FDP-Streit wegen Schuldenbremse: Kubicki stellt sich gegen Lindner
Schuldenbremsen-Knall in der FDP: Kubicki stellt sich gegen Lindner - „erhebliche Vertrauensprobleme“
Die Ampel-Koalition plant, die Schuldenbremse auszusetzen. Teile der FDP sehen solche Überlegungen kritisch und warnen vor „Buchungstricks“.
Berlin – Wolfgang Kubicki hat sich gegen die von Finanzminister Christian Lindner beabsichtigte Aussetzung der Schuldenbremse gestellt. „Ein solcher Schritt ist aus meiner Sicht schwer vermittelbar“, sagte der FDP-Bundesvize den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Freitag, 24. November). Eine erneute Aussetzung der Schuldenbremse sei zwar rechtlich möglich, jedoch würde sie „erhebliche Vertrauensprobleme“ schaffen.
Kubicki forderte hingegen einen Paradigmenwechsel in der Haushaltspolitik. Es müsse zwingend über eine Reduzierung bestimmter Staatsausgaben gesprochen werden. „Dass wir zum Beispiel deutlich über 30 Milliarden Euro für Entwicklungshilfe zahlen, ist angesichts der Schwere des haushälterischen Problems schwer vermittelbar“, sagte der Vizepräsident des Bundestages. Ein Austritt der FDP aus der Ampelkoalition kommt für Kubicki jedoch nicht infrage. „Die Freien Demokraten stehlen sich nicht aus ihrer Verantwortung“, sagte er.
Klatsche für Lindner: Kubicki sieht Überlegungen zur Schuldenbremse „kritisch“
Als Konsequenz aus dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts will die Ampel-Koalition in diesem Jahr erneut die Schuldenbremse aussetzen. Lindner kündigte dazu am Donnerstag einen Nachtragshaushalt an. Mit einem Nachtragshaushalt für dieses Jahr werde die Regierung dem Bundestag „einen Beschluss für die Feststellung einer außergewöhnlichen Notlage für das Jahr 2023 vorschlagen“, schrieb Lindner im Onlinedienst X. Dies ist die Voraussetzung für eine Aussetzung der Schuldenbremse. SPD und Grüne befürworteten die Entscheidung.

Schon zuvor hatte sich Kubicki gegen die Ausrufung einer neuen fiskalpolitischen Notlage für die Jahre 2023 und 2024 gestellt. Er sehe solche Überlegungen „kritisch“, sagte Kubicki bereits am Donnerstag. „Denn faktisch entsteht die Notlage ja durch die Auswirkungen der jüngsten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes – und nicht durch neue, eine Notlage rechtfertigende Erkenntnisse“, fügte der Politiker an.
Schuldenbremse: FDP-Haushaltsexperte sieht keine Notlage
„Wir sollten jeglichen Eindruck vermeiden, dass mit vermeintlichen oder tatsächlichen Buchungstricks eine selbstgeschaffene problematische Lage überbrückt werden soll“, sagte Kubicki. Auch FDP-Haushaltsexperte Frank Schäffler lehnte derartige Überlegungen ab. „Die Frage einer Notlage für 2024 sehe ich derzeit nicht. Sie hätte unter den aktuellen Umständen vor dem Verfassungsgericht auch keinen Bestand“, sagte er der Rheinischen Post.
Die Erklärung der Notlage würde ein Aussetzen der grundgesetzlich fixierten Schuldenbremse erlauben. Im Grundgesetz ist verankert, dass eine Nettokreditaufnahme in Höhe von maximal 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gestattet ist. Der Bund kann aber eine Ausnahmeregelung in Anspruch nehmen bei Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen.
Die Bundesregierung aktivierte diesen Mechanismus während der Coronapandemie und in der Energiepreiskrise wegen des Ukraine-Kriegs. Unter Experten ist allerdings umstritten, ob dies aktuell gerechtfertigt und mit dem Karlsruher Urteil vereinbar wäre. (skr/afp)