Das passiert im Körper von Kindern, wenn ihre Eltern nicht mit ihnen kuscheln
Berührungen wirken sich auf die Ausschüttung des Hormons Oxytocins aus. Eine Hormonforscherin erklärt, was Eltern vor allem bei ihren Söhnen wissen müssen.
„Kuschelt eure Baby-Boys, eure Toddler, eure Teenies und eure erwachsenen Söhne“, schreibt Daniel Reith aus Wiesbaden unter eines seiner Videos auf Instagram. Der Clip, in dem der „Papa in Vollzeit“ seinen kleinen Sohn im Arm hält, wurde mehr als 2,8 Millionen mal angesehen.
Reith schreibt darin, dass Jungs laut einer Studie mehr körperliche Zuwendung als Mädchen bräuchten, um das Hormon Oxytocin, das angstlösend wirkt, auszuschütten. Jungs würden aber mit zunehmendem Alter immer weniger in den Arm genommen werden. „Total interessant“, kommentieren Instagram-Nutzerinnen und Nutzer das Video. Kuscheln sei „so wertvoll“.
Stress kann Oxytocin-Ausschüttung bei Eltern mindern – darunter leidet die Bindung
Eva Schandro hat sich intensiv mit dem Hormon und seinen Auswirkungen beschäftigt. Es sei bekannt, dass sich physische Berührungen, also auch das Kuscheln mit den Kindern, auf die Oxytocin-Ausschüttung auswirken würden. „Dies verhält sich meinem Kenntnisstand nach bei Mädchen und Jungen recht ähnlich“, sagt die Psychologin und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Apollon-Hochschule BuzzFeed News Deutschland von IPPEN.MEDIA.
Die Studie, die Reith in seinem Video auf Instagram erwähnt, kennt Schandro zwar nicht, aber sie erklärt, warum der Vater einen wichtigen Hinweis gibt. Weltweit sei der Umgang mit Mädchen und Jungen eher unterschiedlich, was stark von den gesellschaftlichen Frauen- und Männerbildern geprägt sei. „Demnach kann es vorkommen, dass Jungen weniger Zärtlichkeit als Mädchen erfahren und dadurch ein anderes Oxytocin-Level aufweisen“, erklärt die Wissenschaftlerin.
Oxytocin gilt als Hormon, das Vertrauen stärkt. „Das elterliche Oxytocin stärkt die Bindung zum Kind“, sagt Schandro BuzzFeed News Deutschland. Sei die Oxytocin-Ausschüttung der Eltern beispielsweise durch Stress gemindert, leide auch die Bindung zum Kind. Berührungen und Kuscheln nehmen ab. Dadurch werde auch die Oxytocin-Ausschüttung des Kindes vermindert.

„Angstlösender Effekt“: Wirkung von Oxytocin im Körper
Oxytocin wirkt sich vielfältig auf den Körper aus. Es kann Geburtswehen auslösen, als Nasenspray bei Einsamkeit helfen und sei auch ein Moderator für soziales Verhalten: „Oxytocin ist beispielsweise mit Empathie assoziiert, welches wiederum das Einlassen auf andere Menschen bewirken kann“, sagt Schandro. Reith schreibt auf Instagram, dass das Hormon angstlösend wirke. „Oxytocin hat einen bewiesen angstlösenden Effekt“, bestätigt Schandro. Studien hätten gezeigt, dass Oxytocin die adaptiven Ängste ermögliche, aber maladaptive Ängste verringere.
Angst ist ein emotionaler Zustand, der in Erwartung einer Bedrohung auftreten kann. Adaptive Angst kann dazu beitragen, Menschen zu motivieren, sich vorzubereiten und zu proben. Sie kann auch zu angemessener Vorsicht in potenziell gefährlichen Situationen ermutigen. Wenn die Angst jedoch zu Funktionsstörungen und übermäßigem Leid führt, wird sie als maladaptiv betrachtet.
Reiths Managment teilt BuzzFeed News Deutschland mit, dass komplexe Zusammenhänge in einem Instagram-Reel nur vereinfacht dargestellt werden könnten. Reiths Ziel sei es gewesen, „eine Diskussion darüber anzuregen, wie wir mit den emotionalen Bedürfnissen von Jungen und Mädchen umgehen“. Seinen Sohn ziehe er bewusst außerhalb traditioneller Männerrollen groß. „Auch Jungs verdienen es, in den Arm genommen und getröstet zu werden.“