Gut, dass Lachen noch nicht verboten ist: So rettet "Kanu des Manitu" die Frechheit

Es gibt Erfolge, die traurig machen – und mit einem bin ich in diese Woche gestartet. Da sendet SAT.1 den „Schuh des Manitu“. Die Kino-Komödie ist inzwischen ein Klassiker unserer Wiederholungskultur im Free TV, sie läuft jedes Jahr ein bis zwei Mal. Und was soll ich sagen: An diesem Abend 2025 ist Bully Herbigs Überraschungserfolg plötzlich wieder ein Fernseherfolg.

Zu viele Schisser ohne Courage, die Schabernack den Spaß austreiben

So viele Zuschauer wie seit acht Jahren nicht mehr schauen sich den wilden Western wieder an – wohl in Vorfreude auf den Nachfolger, der 24 Jahre später diese Woche in den Kinos gestartet ist. 

Das ist schön. 

Und das Traurige? 

Ganz im Ernst: Es ist völlig undenkbar, dass eine solche Komödie wie der „Schuh des Manitu“ heute noch einmal veröffentlicht würde. Da gibt es viel zu viele Hilfspolizisten des so genannten guten Geschmacks, übereifrige Ordnungshüter der Political Correctness, Moralwächter der verkniffensten Sorge – kurz: Schisser ohne jede Courage, die dem Schabernack den Spaß austreiben würden.

Wenn einer das darf, dann Bully Herbig

Okay, das Gegenargument zählt. Der Nachfolger „Das Kanu des Manitu“ ist diesen Donnerstag erfolgreich und mit viel Aufsehen in den Kinos angelaufen. Aber: Ohne die 11,7 Millionen Kinobesucher und 65 Millionen Euro Einspielergebnis der Erstauflage im Kreuz hätten die Bedenkenträger mit Sicherheit dieses Drehbuch zu Grabe getragen. Wie wahrscheinlich so unendlich viele andere, randvoll mit Kreativität und Frechheit, die in den Schubladen der Fernsehsender und Filmproduzenten vor sich hin vergammeln.

Das Kanu des Manitu
„Raushauen kann man es immer noch“: Christian Tramitz und Michael „Bully“ Herbig in „Das Kanu des Manitu“. herbX film/Constantin Film/Luis Zeno Kuhn

Pippis Papa musste zum „Südseekönig“ umschulen

Der Zeitgeist ist ein Ungeist. Was konnte, sollte, musste nicht schon alles verschlimmbessert werden. Wir erinnern uns an Pippi Langstrumpf und ihren Vater, der als Herrscher des Taka-Tuka-Landes den Titel „Negerkönig“ trug. Inzwischen hat er zum „Südseekönig“ umgeschult. Das ist noch nachvollziehbar, der Verzicht aufs „N-Wort“ beschädigt die Geschichte nicht ernsthaft.

Doch hat dieses Los, dass aus heutiger Sicht zensiert werden soll, was aus damaliger Sicht in allerbester Ordnung war, die ganze Riege der Kinderbuch-Autoren getroffen. „Die kleine Hexe“ durfte Kinder nicht mehr mit dem Besen „durchwichsen“, sondern musste sie verhauen. In den „Lurchi“-Abenteuern ist das „Negerlein“ zu einem „Schornsteinfegerlein“ geworden. Bei Mark Twain wurde „Nigger“ durch „Sklave“ ausgetauscht. Und ganz nebenbei wurde gleich noch einiges glattpoliert, was Kindern von heute pädagogisch nicht mehr zugemutet werden kann.

Die Öffentlichen hätten Herbigs Drehbuch total verhunzt

Stellen wir uns vor, Bully Herbig wäre anno 2025 ein unbekannter Drehbuchautor und hätte sein Werk an eine öffentlich-rechtliche Fernsehanstalt geschickt. Was wäre daraus wohl geworden? Eine Patchwork-Familie beschließt mit einer dunkelhäutigen Freundin, die ihre sexuelle Identität sucht, und einem schwulen Freund aus Asien in Richtung des amerikanischen Westens zu ziehen, um dort im Einklang mit der Natur eine Bio-Farm zu gründen. Sie drohen mit dem Projekt zu scheitern, bis Ureinwohner ihnen das Wissen und die Kultur der Vorfahren nahebringen. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann langweilen sie noch heute.

Tunte – aber ein echter Kämpfer

Es ist ein Verdienst von Bully Herbig, dass es ihm gelungen ist, die wesentliche Frechheit seiner Geschichte über fast ein Vierteljahrhundert zu retten. Der schwule Winnetouch bleibt  gnadenlos tuntig, auch wenn er inzwischen ein echter Kämpfer geworden ist. Und die „kulturelle Aneignung“, also die Ansammlung der nebensächlichsten Fragen: Dürfen weiße Musiker Reggae spielen und kann ein Kind im Indianerkostüm zum Fasching? Da paddelt das „Kanu des Manitu“ tatsächlich in turbulentem Gewässer. Bully Herbig mogelt sich durch, indem sein Häuptling Abahachi halbdeutscher Herkunft ist und von den Apachen großgezogen wurde. Kann man mögen. Muss man nicht.

Lachtränen – aber nicht ohne Trauer

Versuchen wir es einfach umgekehrt. Ist es okay, wenn Menschen aus Asien in ein paar Wochen in Lederhosen aufs Münchner Oktoberfest gehen? Diese Frage wird wohl am wenigsten Diskussionsbedarf auslösen. Wir Bayern sind halt doch liberal. Und all das Andere? Da gilt viel zu oft die andere bayerische Regel: Mögen hätten wir schon wollen, aber dürfen haben wir uns nicht getraut. Es ist schön, dass das Lachen zumindest noch nicht ganz verboten ist. Auch wenn sich 2025 unter die Lachtränen ein paar Tropfen Trauer mogeln.