„Sterben der Chöre“ geht weiter: Münsinger Kammerchor St. Georg gab sein letztes Konzert
Bei einem Gottesdienst in der Ammerlander Kirche St. Peter gab die Chorgemeinschaft St. Georg vor ihrer Auflösung ein letztes Konzert.
Ammerland – Die Gottesdienste im katholischen Pfarrverband Münsing werden künftig um einen musikalischen Glanzpunkt ärmer sein. Die Chorgemeinschaft Sankt Georg, deren Hauptaufgabe 23 Jahre lang darin bestand, in den Kirchen in Münsing, Ammerland, Degerndorf, Holzhausen und Eurasburg zu singen, ist Geschichte. Am Sonntag, dem Christkönigstag, gestalteten die 15 Sängerinnen und Sänger unter der Leitung von Ludwig Ettmayr zum letzten Mal die Messe in St. Peter in Ammerland.
Von der Empore erklang unter anderem der Hymnus „Gloria in excelsis Deo“, auf den Pfarrer Martin Kirchbichler in seiner Predigt einging. Das Loblied werde auch in der anglikanischen Kirche gespielt, zuletzt bei der Krönung von König Charles III. in der Westminster Abbey, sagte Kirchbichler. Neben dem „Gloria“ waren noch einmal wunderschön das „Kyrie eleyson“ und das „Agnus Dei“ zu hören.
Den Höhepunkt des Gottesdienstes bildete die von Ludwig Ettmayr selbst komponierte „Missa brevis“. Der 86-jährige pensionierte Volkschul- und Realschullehrer sowie staatlich geprüfte Chorleiter hat die kurze Messe seiner Frau zu deren 80. Geburtstag gewidmet. Sie wurde am Dreikönigstag dieses Jahres uraufgeführt, mit Streichern und Bläsern colla parte, also als dezente Begleitung. Für den scheidenden Chorleiter war das eines der schönsten Erlebnisse während seiner ehrenamtlichen und komplett unentgeltlichen Tätigkeit.
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„Aber wenn es am schönsten ist, soll man bekanntlich aufhören“, sagt der Holzhauser. Weil sich weder für ihn ein Nachfolger fand, noch neue, jüngere Sängerinnen und Sänger den Kammerchor unterstützen wollten, löste er sich am Sonntag auf. „Wir haben darüber demokratisch abgestimmt“, so Ettmayr im Gespräch mit unserer Zeitung.
Nach rund 300 Auftritten – Chorgemeinschaft St. Georg sang ein letztes Mal
Rund 300 Mal erfreute der freie Chor die Gläubigen bei verschiedenen kirchlichen Anlässen, von Hochzeiten und Beerdigungen über die Christmette bis zur Mai-Andacht. Dabei war es der Chorgemeinschaft stets wichtig, sämtliche Kirchen der Gemeinde zu berücksichtigen. „Alles hat seine Zeit, auch das Abschiednehmen“, sagte Pfarrer Kirchbichler im Anschluss an den Gottesdienst. Die Kirchenmusik in Münsing sei über drei Jahrzehnte lang durch das Ehepaar Ludwig und Erika Ettmayr bereichert worden.

Erika Ettmayr sang selber, sie unterstützte ihren Mann und leitete von 2000 bis 2006 einen Kinderchor zur Gestaltung der Erstkommunion. Mit ihrem Mann organisierte sie viele schöne Chorausflüge „Sie beide haben immer stark zum Zusammenhalt im Pfarrverband beigetragen“, lobte Kirchbichler das rührige Ehepaar. Er empfinde Demut, weil eine Ära zu Ende gehe und Dankbarkeit, dass die Ettmayrs ihr musikalisches Charisma in den Pfarrverband eingebracht hätten.
Für ihr langjähriges Engagement bekamen die beiden eine Urkunde des Erzbistums verliehen. Die Pfarrverbands-Vorsitzende Martina Böhm-Seifert überreichte ihnen einen adventlich geschmückten Esskorb.
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Der Anlass zur Gründung der Sängervereinigung 1990 war eigentlich ein trauriger. Ein Jahr zuvor war die Tochter der Ettmayrs mit nur 23 Jahren an Krebs verstorben. Zum Jahrestag trafen sich die Familie, Verwandte und Bekannte zum gemeinsamen Beten und Singen. Daraus entstand die Chorgemeinschaft Sankt Georg, die fortan jede Woche kostenlos im alten Schulhaus von Holzhausen, das der Gemeinde gehört, proben durfte.
Den ehrenamtlichen Ruhestand haben sich Erika und Ludwig Ettmayr wohlverdient. Er sang neben seiner Chorleitertätigkeit 35 Jahre lang im Isura-Madrigal-Chor, beide wirkten 30 Jahre lang im Kirchenchor Wolfratshausen mit. Künftig freuen sie sich auf den passiven Musikgenuss. Ihr Sohn ist Berufssänger beim Chor des Bayerischen Rundfunks und tritt regelmäßig im Prinzregententheater in München auf.
Ludwig Ettmayr blickt ein wenig mit Sorge auf die Zukunft der Laienchöre. Es werde immer schwieriger, Menschen, vor allem Männer, fürs Singen zu begeistern, sagt er. Die musikalischen unter ihnen würden oft lieber in einer Blaskapelle ein Instrument spielen. „Dieses Sterben der Chöre macht mich traurig.“ TANJA LÜHR
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