Tausende Mitarbeiter kämpfen gegen drastischen Stellenabbau bei ZF – „die Wut ist riesengroß“

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Bundesweit haben sich nach Gewerkschaftsangaben rund 20.000 Mitarbeiter der ZF Friedrichshafen gegen den drastischen Stellenabbau gestemmt. Auch die Politik schaltet sich ein.

Friedrichshafen - Seit langem schwebt das Damoklesschwert Stellenabbau über dem inzwischen zweitgrößten deutschen Autozulieferer. Deshalb hatten sich bereits Ende 2023 tausende Mitarbeiter verschiedener Standorte der ZF am Stammsitz in Friedrichshafen (Bodenseekreis) versammelt, um gegen die massiven Sparmaßnahmen und die Schließung von zwei Werken zu protestieren. Geholfen hat es bislang wenig: Das ZF-Werk Gelsenkirchen soll Ende des Jahres, der Standort Eitorf bis spätestens Ende 2027 geschlossen werden und auch der Stellenabbau wurde offiziell bestätigt. Konkret sollen bei der ZF Friedrichshafen allein in Deutschland bis 2028 bis zu 14.000 Stellen wegfallen.

Im Kampf gegen den massiven Stellenabbau bei einem der größten Arbeitgeber aus Baden-Württemberg hatte der Betriebsrat zu einem bundesweiten Aktionstag am 10. September aufgerufen, dem tausende ZF-Mitarbeiter folgten. Wie die IG Metall im Nachgang der Proteste an verschiedenen Standorten des Technologiekonzerns vom Bodensee bekanntgab, beteiligten sich insgesamt rund 20.000 Mitarbeiter an der Aktion. Der Aktionstag am vergangenen Dienstag war laut dem Betriebsrat allerdings nur der Auftakt.

„Frontalangriff auf die Beschäftigten“: ZF-Betriebsratsboss macht Manager für Schieflage verantwortlich

Dass die ZF Friedrichshafen überhaupt so massive Sparmaßnahmen angekündigt hat, hat mehrere Gründe. Zum einen ist der Stiftungskonzern durch milliardenschwere Übernahmen von Konkurrenten hoch verschuldet, zum anderen macht dem Unternehmen die groß angelegte Transformation zu schaffen. Bei der Bilanzpressekonferenz am 1. August hatte ZF-Chef Holger Klein den Abbau von bis zu 14.000 Stellen bestätigt und angekündigt, die Maßnahme möglichst sozialverträglich gestalten zu wollen. „Natürlich ist hier keiner begeistert“, machte er deutlich. „Wir würden alle lieber wachsen.“ Für die Zukunft des großen Autozulieferers ist eine Neustrukturierung aber offenbar notwendig.

Mitarbeiter der ZF Friedrichshafen ziehen am Aktionstag gegen den Stellenabbau am 10. September durch die Innenstadt von Friedrichshafen zum Konzernsitz, dem ZF-Forum.
Laut IG Metall-Angaben haben am 10. September bundesweit rund 20.000 Mitarbeiter gegen den Stellenabbau bei der ZF Friedrichshafen demonstriert. © Felix Kästle/dpa

Die Arbeitnehmervertreter haben allerdings wenig Verständnis und werfen dem Vorstand massive Fehlentscheidungen vor. „Wir erleben einen Frontalangriff auf die Beschäftigten in Deutschland und auf alle Prinzipien, für die ZF steht“, erklärte Gesamtbetriebsratschef Achim Dietrich laut einer IG Metall-Mitteilung bei dem Protest vor dem Konzernhauptsitz, dem ZF-Forum, in Friedrichshafen am Dienstag. „Die Belegschaft in Deutschland soll nun bezahlen, was Manager mit ihren Fehlentscheidungen angerichtet haben.“ Allein in der Zeppelinstadt waren am 10. September rund 4.000 Mitarbeiter zusammengekommen.

Proteste an ZF-Standorten in ganz Deutschland – SPD in BW schaltet sich ein

Neben den großen ZF-Standorten Friedrichshafen, Saarbrücken oder Schweinfurt bildete sich auch bei den Tochterunternehmen des Konzerns deutlicher Widerstand. Wie der SWR berichtet, hatte sich am Sitz des ZF-Unternehmensteils WABCO – einem der übernommenen Konkurrenten – in Mannheim ein Autokorso mit rund 170 Fahrzeugen gebildet. Thomas Hahl, der Geschäftsführer der IG Metall Mannheim, erklärte, dass die Beschäftigten große Hoffnungen in das Management gesteckt hätten, aber enttäuscht wurden. „Die Wut ist riesengroß“, machte er deutlich. Inzwischen hat sich die Politik in die massiven Proteste eingeschaltet.

Tausende Mitarbeiter des Automobilzulieferers ZF Friedrichshafen AG demonstrieren gegen den geplanten Stellenabbau. (Luftbildaufnahme mit Hochstativ).
Wie hier vor dem ZF-Forum, dem Konzernsitz der ZF Friedrichshafen, protestierten auch an anderen Standorten viele Mitarbeiter gegen den Stellenabbau. © Felix Kästle/dpa

Die SPD-Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg hat demnach gemeinsam mit der IG Metall ein Sofortprogramm für die Transformation des großen Autozulieferers erstellt und fordert ein klares Bekenntnis zum Standort Deutschland. Zudem sehen die Sozialdemokraten Handlungsbedarf vonseiten der Landesregierung. Ob die bundesweiten Proteste Früchte tragen und ob eine Abmilderung der Maßnahmen aus wirtschaftlicher Sicht überhaupt möglich ist, wird sich zeigen. Hoffnung macht den Beschäftigten aber möglicherweise eine kürzliche Entwicklung bei Bosch. Beim weltgrößten Autozulieferer soll der geplante Stellenabbau nach massivem Widerstand geringer ausfallen als zuvor angekündigt.

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