Zukunftsforscher Thomas Druyen - Unanständiger Reichtum: Wenn Wohlstand zur Gefahr wird
Vorher möchte ich eindeutig konstatieren: Die Demokratie braucht vordringlich Rechtssicherheit und Steuergerechtigkeit. Eine unfaire Reduktion der Steuern durch professionelle Lückenrecherche lehne ich ab. Die Steuerhöhe sollte sich an den tatsächlichen Größenverhältnissen orientieren und nicht die Mittelschichten über Gebühr bluten lassen. Die Ermöglichung unternehmerischen und selbständigen Handelns sollten in diesem systemischen Zusammenhang eine große Priorität besitzen. Die Beseitigung von Armut ist die wichtigste Herausforderung, um Vertrauen und Marktzugang zu schaffen. Reichtum als egomane oder institutionelle Instrumentalisierung lehne ich ab. Vor diesem Hintergrund stelle ich mir heute drei einfache Fragen:
Welchen Beitrag leistet ein superreicher Unternehmer für die Gesellschaft?
Sie oder er können auf vielfältige Weise einen signifikanten Beitrag zur Gesellschaft leisten. Zunächst die Schaffung von vielen Arbeitsplätzen durch die Gründung und den Ausbau des und der Unternehmen, die nicht nur den Beschäftigten ein Einkommen und soziale Sicherheit bieten, sondern auch die wirtschaftliche Stabilität ganzer Regionen fördern. Darüber hinaus sind Superreiche oft treibende Kräfte für Innovation und technologischen sowie wissenschaftlichen Fortschritt. Ihre Investitionen in Forschung und Entwicklung bringen oftmals bahnbrechende Neuerungen hervor, die nicht nur einzelne Branchen, sondern auch das tägliche Leben vieler Menschen nachhaltig verbessern. Die Künstliche Intelligenz ist ein klarer Beleg.
Ein weiterer zentraler Beitrag liegt in der Förderung des Wirtschaftswachstums. Große Unternehmen von Superreichen tragen erheblich zur Wertschöpfung und zur Wettbewerbsfähigkeit sowohl auf nationaler als auch auf globaler Ebene bei. Durch faire und angemessene Steuerzahlungen tragen sie maßgeblich zur Finanzierung öffentlicher Güter wie Bildung, Gesundheitssysteme und Infrastruktur bei, die das Fundament einer funktionierenden Gesellschaft bilden. Gleichzeitig sind sie natürlich auch selbst Nutznießer dieses Engagements.
Viele Superreiche wirken über ihre wirtschaftlichen Aktivitäten hinaus philanthropisch, sei es durch Spenden, Stiftungen oder soziale Initiativen. Diese unterstützen wichtige Projekte in Bereichen wie Bildung, Armutsbekämpfung oder Klimaschutz und tragen dazu bei, soziale Ungleichheiten zu verringern. Schließlich und immer wichtiger investieren sie häufig in junge Unternehmen und innovative Ideen, wodurch sie Unternehmertum fördern und anderen eine Plattform für Wachstum und Erfolg bieten. Auf diese Weise leisten Superreiche nicht nur einen materiellen, sondern auch einen visionären und gesellschaftlich bedeutsamen Beitrag. Dies ist sicher eine positive und optimistische Beschreibung, die dennoch überwiegend der Wirklichkeit der Hochvermögenden entspricht. Dass es auch ignoranten, eigensüchtigen und arroganten Reichtum gibt, ist keine Frage.
Welche staatlichen Maßnahmen sind wichtig, um das Wohl der Unternehmerinnen und Unternehmer und der ganzen Gesellschaft zu gewährleisten?
Um sicherzustellen, dass superreiche Unternehmer ihren Beitrag zum Wohle der Gesellschaft leisten, ist eine ausgewogene (keine ideologisch grundierte) staatliche Strategie notwendig, die sowohl Anreize schafft als auch klare Anforderungen stellt. Eine gerechte und transparente Steuerpolitik bildet die Grundlage. Steuerlasten sollten progressiv gestaltet sein und tatsächliche Vermögensverhältnisse widerspiegeln, ohne die Innovationskraft oder unternehmerische Freiheit zu ersticken. Gleichzeitig müssen Schlupflöcher durch internationale Kooperation geschlossen und Steuervergünstigungen für nachweislich gesellschaftlich förderliche Investitionen geschaffen werden, etwa in Bildung, Forschung, erneuerbare Energien oder in soziale Projekte.
