Giftdeponie mitten in den Alpen angeblich undicht: Kleine Mengen können „Gesundheit massiv schädigen”
In der Schweiz sickern gefährliche Giftstoffe aus einer Deponie in das Grundwasser. Die Kritik ist groß. Der Verursacher äußert sich.
Brig-Glis – In den malerischen Schweizer Alpen liegt die Deponie Gamsenried. Nur wenige Kilometer von der italienischen Grenze entfernt hat das Pharmaunternehmen Lonza im vergangenen Jahrhundert eine Giftdeponie entstehen lassen. Und die entwickelt sich zu einem großen Umweltproblem, denn sie ist undicht. Die Lösungsmaßnahmen stoßen bei Umweltschützern auf scharfe Kritik.
Giftdeponie in Alpenland: Giftstoffe können „Gesundheit massiv schädigen“ – Große Kritik
„Hier lagern Stoffe, die sehr gefährlich sind, von denen schon kleinste Mengen ausreichen, um die Gesundheit massiv zu schädigen“, erklärte Sonja Oesch von der Oberwalliser Gruppe Umwelt und Verkehr (OGUV) dem Schweizer Medium Blick. Bis 1978 wurden giftige Stoffe wie Benzidin, Anilin oder Quecksilber in die Deponie gebracht. Bereits kleinste Mengen Benzidin können Blasenkrebs verursachen. Besonders gefährlich wird es, wenn die Giftstoffe in das Grundwasser und in die Rhone durchsickern.

„Das ist die größte Giftdeponie der Schweiz“, sagte Oesch. Der Kanton Wallis schätzt die Menge des verschmutzten Materials auf etwa vier Millionen Tonnen, wie Blick berichtet. Eine Fläche von rund 40 Fußballfeldern. Nun soll die Deponie saniert werden. Doch bereits die Vorbereitungen sorgen für Probleme.
Mauer um Schweizer Giftdeponie löst Kritik aus: Umweltschützer zweifeln an Dichte
Für die Sanierungsarbeiten muss zunächst eine 1,6 Kilometer lange und 30 Meter tiefe Dichtwand gebaut werden. Sie soll am Rande der Deponie entstehen und verhindern, dass während den Sanierungsarbeiten Chemikalien austreten und weitere Giftstoffe in das Grundwasser gelangen. Allein diese Mauer soll Schätzungen zufolge 130 Millionen Euro kosten.
Zudem sind Umweltverbände skeptisch, ob die Mauer dicht genug sein wird. Neben dem OGUV sorgen sich zudem Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz, Pro Natura und der WWF um das Bauvorhaben. „Denn Lonza will sie (die Dichtwand, d.R.) auf die sogenannten limnischen Schichten setzten. Diese Schicht verhindert den Austausch von Grundwasser zwischen dem oberen und unteren Grundwasserträger“, hieß es in einer Pressemitteilung der Umweltverbände.
Das Problem liege jedoch darin, dass diese Schichten nicht überall unter der Mauer vorhanden seien. Zudem kritisieren die Verbände, dass der Pharmakonzern die Schadstoffvielfalt in der Deponie zu wenig berücksichtige. Auch die leichtflüchtigen Substanzen würden laut den Umweltverbänden nicht ernst genug genommen werden.
Meine News
Pharmakonzern Lonza nimmt Stellung zur Giftdeponie – Sanierung dauert Jahrzehnte
Lonza sieht jedoch kein Problem. „Während des Baus der Dichtwand werden Qualitätssicherungsmaßnahmen durchgeführt und Messungen vorgenommen, um die Dichtigkeit zu überprüfen“, erklärte Lonza-Mediensprecher Mathias Forny Blick. Die Dichtwand verbessere die Situation deutlich, wie Grundwassermodell-Berechnungen gezeigt hätten. „Die kritischen Stoffe werden im Rahmen des Dichtwand-Projekts betreffend Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie dem Luft- und Gewässermonitoring berücksichtigt“, hieß es von Lonza weiter.
Die Dichtwand soll in der zweiten Jahreshälfte gebaut werden. Die Umweltverbände werden den Bau weiter kritisch verfolgen, haben jedoch auch das Gefühl, dass Lonza die Anliegen ernst nehme. Allerdings ist der Bau der Mauer zunächst nur ein kleiner Schritt. Wie das SRF im vergangenen Jahr berichtete, schätzte Staatsrat Franz Ruppen aus dem Kanton Wallis die Sanierungszeit auf insgesamt 20 bis 40 Jahre.
Im Nachbarland Österreich machen sich Umweltorganisationen wegen eines anderen Problems große Sorgen. Denn ein Tiroler Tal könnte durch eine Flutwelle bedroht werden.