Bundeswehr-Truppe in der Ukraine? Merz-Minister gibt heikle Antwort – „überfordert“
Merz schließt einen Bundeswehr-Einsatz in der Ukraine nicht aus. Linken-Chef van Aken lehnt Nato-Truppen ab und fordert eine UN-Blauhelm-Mission.
Berlin – Nach dem Ukraine-Gipfel in Washington am Montag (18. August) zeichnet sich in der Regierung unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) eine harte Diskussion ab. Zentrale Frage: Soll Deutschland 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs Bundeswehr-Truppen zur Friedenssicherung in die Ukraine schicken?
Merz schloss nach dem Gipfeltreffen mit Donald Trump, dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sowie anderen europäischen Vertretern eine Bundeswehr-Mission in der Ukraine nicht aus. Merz sagte, der Umfang der Sicherheitsgarantien für die Ukraine müsse in Europa und in der Koalition in Berlin besprochen werden, „bis hin zu der Frage, ob wir hier möglicherweise mandatspflichtige Beschlüsse zu fassen haben“. Noch sei es zu früh, um darauf eine endgültige Antwort zu geben.
UN-Blauhelm-Mission statt deutsche Soldaten: Linken-Chef gegen Bundeswehreinsatz in der Ukraine
Mandatspflichtige Beschlüsse bedeutet: Der Bundestag müsste darüber entscheiden, Bundeswehrsoldaten in die Ukraine zu schicken. Denn die Bundeswehr kann nur mit Zustimmung des Parlaments ins Ausland entsendet werden. Die Merz-Regierung könnte das nicht allein entscheiden. Der Bundestag müsste vorher abstimmen und auch zustimmen.

Jan van Aken, Chef der Linken in der Opposition im Bundestag, hat eine Stationierung von Nato-Truppen in der Ukraine abgelehnt und stattdessen eine UN-Blauhelm-Mission ins Spiel gebracht: „Sich zu verengen auf Nato-Soldaten oder Nato-Sicherheitsgarantien, das ist zu wenig“, sagte van Aken am Dienstag (19. August) im ZDF-Morgenmagazin. Das mache den Krieg „nur größer und nicht kleiner“. Stattdessen solle über die Stationierung von UN-Blauhelm-Soldaten in der Ukraine nachgedacht werden.
In der Stationierung von Nato-Truppen in der Ukraine sieht van Aken eine große Gefahr: Auch nach einem Waffenstillstand könnten sich in der Ukraine russische und Nato-Truppen feindlich gegenüberstehen. „Wir kennen das aus allen Friedensschlüssen, da gibt es immer noch Scharmützel, da gibt es Missverständnisse, da gibt es Provokationen“, sagte der Linken-Chef. Dabei sei die Gefahr groß, „dass es plötzlich zum großen Krieg kommt“. Es sei daher wichtig, über andere Optionen für Sicherheitsgarantien für Kiew nachzudenken.
Auch Wadephul skeptisch zu Bundeswehr in der Ukraine: Einsatz würde Deutschland „überfordern“
Ebenfalls skeptisch zu einer Entsendung deutscher Soldaten in die Ukraine äußerte sich Außenminister Johann Wadephul (CDU) im Podcast Table.Today am Montag. Er verwies auf eine verstärkte Rolle der Bundeswehr in der Nato, darunter mit einer Kampfbrigade in Litauen mit rund 5.000 Männer und Frauen. Ein Einsatz in der Ukraine würde Deutschland „voraussichtlich auch überfordern“, sagte Wadephul.
Nachdem Kanzler Merz später eine Bundeswehr-Mission in der Ukraine nicht ausgeschlossen hatte, machte Wadephul bei einer Reise nach Tokio deutlich, es sei zum jetzigen Zeitpunkt offen, ob man deutsche Truppen entsenden werde. „Das muss wirklich verhandelt werden“, ergänzte Wadephul. Er und die Bundesregierung hätten wiederholt deutlich gemacht, dass robuste Sicherheitsgarantien für die Ukraine gebraucht würden und dass Deutschland dazu Beiträge liefern und Verantwortung übernehmen müsse.
Militärplaner und Wissenschaftler befassen sich seit Monaten mit Konzepten für die Absicherung eines möglichen neuen Kapitels im Ukraine-Krieg, das militärisch von einem Waffenstillstand bis zu einem Friedensvertrag reichen kann. Politisch reicht die Spannbreite von der Benennung faktischer Kontrolle über Gebiete bis zum völkerrechtlich verbindlichen Verzicht auf Gebiete.
Militärplaner warnen vor Ukraine-Bundeswehrmission: Putin könnte Nato-Staaten in eine Falle locken
Eine Sorge von Militärplanern ist, dass der russische Präsident Wladimir Putin die europäischen Nato-Staaten in eine strategische Falle locken könnte. Denn für eine Ukraine-Schutztruppe müssten Teile der Nato-Ostflanke wie das Baltikum entblößt werden.
Nach dem Ukraine-Gipfel in den USA ist nun erst einmal ein Treffen zwischen Kreml-Chef Putin und dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj geplant. Merz glaubt, „dass es das in zwei Wochen geben wird“. Die Richtung sei beim Ukraine-Gipfel am Montag eingeschlagen worden. „Bis zum Herbst haben wir das Treffen“, fügte Merz hinzu.
Ukraine-Gipfel in den USA: Die Teilnehmer | |
Donald Trump | US-Präsident |
Wolodymyr Selenskyj | Ukrainischer Präsident |
Friedrich Merz | Bundeskanzler |
Emmanuel Macron | Französischer Präsident |
Keir Starmer | Britischer Premierminister |
Georgia Meloni | Italienische Ministerpräsidentin |
Alexander Stubb | Finnischer Präsident |
Mark Rutte | Nato-Generalsekretär |
Ursula von der Leyen | EU-Kommissionspräsidentin |
Der französische Präsident Emmanuel Macron hat derweil Genf als Standort für ein mögliches Treffen zwischen den Kriegsparteien ins Spiel gebracht. „Es wird ein neutrales Land sein, vielleicht die Schweiz, ich plädiere für Genf, oder ein anderes Land“, sagte Macron in einem am Dienstag (19. August) ausgestrahlten Interview mit dem französischen TV-Sender LCI. Das Treffen solle in Europa stattfinden. (bg/dpa)