Darüber hinaus kann der Staat durch Anreize wie Steuererleichterungen oder Subventionen Unternehmen dazu motivieren, soziale und ökologische Verantwortung zu übernehmen. Unternehmen, die faire Löhne zahlen, in nachhaltige Technologien investieren oder soziale Programme fördern, können bevorzugt behandelt werden. Ergänzend sollten verbindliche Standards für gesellschaftliche Verantwortung (Corporate Social Responsibility, CSR) eingeführt werden, um die soziale und innovative Wirkung von Unternehmen messbar und transparent zu machen.
Eine weitere effektive Maßnahme ist die gezielte Förderung von Bildung und Forschung. Der Staat kann durch Ko-Finanzierungen und Partnerschaften mit Unternehmern Investitionen in diese Bereiche fördern. Dies bringt sowohl qualifizierte Fachkräfte als auch innovative Technologien hervor, von denen die Gesellschaft und die Unternehmen gleichermaßen profitieren. Öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) stärken diese Synergien und erzeugen langfristige wirtschaftliche Dynamik. Der Staat sollte durch Gründerprogramme, steuerliche Anreize oder die Bereitstellung von Risikokapital Unternehmer dazu ermutigen, in Start-ups oder zukunftsweisende Technologien zu investieren. Dies stärkt nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit, sondern schafft auch Arbeitsplätze und fördert wirtschaftliche Flexibilität und den Mut zum Experimentieren.
Zudem sollten soziale Mindeststandards und angemessene Besteuerung verbindlich gesetzt sein, insbesondere für global agierende Unternehmen, die von einer offenen Weltwirtschaft profitieren. Konkurrierende Steueroasen sind Gift. Faire Arbeitsbedingungen, ökologische Nachhaltigkeit und ethische Unternehmensführung sind nicht verhandelbar. Verstöße gegen diese Standards müssen durch klare Sanktionen geahndet werden, um ein verantwortungsvolles und integriertes Unternehmertum und einen verantwortungsbewussten Reichtum sicherzustellen.
Was ist vor diesem Hintergrund „unanständiger Reichtum“?
Unanständiger Reichtum entsteht, wenn großer Wohlstand durch Ausbeutung, Ungerechtigkeit oder Machtmissbrauch erlangt oder erhalten wird. Ein Beispiel ist die Maximierung von Profiten auf Kosten von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen durch Niedriglöhne, schlechte Arbeitsbedingungen oder den Abbau sozialer Standards. Ebenso unanständig ist Reichtum, der durch Steuervermeidung oder das gezielte Ausnutzen von Schlupflöchern akkumuliert wird, wodurch die Allgemeinheit belastet wird, während die Superreichen sich ihrer Verantwortung entziehen.
Unanständig wird Reichtum auch dann, wenn er zur politischen Einflussnahme genutzt wird, um Gesetze oder Entscheidungen zu erzwingen, die persönliche Vorteile sichern, aber der breiten Bevölkerung schaden. Dies verstärkt Ungleichheiten und untergräbt demokratische Prozesse. Ebenso kritisch ist es, wenn Superreiche Ressourcen monopolisieren, Umweltzerstörung in Kauf nehmen oder bewusst soziale Spaltungen fördern, um ihre Machtpositionen zu festigen.
Dieses Verhalten fördert das Bild, dass Reiche auf Kosten der Schwächeren leben, und verstärkt die soziale Ungleichheit sowie den Vertrauensverlust in die Wirtschaft und Politik. Solcher Reichtum wird als unanständig wahrgenommen, weil er nicht zur Förderung des Gemeinwohls beiträgt, sondern egoistische Interessen über gesellschaftliche Verantwortung stellt. Natürlich gibt es dieses Verhalten. Aber es repräsentiert in Deutschland keineswegs die Mehrheit und insofern sind diffamierende Gleichsetzungen kein Mittel, um für scheinbare Gerechtigkeit einzutreten. Vor allem wird dadurch die kriminelle und organisierte Aneignung von Kapital zu eigensüchtigen und machtmissbräuchlichen Zwecken in ihrer desaströsen Wirkung völlig übergangen.