Südafrika klagt: Israel muss sich in Den Haag Völkermord-Vorwurf stellen
Israel muss sich vor Gericht verantworten. Der Vorwurf des Völkermords wiegt schwer. Ein Eilverfahren Südafrikas soll schnelle Maßnahmen durchbringen.
Den Haag – Ab Donnerstag (11. Januar) muss sich Israel erstmals vor dem Internationalen Gerichtshof verantworten. Dem Staat wurde ein Verstoß gegen die UN-Völkermordkonvention beim militärischen Vorgehen im Gazastreifen vorgeworfen. Südafrika klagte Israel am 29. Dezember 2023 in einem Eilantragsverfahren an.
In dem Antrag wurde unter anderem die sofortige Beendigung des militärischen Einsatzes gefordert. So ist der Völkermord-Vorwurf nicht der Hauptteil der Klage, aber Teil der Begründung. Bevor die Richter über den Konflikt zwischen Israel und Südafrika entscheiden können, muss also erst ein möglicher Verstoß gegen die Völkermordkonvention evaluiert werden.
Viele Todesopfer in Gaza – Südafrika sieht „breiteren Kontext“
Südafrika begründete den Völkermordvorwurf unter anderem durch hohe Zahlen ziviler palästinensischer Opfer durch israelische Militärgewalt. Demnach seien seit Beginn des Krieges am 7. Oktober mehr als 21.000 palästinensische Opfer gefallen. Israel bekräftigte hingegen das Recht auf Selbstverteidigung nach dem Angriff der Hamas, bei dem rund 1200 Menschen getötet und 250 Personen entführt wurden. Etwa die Hälfte der Personen wurden bisher freigelassen.

Die Klage beinhaltete auch Ausweisungen und Massenvertreibung sowie den Versorgungsentzug von Nahrungsmitteln, Medizin und Hygiene. Die Handlungen Israels ließen sich laut Südafrika in einen „breiteren Kontext des Verhaltens Israels gegenüber den Palästinensern während seiner 75-jährigen Apartheid, seiner 56-jährigen kriegerischen Besatzung der palästinensischen Gebiete und seiner 16-jährigen Blockade des Gazastreifens“ stellen, so die Human Rights Watch.
„Vorläufige Maßnahmen“ durch Eilverfahren – Hauptverfahren zu Israel kann Jahre dauern
Hochrangige Delegationen von Rechtsexperten begleiten die beiden Staaten nach Den Haag. Am Donnerstag hat Südafrika das Wort, am Freitag folgt dann die Reaktion von Israel. Die Entscheidung über den Eilantrag für „vorläufige Maßnahmen“ wird in einigen Wochen erwartet, während sich das Hauptverfahren zum Völkermord-Vorwurf über mehrere Jahre ziehen kann. In dem Eilantrag forderte Südafrika auch die Sicherung von Beweismaterial und den Zugang für Untersuchungsmissionen, die für ein längeres Gerichtsverfahren von Hilfe sein könnten.
Schon in den vergangenen paar Monaten kamen immer wieder Vorwürfe zu Kriegsverbrechen durch Israel auf. Laut dem Spiegel äußerte der israelische Polizeiminister Itamar Ben-Gvir die Idee, die „Umsiedlung der Bewohner des Gazastreifens“ zu fördern. Zugleich bestehen Vorwürfe wegen der humanitären Lage im Gaza. (dpa/LisMah)