Ekstase in jamaikanischen Kingston: Dort macht der karibische Zwergstaat Curacao die WM-Teilnahme perfekt. Die Spieler in Azurblau fallen nach dem 0:0 bei Schlusspfiff überwältigt zu Boden. Fassungslos über das Erreichte blicken sie sich in die Augen, manche suchen sogar Antworten von oben und beten.
Zeitgleich wird auch in Curacao gefeiert - von den heimischen Fans, aber auch von den Haitianern. Denn die gewinnen im Stadion Ergilio Hato mit 2:0 gegen Nicaragua. Der von Krisen geplagte Staat war zuvor nur ein einziges Mal bei einer WM dabei. Vor 52 Jahren, 1974 in Deutschland.
Curacao, Haiti, Panama: Emotionen pur nach erfolgreicher WM-Quali
Haiti durfte kein einziges Spiel der WM-Qualifikation zu Hause spielen, weil das heimische Stadion in Port-au-Prince 2024 von Gangs besetzt und stark beschädigt wurde. Auf den Straßen des kleinen Inselstaates wurde bis spät in die Nacht gefeiert.
Curacao hat sich derweil zum ersten Mal für eine Fußball-WM qualifiziert. Nie hat ein Land mit weniger Einwohnern ein Ticket zu einer Weltmeisterschaft erspielt. Nach Angaben der nationalen Statistikbehörde zählte das Land im Januar 156.115 Einwohner.
Also: genauso viele wie in Paderborn oder Heidelberg. Und nicht mal die Hälfte von Island, das sich 2018 als bislang kleinstes Land bei einer WM dabei war.
In Panama baden die Spieler nach einem 3:0 gegen El Salvador und der erfolgreichen Qualifikation in einem Meer von euphorischen Fans. Auch Panama ist erst zum zweiten Mal bei einer WM dabei.
All das sind Bilder, die bewegen. Das ist Fußball. Emotionen, Leidenschaft, Herz.
Wir Europäer meckern immer so gerne über dieses neue WM-Format, die Mega-WM, eine Endrunde aufgebläht auf 48 Teams. Ein Modus, der den Größenwahn der Fifa und den ihres Präsidenten Gianni Infantino ausdrückt.
Die Fußball-WM gehört nicht nur den angeblich besten und stärksten Ländern
Doch während die Qualifikation in vielen Kontinentalverbänden unübersichtlich und unverständlich bleibt, so sind doch die Emotionen in den Ländern, die von dieser Ausbreitung am Ende profitieren, herrlich und echt.
Während für uns eine WM weiterhin selbstverständlich ist (auch wenn wir diesmal ein bisschen zittern mussten und wieder mal ungläubig nach Italien blicken), ist eine Teilnahme von karibischen Kleinstaaten ein "Once in a Lifetime"-Erlebnis.
Die Jubelbilder aus Curacao oder Haiti zeigen aber, dass die Fifa uns mit der Idee zumindest in einem Punkt belehrt: Wie arrogant waren wir, zu glauben, die WM gehört nur den vermeintlich und angeblich besten und stärksten Nationen der Welt. Nein, sie gehört allen.