäre, dass Anlagenbetreiber dann zwar immer noch geringe Vergütungssätze als heute erhalten, aber umgekehrt Geld an den Staat zahlen müssen, wenn ihre Einnahmen über der Einspeisevergütung liegen.

Die Bundesregierung plant laut der Wachstumsinitiative langfristig zwei Maßnahmen: Erstens soll die Einspeisevergütung abgeschafft und durch eine Investitionskostenförderung ersetzt werden. Dabei bekämen Anlagenbetreiber nur noch Zuschüsse für den Bau neuer Wind- und Solaranlagen, aber keine mehr für den Betrieb. Daneben sollen auch Solaranlagen an einem möglichen Kapazitätsmarkt teilhaben können. Bei diesem würden Anlagenbetreiber dafür entschädigt, dass sie Stromkapazitäten vorhalten, die ins Netz eingespeist werden, sollten die Kraftwerke in Deutschland zu einer bestimmten Zeit weniger Strom liefern als gerade benötigt wird. Originär ist dieser Kapazitätsmarkt für Gaskraftwerke gedacht, die dann angeworfen werden könnten. Die Ampel-Koalition plant, denselben Mechanismus aber auch für Anbieter von Stromspeichern anzubieten. Diese Stromspeicher könnten Betreiber dann mit günstigem Solar- und Windstrom füllen, wenn ein Überangebot an diesem herrscht und teurer verkaufen, wenn Strom benötigt wird. Zudem würden sie für die Speicherung eine geringe Entschädigung erhalten. Details sind aber noch nicht bekannt, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte seinen Parteikollegen zuletzt nur, man würde verschiedene Modell durchtesten.

Folgen Sie dem Autor auf Facebook

Folgen Sie dem Autor auf Twitter