Mitarbeiterin in deutscher Gemeinde leistet 3.500 Überstunden – und bekommt jetzt alles ausbezahlt

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Eine leitende Mitarbeiterin der Gemeindeverwaltung Ringgau soll in den vergangenen fünf Jahren mehr als 3000 Überstunden für die Gemeinde geleistet haben.

Netra - Eine leitende Mitarbeiterin der Gemeinde Ringgau (Werra-Meißner-Kreis) hat nach Informationen der Werra Rundschau in den vergangenen fünfeinhalb Jahren rund 3500 Überstunden angesammelt. Das entspricht etwa eineinhalb Jahren zusätzlicher Arbeit. Die Frau soll für die Überstunden, die sie nicht nur an Werktagen, sondern auch an Wochenenden und Feiertagen geleistet hat, dem Vernehmen nach jetzt mit einem sechsstelligen Betrag rückwirkend vergütet werden. Wie Bürgermeister Mario Hartmann auf Nachfrage mitteilt, seien „sämtliche Personalkosten über den Haushalt 2025 abgedeckt“. Über die von der Mitarbeiterin geleisteten Überstunden war der Gemeindevorstand nach WR-Recherchen nicht informiert.

Bekannt geworden war die hohe Zahl der Überstunden auf Nachfrage des Gemeindevertreters Mirco Lorbach (ÜWG) auf einer öffentlichen Sitzung am 22. Mai dieses Jahres.

Blick auf Ringgau Netra Ortsansicht
Blick auf Ringgau Netra Ortsansicht © Salzmann, Stefanie

Die Frau war im Herbst 2019 von dem parteilosen Bürgermeister Mario Hartmann, der damals gerade das Amt angetreten hatte, in die Ringgauer Verwaltung, geholt worden – zuständig für Finanzangelegenheiten. Die Gemeinde stand seinerzeit vor einem Finanzchaos: fehlende Jahresabschlüsse seit 2010 und ein immer wieder geschildertes und dokumentiertes Chaos in der gesamten Buchhaltung (WR berichtete mehrfach). Aus diesem Grund ist aktuell auch eine Klage der Gemeinde gegen den Ex-Bürgermeister Fissmann und dessen Kämmerin beim Verwaltungsgericht Kassel anhängig.

Honorarkraft 2024 engagiert – Bürgermeister beruft sich auf Datenschutz

Neben den laufenden Geschäften, galt es nach dem Amtswechsel die Buchhaltung aufzuarbeiten und Jahresabschüsse nachzuholen, um der Kommune langfristig wieder zu genehmigungsfähigen Haushalten zu verhelfen. Weil das alles auch nach knapp fünf Jahren nicht erreicht worden war, wurde im vorigen Jahr der Weißenbörner Beigeordnete Rainer Janisch auf Honorarbasis von der Gemeinde Ringgau engagiert, um aufzuräumen. Die ersten Jahresabschlüsse von 14 sind erledigt.

Überstunden verfallen nach drei Jahren

Laut Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes sind Überstunden mit Zuschlägen zu vergüten oder mit Freizeit auszugleichen. Überstunden müssen nicht zwingend mündlich noch schriftlich angeordnet werden, eine sogenannte stillschweigende Übereinkunft gilt ebenso, wenn der Arbeitnehmer von einer Vergütung ausgeht. Allerdings gilt für Überstunden eine dreijährige Verjährungsfrist. Laut Arbeitszeitschutzgesetz dürfen Mitarbeiter nicht mehr als zehn Stunden am Tag arbeiten.

Kurz nach der Bürgermeisterdirektwahl im Februar 2025, bei der Mario Hartmann mit einer Wiederwahl scheiterte, hatte die Mitarbeiterin gekündigt. Sie beginnt am 1. Juli ein neues Arbeitsverhältnis in der Nachbargemeinde Weißenborn. Wie Hartmann jetzt mitteilte, werde sie aber zusätzlich zu ihrer neuen Stelle vom 1. Juli bis zum 31. August dieses Jahres auf Minijobbasis weiter für die Gemeinde Ringgau arbeiten. Hartmann teilte mit, die Überstunden nicht angeordnet zu haben und die genannten Zahlen entsprechen „keinesfalls der Realität“. Ansonsten beruft er sich auf den Datenschutz, da es sich um eine persönliche Angelegenheit handele, „an deren öffentlicher Bekanntgabe kein berechtigtes Interesse besteht“. (Stefanie Salzmann)

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