Spitzbergen verliert gigantische Eismassen – das lässt den Meeresspiegel steigen
Trotz seiner vergleichsweise kleinen Fläche verlor Spitzbergen mehr Eis als Grönland. Die Wissenschaftler sprechen von einem alarmierenden Phänomen.
Oslo – Die Gletscher Spitzbergens haben im Sommer 2024 einen beispiellosen Eisverlust von 61,7 Gigatonnen erlitten. Diese Schmelze „übertraf alle bisherigen Beobachtungen“, berichten Wissenschaftler der Universität Oslo in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences. Der Verlust entspricht etwa einem Prozent der gesamten Eismasse der arktischen Inselgruppe, die zu den nördlichsten besiedelten Gebieten der Welt zählt.

Besonders alarmierend: Die Schmelze trug messbar zum globalen Meeresspiegelanstieg bei. Insgesamt stieg der Meeresspiegel durch den Eisverlust in der Barentssee-Region um 0,27 Millimeter, wovon 0,16 Millimeter allein auf Spitzbergen entfallen. Die Forscher unter Leitung von Thomas V. Schuler ermittelten diese Daten durch eine Kombination aus direkten Beobachtungen, Computermodellen und Fernerkundungsmethoden.
Dramatische Eisschmelze innerhalb von sechs Wochen ini Spitzbergen
Zum Vergleich: Das Eisschild Grönlands verlor im selben Zeitraum mit 55 Gigatonnen eine ähnliche Menge Eis, obwohl es eine etwa 50-mal größere Fläche einnimmt. Bei größeren Gletschern dauert es generell länger, bis sich Temperaturveränderungen auf die gesamte Eismasse auswirken, wobei die Schmelzrate auch von Faktoren wie der Topografie abhängt.
Die dramatische Eisschmelze konzentrierte sich auf einen vergleichsweise kurzen Zeitraum. „Der Großteil der Gletscherschmelze im Jahr 2024 ereignete sich während einer sechswöchigen Periode anhaltender atmosphärischer Zirkulationsmuster, die rekordhohe Lufttemperaturen verursachten“, erklären die Wissenschaftler. Obwohl solche extremen Wetterbedingungen derzeit noch selten auftreten, prognostizieren Klimamodelle, „dass solche Temperaturniveaus bis zum Ende des 21. Jahrhunderts immer häufiger auftreten und möglicherweise sogar die von 2024 übertreffen werden“.
Das Forscherteam betrachtet den außergewöhnlichen Sommer 2024 daher als Vorschau auf die Zukunft der arktischen Gletscher. Die Ereignisse könnten „einen Einblick in die Bedingungen in 70 Jahren“ geben und als Prognose für das künftige Gletscherschmelzen in der gesamten Arktis dienen. (dpa/tab)