„Sommermärchen“-Prozess: Freispruch für Ex-DFB-Trio?
18 Jahre nach der WM 2006 könnten nun möglicherweise falsch deklarierte Zahlungen dem DFB und den ehemaligen Funktionären Zwanziger, Niersbach und Schmidt teuer zu stehen kommen.
Update vom Montag, 4. März, 16.00 Uhr: Ex-DFB-Präsident Theo Zwanziger zeigte sich zum Prozessauftakt mitteilungsfreudig. Der 78-Jährige ist anders als die Mitangeklagten Niersbach und Schmidt gegen eine Einstellung des Prozesses „Ich habe den Eindruck, dass die Vertreter der Anklage sehr wohl wissen, dass sie auf sehr dünnem Eis sind und es einen Freispruch geben kann und geben wird für alle drei Angeklagten.“
Zwanziger zeigte sich sehr selbstbewusst: „Es hat im Jahr 2006 überhaupt keine Steuerverkürzung gegeben. Und wenn es keine Steuerverkürzung gegeben hat, gibt es auch keine Steuerhinterziehung“, und fuhr fort: „Ich möchte gerne die Steuerfahnder erleben, wie sie das begründen, was sie in den Jahren von November 2015 bis zum Mai 2018 gemacht haben.“ Niersbach und Schmidt hüllten sich hingegen in Schweigen. Ihre Anwälte beantragten die Einstellung des Verfahrens. Aufgrund des bereits eingestellten Verfahrens in der Schweiz liege laut der Rechtsvertreter eine Doppelbestrafung vor. Die Staatsanwaltschaft sieht das anders.
Steuerhinterziehung? Prozess gegen Ex-DFB-Trio beginnt
Erstmeldung vom Montag, 4. März, 15.30 Uhr: Frankfurt – Für viele Menschen in Deutschland zählt die WM 2006 zu den bedeutendsten Großereignissen der letzten 20 Jahre. Doch noch immer gibt es einige Unklarheiten zu möglichen Bestechungen, Geldflüssen und der Versteuerung von Summen in Millionenhöhe. Während die ersten beiden Punkte wohl nicht mehr aufgeklärt werden können, beginnt nun zumindest der Prozess zum Verdacht auf Steuerhinterziehung.
Auch ungeklärte Zahlung an bin Hammam spielt eine Rolle im DFB-Prozess
Das Landgericht Frankfurt klagt dafür die ehemaligen DFB-Präsidenten Theo Zwanziger und Wolfgang Niersbach sowie den früheren Generalsekretär Horst R. Schmidt an. Die drei Funktionäre bildeten zusammen mit dem verstorbenen Franz Beckenbauer das Organisationskomitee für die WM 2006. Laut der Anklageschrift geht es um 13,7 Millionen Euro, die der DFB 2006 nicht an das Finanzamt abgetreten haben soll und sich so bereicherte.
Dazu gehört auch die 6,7-Millionen-Euro-schwere Zahlung, die der DFB über die FIFA und andere Umwege an den ehemaligen Vize-Präsidenten des Fußballweltverbandes Mohammed bin Hammam gezahlt hat. Der Katari bestätigte 2018 gegenüber der ZDF-Sportreportage den Zahlungseingang, verschwieg aber den Zweck der Überweisung. Der DFB deklarierte diese Summe 2006 wiederum fälschlicherweise als Betriebsausgabe einer WM-Gala.

DFB droht hohe Rückzahlung
Die Summe, die bin Hammam erhielt, steht nach wie vor in Verdacht, als Bestechungsgeld für den Stimmenkauf bei der WM-Vergabe im Jahr 2000 gedient zu haben. Mit dieser Frage beschäftigt sich die Staatsanwaltschaft nicht. Zwar erhob 2016 die Schweizer Bundesanwaltschaft unter anderem wegen Betrug und Geldwäsche Anklage gegen das OK und führte Razzien durch. 2020 verjährten die Taten allerdings. Auch aufgrund der Corona-Krise mussten viele Prozesstage verschoben werden. Eine Antwort auf diese Frage wird es wohl nicht mehr geben.
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Für Zwanziger, Niersbach und Schmidt geht es also lediglich um den Verdacht der Steuerhinterziehung. Zwanziger blickt den 24 Verhandlungstagen optimistisch entgegen: „Ich freue mich, dass in einer öffentlichen Hauptverhandlung dieser Fall für jedermann sichtbar aufgeklärt wird. Dann kommt endlich die Wahrheit auf den Tisch, und die muss ich nicht fürchten.“ Bei einer Verurteilung muss der DFB 22,5 Millionen Euro nachzahlen. Alle drei Angeklagte weisen die Vorwürfe zurück. (jsk)