Durchbruch in der Darmkrebsbehandlung: „Solche Ergebnisse haben wir bisher noch nie gesehen“
In der Darmkrebs-Forschung gibt es vielversprechende Entwicklungen hinsichtlich Therapie und Diagnostik. Aber auch bei dem Thema „Schließmuskelerhalt“ gibt es Fortschritte.
München – Ab April 2025 ist die Darmkrebs-Vorsorge für Frauen und Männer einheitlich. Die Vorsorge ist wichtig. Nicht zuletzt erhält eine von 19 Frauen und einer von 15 Männern im Lauf des Lebens die Diagnose Darmkrebs, wie das Robert Koch-Institut (RKI) informiert. Etliche Krebsfälle lassen sich auf vermeidbare Risikofaktoren zurückführen. Ein gesunder Lebensstil ist vorteilhaft – besonders die Bewegung spielt zur Senkung des Krebsrisikos eine entscheidende Rolle. In der Darmkrebs-Forschung zeigen sich indes hoffnungsvolle Entwicklungen.
Der Weltkrebstag am 4. Februar...
... findet zum 25. Mal statt. Pro Jahr erkranken laut der Deutschen Krebshilfe 500.000 Menschen neu an Krebs. Vier Millionen Menschen leben mit einer Krebserkrankung. Krebs ist in Deutschland die zweithäufigste Todesursache.
Darmkrebs: Diagnostik, Behandlung, Schließmuskelerhalt – Forschungs-Fortschritte auf mehreren Ebenen
„Beim Darmkrebs haben wir im vergangenen Jahr in mehreren Bereichen Fortschritte gesehen. Vor allem zur Immuntherapie in frühen und fortgeschrittenen Stadien, zu diagnostischen Methoden, nämlich speziell der sogenannten ‘liquid biopsy’ und zum Thema ‘Schließmuskelerhalt’ beim Enddarmkrebs, was ja für Menschen, die vom Darmkrebs betroffen sind, eine häufige Sorge ist“, sagt Professorin Anke Reinacher-Schick zu IPPEN.MEDIA. Sie ist Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Internistische Onkologie in der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG).
„Kann zukünftig einen Einfluss auf das Gesamtüberleben haben“: Doppelimmuntherapie bei Darmkrebs
Beeindruckende Ergebnisse zeige die Weiterentwicklung der Immuntherapie, heißt es in einer Pressemitteilung der DKG. „Im vergangenen Jahr hat eine Studie gezeigt, dass eine kurze Doppelimmuntherapie bei bestimmten Formen des Darmkrebses – den sogenannten Mikrosatelliten-instabilen Tumoren – nach nur vier Wochen Therapie vor einer Operation zu einem rückfallfreien Überleben von 100 Prozent innerhalb der ersten drei Jahre führt“, zitiert die DKG Prof. Reinacher-Schick. „Solche Ergebnisse haben wir in der Darmkrebsbehandlung bisher noch nie gesehen.“

Bei der Doppelimmuntherapie werden zwei verschiedene Immun-Therapeutika kombiniert. Auch weitere Studien hätten veranschaulicht, so die DKG, dass diese Behandlung bei metastasierten Mikrosatelliten-instabilen Tumoren wirksamer sei als die Therapie mit nur einem Immun-Medikament. „Dies kann zukünftig auch einen deutlichen Einfluss auf das Gesamtüberleben haben“, so die Expertin zu unserer Redaktion. Allerdings sei die Doppelimmuntherapie bei frühen Tumoren als Vortherapie und bei metastasierten Tumoren derzeit noch nicht zugelassen.
Schließmuskel muss bei Enddarmkrebs häufig entfernt werden – Neue Therapie kann das verhindern
Insbesondere belastend ist es für Enddarmkrebs-Patienten, wenn der Schließmuskel im Rahmen der Therapie entfernt werden muss. Die Deutschen Krebshilfe informiert: „Liegt der Tumor so nah am Darmausgang, dass bei einer Operation von Darmkrebs auch der Schließmuskel entfernt werden muss, um eine radikale, das heißt komplette Tumorentfernung sicherzustellen, muss der gesamte Enddarm wegoperiert und ein bleibender künstlicher Darmausgang (Anus praeter oder Stoma) angelegt werden.“
Meine News
„Auf diesen verzichten zu können und eben den Schließmuskel nicht zu verlieren, ist bekanntermaßen eine große Sorge und ein großer Wunsch der Patientinnen und Patienten“, sagt Prof. Reinacher-Schick zu IPPEN.MEDIA. Bislang sei in der Behandlung vorwiegend eine kombinierte Radiochemotherapie zum Einsatz gekommen. Infolgedessen wurde der Tumor dann operiert.
Neue Strahlenchemotherapie-Konzepte würden es nun aber ermöglichen, dass der Schließmuskel in zahlreichen Fällen erhalten bleiben könne, wie auch die DKG in ihrer Pressemitteilung informiert. Die „totale neoadjuvante Therapie“ erreiche in bis zu 30 Prozent ein komplettes Verschwinden des Tumors, sagt Prof. Reinacher-Schick. So sei es möglich, erstens auf die Operation und zweitens auf das Entfernen des Schließmuskels zu verzichten.
Darmkrebs-Marker wird künftig helfen, einen Rückfall „viel besser einzuschätzen“
Darüber macht die „liquid biopsy“ bei Darmkrebs Hoffnung. Hierbei analysiere man das Blut auf bestimmte Tumorbestandteile, so Prof. Reinacher-Schick. Sie hat zwei Funktionen, wie auch die DKG informiert:
- Sie ist ein Prognosemarker. Die „liquid biopsy“ kann einen Aufschluss über ein Rückfallrisiko geben.
- Sie kann die Therapie steuern. Patienten könnten unwirksame Medikamente / unnötige Nebenwirkungen erspart bleiben.
Aktuell laufen noch Studien. Die „liquid biopsy“ werde noch nicht als Kassenleistung übernommen, merkt die Expertin an. Sie betont allerdings: „Vor allem bei frühem Darmkrebs wird der Marker uns zukünftig helfen, die Prognose der Patienten in Bezug auf einen Rückfall nach einer OP viel besser einzuschätzen.“ Indes erzielte die Forschung auch einen Durchbruch bei Prostatakrebs. (mbr)