Meilenstein in der Krebsforschung: Kleines Tier kann Tumorzellen ausschalten

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Forschende haben einen natürlichen Wirkstoff gegen Krebs entdeckt: Peptide, die Tumorzellen gezielt abtöten. Die Hoffnung auf eine neue Therapie wächst.

Hannover – Ein kleines Tier könnte der Schlüssel zur Bekämpfung von Krebs und multiresistenten Bakterien sein: Der Axolotl – ein in Mexiko rein aquatisch lebender Schwanzlurch. Forschende der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) haben herausgefunden, dass Peptide aus dem Hautschleim dieses mexikanischen Schwanzlurchs nicht nur gegen resistente Keime wirken, sondern auch gezielt Tumorzellen abtöten können.

Die Ergebnisse der Studie mit dem Titel „Identification of antimicrobial peptides from the Ambystoma mexicanum displaying antibacterial and antitumor activity“ (zu Deutsch: Identifizierung von antimikrobiellen Peptiden aus dem Ambystoma mexicanum mit antibakterieller und antitumoraler Aktivität), wurden kürzlich in der Fachzeitschrift PLOS ONE veröffentlicht.

Der Axolotl: Ein Tier mit außergewöhnlichen Fähigkeiten – Hoffnung für die Krebsforschung

Der Axolotl (lat. Ambystoma mexicanum) ist bekannt für seine außergewöhnlichen Regenerationsfähigkeiten. Er kann Gliedmaßen und Organe vollständig nachwachsen lassen und besitzt ein bemerkenswert robustes Immunsystem, das hauptsächlich auf angeborenen Schutzmechanismen wie Schleimbarrieren und antimikrobiellen Peptiden (AMPs) basiert. Diese natürlichen Schutzstoffe könnten laut der Studie der Medizinischen Hochschule Hannover nun auch in der Humanmedizin Anwendung finden.

Die Forschenden isolierten aus dem Axolotl-Schleim rund 5000 verschiedene Peptidsequenzen. Mithilfe eines computergestützten Vorhersagetools wählten sie daraus die 22 vielversprechendsten Peptide aus, die anschließend synthetisch hergestellt wurden. Im Labor zeigten diese Peptide eine beeindruckende Wirkung gegen gefährliche Bakterien wie Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA). Besonders das sogenannte „Peptid 1“ erwies sich bereits bei einer Konzentration von zwei Mikrogramm pro Milliliter als ebenso wirksam wie das Reserveantibiotikum Vancomycin.

Ein Sekret des Axolotls kann gezielt Tumorzellen ausschalten. © Montage: Imago

Gezielte Zerstörung von Krebszellen: Genanalyse bestätigt krebshemmende Wirkung

Neben der antibakteriellen Wirkung untersuchten die Forschenden schließlich auch das Potenzial der Peptide im Kampf gegen Krebs. Dabei behandelten sie Brustkrebszellen (T-47D) mit den synthetisierten Peptiden und stellten fest, dass besonders die Peptide 1, 12 und 13 gezielt den programmierten Zelltod (Apoptose) in den Tumorzellen auslösten. Schon bei einer Konzentration von einem ein Mikrogramm pro Milliliter zeigten diese Peptide eine deutliche Wirkung, während gesunde Brustepithelzellen unbeschadet blieben. „Dies deutet darauf hin, dass die Peptide eine antitumorale Aktivität besitzen und vielversprechende Kandidaten für weitere Untersuchungen sein könnten.“, so die Forschenden.

Um die Wirkung der Peptide genauer zu verstehen, führten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine detaillierte Genexpressionsanalyse durch. Dabei zeigte sich, dass die Peptide gezielt Gene beeinflussen, die für das Tumorwachstum entscheidend sind. So wurde beispielsweise das entzündungsfördernde Gen IL6, das das Wachstum bestimmter Brusttumore begünstigt, deutlich reduziert. Zudem führten die Peptide zur Aktivierung wichtiger Tumorsuppressorgene sowie zur Hemmung von Onkogenen, die laut Studie für das Krebswachstum und die Metastasierung mitverantwortlich sind.

Axolotl-Peptide: Schonende Gewinnung ohne Belastung der Tiere

Die Gewinnung der Peptide erfolgte laut der Medizinischen Hochschule Hannover schonend und ohne belastende Tierversuche. Die Axolotl wurden lediglich sanft massiert, und der abgesonderte Schleim wurde mit sterilen Spateln gesammelt. Das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) bestätigte, dass diese Methode für die Tiere nicht belastend und daher genehmigungsfrei sei.

Im Gegensatz zu konventionellen Chemotherapien, die häufig starke Nebenwirkungen verursachen und nicht immer wirksam sind, bieten die Axolotl-Peptide entscheidende Vorteile: Sie wirken gezielt auf Krebszellen, ohne gesunde Zellen zu schädigen, und zeigen gleichzeitig eine starke Wirkung gegen multiresistente Bakterien. Zudem besitzen sie aufgrund ihrer natürlichen Struktur ein geringes Risiko, Resistenzen hervorzurufen, so die Forschenden der Studie.

Trotz der vielversprechenden Ergebnisse betonen die Forschenden, dass weitere Studien notwendig sind, um die genaue Wirkweise der Peptide zu verstehen und ihre mögliche Anwendung beim Menschen zu prüfen. Künftige Untersuchungen sollten auch bei Temperaturen durchgeführt werden, die der natürlichen Körpertemperatur des Axolotls entsprechen, um die Effektivität der Peptide noch besser einschätzen zu können. (ls)

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