Der ehemalige Kommandeur der russischen Bodentruppen, Wladimir Tschirkin, hat Moskaus Vorgehen im Ukraine-Krieg deutlich kritisiert. In einem Interview mit dem russischen Sender „RBK“ erklärte er, Russland sei „wieder einmal“ nicht bereit für einen Krieg gewesen, „wie schon in den vergangenen Jahren und Jahrhunderten“. Tschirkin sprach laut „Business Insider“ von einer traditionellen Fehleinschätzung des Gegners und einer Überschätzung der eigenen militärischen Stärke.
Fehleinschätzungen und falsche Pläne
Laut ihm habe Russland ursprünglich geplant, Kiew innerhalb von drei Tagen einzunehmen. Doch diese Strategie sei von einem „Tbilisi-Syndrom“ geprägt gewesen – einer falschen Annahme, die auf den Erfahrungen des kurzen Krieges gegen Georgien im Jahr 2008 basierte. In der Ukraine habe sich diese Erwartung jedoch nicht erfüllt.
Tschirkin sagte laut dem „Kyiv Independent“, die ersten Wochen des Krieges hätten Russland eine „harte Lektion“ erteilt. Der damalige Verteidigungsminister habe versucht, die Rückschläge zu beschönigen und den Rückzug aus Kiew als „Geste des guten Willens“ darzustellen.
Falsche Informationen aus der Geheimdienstwelt
Tschirkin machte auch die russischen Geheimdienste für die militärischen Fehler verantwortlich. Laut ihm hätten sie der Führung falsche Informationen geliefert. Demnach sei behauptet worden, dass 70 Prozent der ukrainischen Bevölkerung Russland unterstützten und nur 30 Prozent dagegen seien. Diese Fehlinformationen hätten zu fatalen Entscheidungen geführt, darunter dem Rückzug aus der Region um Kiew.
Ukrainischer Journalist reagiert verblüfft
Der ukrainische Journalist Denys Kazanskyi kommentierte die Aussagen Tschirkins auf der Plattform X. Er schrieb, dass solche offenen Worte auf dieser hohen Ebene absolut einmalig seien. Tschirkin habe damit das Scheitern der sogenannten „Spezialoperation“ eingeräumt und erklärt, dass Präsident Wladimir Putin unvorbereitet in den Krieg gezogen sei, was zu schweren Verlusten geführt habe.