Die Realität am Arbeitsmarkt: Ohne Ausländer bleibt die Küche kalt

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Weilheim
  4. Weilheim

KommentareDrucken

Das Küchenteam im Gasthof „Post“ in Eberfing: (v.l.) die Küchenhilfen Gabor Vidakovic (Serbien) und Vasyl Kryvoskeia (Ukraine), Koch David Tölgyesi, die Küchenhilfen Szilvia Nagy (beide Ungarn) und Gabriela Bica (Rumänien), Wirt Bernhard Schmidt-Pauly. © Foto: Gronau

Im Landkreis arbeiten derzeit knapp 7000 Ausländer in sozialversicherungspflichtigen Jobs – das sind zweieinhalb mal so viel wie 2010. Müssten sie das Land verlassen – wie das die Pläne der AfD vorsehen –, müssten einige Betriebe ihr Angebot stark einschränken, andere sogar ganz schließen.

Landkreis – „Den Betrieb in der Küche könnten wir ohne unsere ausländischen Arbeitskräfte nicht mehr aufrechterhalten“, sagt Bernhard Schmidt-Pauly, Pächter des Gasthofs „Zur Post“ in Eberfing. Rund zwei Drittel der Mitarbeiter in der Küche des auch bei Auswärtigen beliebten Gasthofs verfügen über keinen deutschen Pass, so Schmidt-Pauly.

Insgesamt zählt der Gasthof, der auch über Nebenräume und Zimmer verfügt, 19 Mitarbeiter. Fünf davon sind Ausländer. „Diese übernehmen viele Arbeiten, für die sich Deutsche oft zu schade sind“, so Schmidt-Pauly, der den Gasthof vor acht Jahren übernommen hat. Die Zusammenarbeit funktioniere bestens, das sehe man auch an der geringen Fluktuation. Ein Mitarbeiter ohne deutschen Pass arbeite schon seit über 20 Jahren im Gasthof.

Roche führt keine Statistik: „Der Pass spielt keine Rolle“

Menschen aus 81 Nationen arbeiten bei „Roche Diagnostics“ in Penzberg, Wie viele von den knapp 7700 Mitarbeitern Ausländer sind, kann Ferdinand von Reinhardstoettner, Sprecher der Unternehmenskommunikation von Roche in Penzberg, nicht sagen. Darüber führe man keine Statistik. Was er sagen kann: Ausländer seien in nahezu allen Bereichen des Unternehmens im Einsatz – auch als Führungskräfte. „Diverse Strukturen bringen einfach mehr Dynamik“, so von Reinhardstoettner weiter. Und Roche ist auch immer auf der Suche nach neuen Arbeitskräften: zur Zeit in den Bereichen „Forschung und Entwicklung“, wie Automationstechniker und Ingenieure im Maschinenbau oder in der Verfahrenstechnik“. Der Pass spiele dabei keine Rolle, so der Roche-Sprecher.

„Wir müssten zusperren, und zwar sofort“, antwortet Rainer Schlosser auf die Frage, was passieren würde, wenn im Weilheimer Bürgerheim keine Ausländer mehr arbeiten würden. Rund 120 Mitarbeiter, davon viele in Teilzeit, kümmern sich um die knapp 200 Bewohner des Seniorenheims an der Münchener Straße. Etwa 50 Mitarbeiter haben keinen deutschen Pass – „aber eine sehr hohe Motivation, in der Pflege zu arbeiten“, so Schlosser.

Anteil ausländischer Arbeitskräfte steigt kontinuierlich

Auch Mitarbeiter mit anfänglichen Sprachbarrieren würden sich rasch zurechtfinden. Früher habe man seitens des Bürgerheims sogar eigene Sprachkurse angeboten. Das sei heute nicht mehr nötig, das erledigten die Mitarbeiter aus eigenem Antrieb. „Die Leute, die diese Remigration wollen, sollten sich einfach mal überlegen, wer ihre Eltern oder sie einmal pflegen soll“, so Schlosser.

Die ersten Gastarbeiter kamen nicht erst in den 50er Jahren in den Landkreis. Schon zum Ende des 19. Jahrhundert halfen Italiener beim Ausbau der Bahnstrecken in der Region. Viele sind geblieben, das bestätigen beispielsweise die italienisch klingenden Namen alteingesessener Raistinger Familien.

Laut Arbeitsagentur stellen die Italiener aber längst nicht mehr die größte Gruppe an ausländischen Arbeitskräften im Landkreis. Mittlerweile arbeiten mehr Türken, Kroaten und Rumänien im Landkreis. Die meisten von ihnen sind im verarbeitenden Gewerbe, im Gesundheitswesen oder in der Gastronomie tätig. Der Anteil ausländischer Arbeitskräfte ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Mittlerweile hat mehr als jeder achte Arbeitnehmer im Landkreis keinen deutschen Pass. Seit 2010 hat sich der Anteil fast verdoppelt.

Auch interessant

Kommentare