Statt Rente länger arbeiten: Heil will Vorschläge für flexibleres Rentenalter präsentieren

  1. Startseite
  2. Wirtschaft

KommentareDrucken

Laut Statistischem Bundesamt nahm die Erwerbs­beteiligung der 60- bis 64-Jährigen in den vergangenen Jahren so stark zu wie in keiner anderen Alters­gruppe - von 47 Prozent 2012 auf 63 Prozent 2022. © IMAGO/Ivana Kojic/Westend61

Das deutsche Rentensystem steht unter Druck. Die Ampel bessert nun nach. Eine Stellschraube: Ältere Arbeitnehmer sollen motiviert werden, freiwillig länger zu arbeiten.

Berlin – Die Gesellschaft überaltert und das Rentensystem in Deutschland gerät unter Druck: Immer weniger Beitragszahlern stehen immer mehr Rentner gegenüber. Eigentlich müsste die Höhe der Altersvorsorge sinken, doch schon heute hat nahezu die Hälfte aller deutschen Rentnerinnen und Rentner ein monatliches Nettoeinkommen von unter 1.250 Euro.

Mit ihrem neuen Rentenpaket verspricht die Ampel-Koalition, das Rentenniveau bis 2040 stabil bei 48 Prozent zu halten. Dafür zahlen vor allem die Jüngeren. Würden ältere Menschen freiwillig länger arbeiten, könnte das gleich mehrere Probleme lösen. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will seine Pläne dazu im Sommer vorstellen.

Zusatzverdienst statt Rente: Wie freiwilliges Arbeiten von Rentner Deutschland helfen könnte

Deutschland leidet unter Fachkräftemangel. Rund 1,5 Millionen Zuwanderer braucht die Bundesrepublik pro Jahr, erklärte die Vorsitzende der Wirtschaftsweisen, Monika Schnitzer. Die Idee: Würden ältere Menschen also freiwillig weiterarbeiten, statt in Rente zu gehen, stünden dem Arbeitsmarkt weitere Hände zur Verfügung – noch dazu angehende Rentner mit viel Erfahrung. Laut Statistischem Bundesamt ist der Anteil der Hochqualifizierten unter den Älteren, die in vielen Fällen länger weiterarbeiten, besonders hoch. Das Rentensystem hätte gleichzeitig mehr Beitragszahler und weniger Bezieher, was wiederum die Jungen entlasten könnte. Zumindest der Trend auf dem Arbeitsmarkt geht ohnehin in die richtige Richtung: Immer mehr Menschen in Deutschland gehen auch im Alter zwischen 63 und 67 Jahren einer Beschäftigung nach. 

Die Zahl der sozialversicherungspflichtig und geringfügig Beschäftigten in dieser Altersgruppe kletterte von 1,31 Millionen im Jahr 2020 kontinuierlich auf 1,67 Millionen im vergangenen Jahr, wie aus einer der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Regierungsantwort auf Fragen der Linken im Bundestag hervorgeht. In manchen Fällen auch, weil die Rente zu niedrig ist. Für rund 40 Prozent der Erwerbs­tätigen ab 65 Jahren war die ausgeübte Tätigkeit die vor­wiegende Quelle des Lebens­unterhalts, die Mehrheit verdiente sich hingegen zur Rente etwas dazu. Doch wie lassen sich noch mehr Senioren und Seniorinnen zum freiwilligen Arbeiten motivieren?

Länger arbeiten statte Rente: Bundesarbeitsminister will über Anreize sprechen – Gewerkschaften skeptisch

Bundesarbeitsminister Heil will zunächst mit Gewerkschaften und Arbeitgebern über mögliche Anreize für ältere Arbeitnehmer sprechen und im Sommer entsprechende Vorschläge vorstellen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte zuvor bereits mehr finanzielle Anreize für Menschen vorgeschlagen, die im Rentenalter weiterarbeiten. Die Idee stieß auf Gewerkschaftsseite auf Kritik. „Wir stellen uns gegen falsche Forderungen, ältere Beschäftigte von der Steuer oder den Beiträgen zur Sozialversicherung zu befreien. Damit entzieht man nur der Sozialversicherung und den öffentlichen Haushalten Geld“, sagte Anja Piel, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbundes, der Welt am Sonntag.

Die Arbeitgeberseite zeigte sich hingegen offen für die Idee. „Wir begrüßen, dass die Bundesregierung Anreize schaffen möchte, um Ältere länger in den Betrieben zu halten“, sagte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger dem Tagesspiegel. Viele Unternehmen leiden unter Fachkräftemangel, für sie wäre dies ein Weg, diesen zu mildern, so Dulger. Deutschlands Arbeitgeber, die Union sowie Politiker von Grünen und FDP sowie der Wirtschaftsweise Martin sprechen sich zudem für eine Abkehr von der sogenannten „Rente mit 63“ aus. Dies hatte Bundesarbeitsminister Heil jedoch abgelehnt. Es sei ein „Gebot der Fairness“, dass Menschen, „die über 45 Jahre gearbeitet haben, mit 64 oder 65 abschlagsfrei in Rente gehen können“, so der Minister (bme/dpa).

Auch interessant

Kommentare