Doch keine Reform der Rente: Merz will Pensionen für Beamte unverändert lassen

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Schon in der ersten Woche der neuen Koalition gibt es Ärger: Die Arbeitsministerin möchte Beamte in die Rentenkasse holen, die Union lehnt das ab. Dabei gibt es gute Reformideen.

Berlin – Die neue Arbeits- und Sozialministerin Bärbel Bas (SPD) prescht in der ersten Woche im Amt mit einem großen Vorschlag vor: Beamte, Politiker und Selbstständige sollen genauso wie Angestellte in die Rentenkasse einzahlen. Dafür hat sie von der Kanzlerpartei um Friedrich Merz (CDU) direkt eine Absage bekommen. „Ich finde dazu auch keine Belegstelle im Koalitionsvertrag“, sagte Kanzleramtschef Thorsten Frei am Sonntagabend in der ARD zu dem Vorschlag. „Das ist nicht common sense in der Koalition.“

Beamte in die Rentenkasse holen würde die Rentenversicherung nicht besser aufstellen

Frei übte aber auch inhaltliche Kritik an dem Vorschlag. „Man kann über alles reden. Aber es ist kein tragbares Finanzierungsmodell, weil klar ist: Jeder, der einbezahlt in die Rente, der kriegt auch was raus.“ Es helfe nicht, einfach die Basis der gesetzlichen Rentenversicherung zu verbreitern. Das Grundproblem sei, dass heute nicht mehr sechs Erwerbstätige auf einen Rentner kämen wie in den Sechzigerjahren, sondern nur noch 1,5 Erwerbstätige.

Bas hat ihren Vorschlag damit begründet, dass die Einnahmen der gesetzlichen Rentenversicherung verbessert werden müssten. In die Rentenversicherung sollten deshalb auch Beamte, Abgeordnete und Selbstständige einzahlen. Der Deutsche Beamtenbund hatte den Vorstoß umgehend abgelehnt. Die Linke und der Sozialverband VdK begrüßten die Initiative dagegen.

Wirtschaftsweise befürwortet Reform der Rente und der Pension – für mehr Gerechtigkeit

Auch die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer spricht sich für die Einbeziehung von Beamten ins Rentensystem aus. Beamte in die Rentenkasse einzahlen zu lassen, löse zwar nicht das grundlegende Problem, dass künftige Renten und Pensionen von künftigen Beitragszahlern und Steuerzahlern bezahlt werden müssten, sagte Schnitzer den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Es komme also auf das Zahlenverhältnis der jüngeren Generation zur älteren Generation an.

Dennoch sei es „sinnvoll“, das Pensionssystem der Beamten zu reformieren und in ein allgemeines Rentensystem für alle zu überführen – „schon um sicherzustellen, dass alle Einschränkungen, die man von gesetzlich Versicherten verlangt beziehungsweise verlangen sollte, auch eins zu eins auf sie übertragen werden“. Konkret nannte Schnitzer etwa die Begrenzung des Anstiegs der Rentenansprüche und die Erhöhung des Renteneintrittsalters.

Wirtschaftsweisen fordern Reform der Rente: Beamte brauchen neues System für die Pension

Daher hatten die Wirtschaftsweisen in ihrem Jahresgutachten 2023/2024 auch umfangreich genau dieses Thema analysiert und Reformvorschläge erarbeitet. Sie betonen darin, dass die Einbeziehung von Beamten als Beitragszahler die Rentenkasse kurzfristig entlasten könnte, langfristig jedoch zu einer stärkeren Belastung führen würde. Das Rentenniveau würde zwar langsamer sinken, aber die Beiträge könnten in den 2070er Jahren höher ausfallen als im aktuellen Szenario. Zudem wären die Kosten für die öffentlichen Haushalte erheblich.

Ein alternativer Ansatz, der laut den Wirtschaftsweisen weniger kostenintensiv wäre und mehr Gerechtigkeit schaffen könnte, besteht darin, Beamte und Angestellte in unterschiedliche Rentenkassen einzahlen zu lassen, die jedoch denselben Grundregeln folgen. Dadurch würden Angestellte nicht mit ihren Beiträgen für hohe Pensionen aufkommen müssen, während Beamte ihre Rente nach denselben Regeln wie heutige Rentner erhielten – wie es Schnitzer jetzt auch bekräftigt.

Rente wie in Österreich: Nachbarland hat Reform für Beamte schon hinter sich

Österreich hat im Jahr 2005 eine ähnliche Reform umgesetzt. Seitdem zahlen Beamte in eine Rentenkasse ein, die für die Versorgung der pensionierten Beamten genutzt wird. Diese Reform beinhaltete lange Übergangsfristen und dauert daher noch an. Der Beitragssatz in Österreich liegt derzeit bei 22,8 Prozent, wobei Arbeitgeber 12,55 Prozent und Arbeitnehmer 10,25 Prozent zahlen. Zudem wurde die Verbeamtung auf hoheitliche Berufe wie Justiz, Polizei und Verteidigung beschränkt, was die Zahl der zukünftigen Pensionäre reduziert. Bereits 1997 wurde die Politikerpension abgeschafft, sodass Politiker in dieselbe Rentenkasse wie Angestellte einzahlen.

In Deutschland gibt es jedoch erhebliche Hürden für eine solche Reform. Beamtenansprüche sind verfassungsrechtlich geschützt, und der Gesetzgeber kann diese nicht einfach ändern. Eine Reform der Beamtenversorgung müsste von Bund und Ländern gemeinsam beschlossen werden, da beide als Arbeitgeber fungieren. Die Wirtschaftsweisen empfehlen, zunächst die Verbeamtungspolitik zu überdenken und nur noch hoheitliche Berufsgruppen zu verbeamten, um die Ausgaben zu senken. Dies erfordert jedoch eine koordinierte Entscheidung von Bund, Ländern und Kommunen.

Die Aufnahme von Beamten in die Rentenkasse ist komplex und erfordert sorgfältige Planung sowie lange Übergangsfristen, um niemanden zu benachteiligen. Dennoch könnte es sich lohnen, dieses Thema anzugehen, um mehr Gerechtigkeit zu schaffen. Rentner erhalten im Durchschnitt etwa 1200 Euro brutto nach 45 Versicherungsjahren, während Beamte ein Ruhegehalt von über 3000 Euro brutto beziehen. Die Pension umfasst jedoch sowohl den gesetzlichen Anteil als auch die Betriebsrente, während die gesetzliche Rente nur die erste Säule der Altersvorsorge darstellt und Arbeitnehmer zusätzlich eine Betriebsrente abschließen sollten. (mit dpa)

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