„Ein Kreis geschlossen“: Shai Lachmann (77) hat ein besonderes Geschenk für Badehausmuseum

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Herzlicher Empfang: (v. li.) Elisabeth Voigt, Rhiannon Moutafis, Dr. Sybille Krafft und Jonathan Coenen vom Badehaus freuten sich am Mittwoch über den Besuch und das Mitbringsel von Shai Lachman (2. v. re.). © PH

Shai Lachman (77) überrascht den Badehausverein mit einem besonderen Mitbringsel. Der Israeli kam im DP-Lager Föhrenwald zur Welt.

Wolfratshausen - Mit einem besonderen Mitbringsel überraschte Shai Lachman am Mittwochmorgen das Empfangskomitee am Kolpingplatz im Wolfratshauser Stadtteil Waldram. Der 77-jährige Israeli kam einst im DP-Lager Föhrenwald zur Welt, verließ seinen Geburtsort aber schon nach wenigen Monaten zusammen mit seiner Mutter Mala in Richtung Palästina. Sein Vater Gustav, der das Lager Föhrenwald leitete, blieb noch etwas länger und reiste später mit einem Metallkoffer zu seiner wartenden Familie. Nun tauchte dieses verschollene Erinnerungsstück nach über 76 Jahren wieder auf.

Lachmanns Vater führte ein Doppelleben

„Die handschriftlich geschriebenen Namen meiner Eltern sind noch deutlich zu sehen“, erklärte Lachman in englischer Sprache. Eine Frau hatte den Koffer zuvor in einem Speicher entdeckt und ihm überlassen. Shai Lachman ist Vorsitzender einer rund 150-köpfigen Gruppe ehemaliger „Föhrenwalder“ in Israel und gilt als einer der wichtigsten noch lebenden Zeitzeugen.

„Mein Vater führte damals ein Doppelleben und arbeitete nachts heimlich für die militärische Untergrundorganisation Haganah“, verriet Lachman. Diese zionistische Gruppe hatte im Hochlandlager Königsdorf ein Trainingscamp für den Kampf in Palästina gegründet. Tagsüber organisierte Gustav Lachman unter anderem den Schulbetrieb und betreute die Feuerwehr und das Postamt. Während seine Frau Mala und sein Sohn Shai schon 1947 in Palästina einwanderten, unterstützte der Lagerleiter die Ziele der „Bricha“ – eine Vereinigung, die Juden in den Jahren 1944 bis 1948 aus Osteuropa und Deutschland nach Palästina schmuggelte. Im Februar 1948 kam die bis dato getrennte Familie in einem Kibbuz endlich wieder zusammen und erlebte drei Monate später die Gründung des Staates Israel. Shai Lachman arbeitet mittlerweile als Historiker in Jerusalem und schrieb ein Gedenkbuch über das Leben seines 1983 verstorbenen Vaters.

Die 22 Frauen und Männer einer Reisegruppe, die von einer Nachfolgeorganisation der „Bricha“ geleitet wird und sich derzeit auf die Spuren der jeweiligen Familiengeschichten durch Ost- und Mitteleuropa begibt, lauschten Lachmans Erzählung mit großem Interesse. Führungen durch die Dokumentationsstätte in Waldram und geschichtliche Ausführungen der Badehaus-Vorsitzenden Dr. Sybille Krafft und von Vorstandsmitglied Elisabeth Voigt rundeten ihren Aufenthalt am Mittwoch ab.

Shai Lachman bleibt noch etwas länger an seinem Geburtsort, um mit dem Filmteam des Badehauses ein Zeitzeugeninterview aufzunehmen. „Für mich hat sich jetzt ein Kreis geschlossen“, sagte er nach der Übergabe des Metallkoffers. Bei seinem Besuch lernte Lachman auch die beiden neuen Badehaus-Praktikanten Christine Hansen und Fokko Hinrichs kennen.

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