„Damit fahren wir sehr gut“: Bio-Läden im Tölzer Land ändern nach Umsatzrückgängen Strategie

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Als die Kunden während der Inflation sparsamer wurden, gerieten viele Bio-Läden in die Krise. Mittlerweile hat sich die Lage im Landkreis wieder gewandelt.

Bad Tölz-Wolfratshausen – „Biobranche hat zu knabbern“ lautete vor zwei Jahren eine Überschrift im Tölzer Kurier. Biomärkte und Naturkostläden deutschlandweit wie auch im Landkreis litten zu jener Zeit unter Umsatzrückgängen. Infolge der hohen Inflation und der gestiegenen Energiepreise waren viele Kunden sparsamer geworden. Mittlerweile aber sind die Biohändler vor Ort wieder auf Kurs.

Mehr günstige Produkte im „Alpenbiomarkt“

Neu ausgerichtet hat sich ab Mitte 2023 der „Alpenbiomarkt“ in Bad Tölz. Inhaber Andreas Wegler setzte verstärkt auf ein Basissortiment einer bekannten Eigenmarke, das preislich auf dem Niveau der Bio-Eigenmarken der Supermärkte liegt – „nur dass die Qualität bei uns besser ist“. Davon ist Wegler überzeugt, und das hätten wohl auch viele Kunden festgestellt, meint er. „Wir merken, dass das Konzept funktioniert, und stellen kontinuierliche Steigerungen fest.“ Beim Umsatz sei der „Alpenbiomarkt“ wieder auf dem Niveau von vor der Krise angekommen. „Und ich denke, dass wir dieses Jahr weiter dazugewinnen können.“

Wegler registriert vor allem, dass das Interesse am Thema Regionalität gestiegen sei. Das bediene der „Alpenbiomarkt“ zum Beispiel mit „regionalem Gemüse und Kräutern vom Frühling bis in den Spätherbst“ unter anderem vom Hofgut Letten in Bad Heilbrunn oder mit Fleisch- und Wurstwaren aus den Herrmannsdorfer Landwerkstätten in Glonn. „Wir waren mit vielen kleinen Schritten sehr erfolgreich“, sagt Wegler.

„Biodelokat“ in Bad Tölz profitiert von Edeka-Schließung

Umsatzrückgänge verzeichnete vor zwei Jahren auch das „Biodelikat“ an der Tölzer Bad㈠straße. Damals musste das Geschäft sogar zwei Mitarbeiter entlassen. Heute klingt Geschäftsführer Stefan Gritzbach weitaus optimistischer. „Bei uns läuft es gut“, sagt er auf Anfrage unserer Zeitung.

Zuletzt hat sich für den Bioladen viel getan. Anfang 2024 profitierte das Geschäft als verbliebener Nahversorger für die Innenstadt von der Schließung des Marktstraßen-Edeka. Zuletzt wurde der Laden nach einem Wasserschaden umfassend saniert. „Wir haben das Beste aus dieser unglücklichen Situation gemacht, den Laden umgestaltet und auch das Sortiment verändert“, sagt Gritzbach. Jetzt zeige sich der positive Effekt.

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Kunden über den Preis anlocken? „Da haben wir als Lädchen mit gerade einmal 90 Quadratmetern Verkaufsfläche keine Chance“, sagt Christian Kohn vom „Loth Hof“ in Münsing. Für sein Geschäft beschreibt er die Entwicklung so: „Corona hat uns wie dem gesamten Lebensmittelhandel ein Hoch gebracht, danach sind wir wieder auf ein Normalniveau geschrumpft und konnten uns seither auf dem Vor-Corona-Level stabilisieren.“

Konzentration auf Kernkompetenzen am „Loth Hof“ Münsing

Jetzt müsse „jeder schauen, wo seine Stärken sind, und diese herausarbeiten“, erklärt der Geschäftsmann. Im Fall des „Loth Hofs“ seien es die „individuellen Angebote und Alleinstellungsmerkmale“, so Kohn. „Wir führen Eier vom eigenen Hof, handgemachte Pasta und handgemachte Pralinen“, zählt er auf. Und man finde im „Loth Hof“ Käsesorten, die es sonst nur in sehr guten Fachgeschäften gebe. Durch solche Besonderheiten „können wir uns seit 28 Jahren halten“.

Auf Individualität setzen Bettina und Christian Kohn vom „Loth Hof“ in Münsing.

Beim Lieferunternehmen „Bio-Box“ in Reichersbeuern habe es in den vergangenen Jahren „ein Auf und Ab“ gegeben, berichtet Geschäftsführer Georg Miederer. In der Corona-Zeit habe man versucht, auch die starke Nachfrage bei Trockenprodukten bis hin zum Toilettenpapier zu befriedigen. Der organisatorische Aufwand sei groß gewesen. „Dann aber sind viele Kunden nach drei bis vier Wochen wieder abgesprungen“, erinnert sich Miederer.

Anziehende Umsatzzahlen bei der „Bio Box“ Reichersbeuern

Die „Bio-Box“ zog ihre Lehren und konzentrierte sich auf ihre „Kernkompetenzen“. „Wir setzen verstärkt auf das Frischesegment und vermarkten einen höheren Anteil Gemüse, Obst und Käse“, sagt Miederer. „Das Zusatzsortiment haben wir gestrafft, und damit fahren wir sehr gut.“

Momentan verzeichne man „leicht anziehende Umsatzzahlen“, erklärt der Geschäftsführer des Reichersbeurer Betriebs. Die Verbraucher werden nach Miederers Beobachtung „immer sensibler und schauen auf Qualität“. Das „stetige, langsame Wachstum“ ist ihm ganz recht. Immerhin müsse die steigende Nachfrage auch erst einmal „intern und mit den Zulieferern bewältigt werden“. (ast)