Gespenstischer Fund wegen „Eispalast“-Kollaps: Schmelze legt uraltes Urlauber-Relikt an Alpen-Gipfel frei
Eine 50 Jahre alte Konstruktion taucht plötzlich aus dem schmelzenden Eis in den Alpen auf. Was dieser gespenstische Fund über unsere Zukunft verrät.
Dachsteingletscher – Es ist wie eine Zeitreise in die Vergangenheit: Wo einst Skifahrer ihre Schwünge zogen, liegt heute nur noch blanker Fels. Ein schmelzender Gletscher am Dachstein, Österreich, hat die Überreste eines alten Skilifts freigegeben, der seit etwa 1970 unter einer dicken Eisschicht begraben lag, wie die dpa berichtet. Georg Bliem, Chef der Dachstein Gletscherbahn, bestätigte den spektakulären Fund.
Die Holzkonstruktion stammt aus einer Zeit, als man im Sommer noch problemlos auf dem Gletscher Ski fahren konnte. Nur wenige Jahre nach dem Bau wurde der Lift jedoch zugeschneit und verschwand unter der Eisdecke – bis jetzt. „Die Holzkonstruktion ist unter der Eisdecke verschwunden“, schilderte Bliem das Schicksal des Lifts, der nun durch den Klimawandel wieder ans Tageslicht gekommen ist. Auch die Überreste eines Forschers wurden zuletzt in einem schmelzenden Gletscher gefunden.
Gletscherlift aus den 70ern wieder aufgetaucht: Dramatische Zahlen sprechen eine klare Sprache
Die Dimension der Gletscherschmelze ist erschreckend: Der Hallstätter Gletscher auf dem Dachstein ist seit Mitte des 19. Jahrhunderts von 5,27 Quadratkilometer auf nur noch etwa 2,22 Quadratkilometer geschrumpft, wie die dpa berichtet. Aktuelle Forschungsergebnisse der Universität Innsbruck zeigen ein noch dramatischeres Bild: Selbst wenn das 1,5-Grad-Ziel eingehalten wird, werden bis 2100 nur noch drei Prozent der heutigen Gletschermasse in der Region Ötztal/Stubai übrig sein.
„Wir haben viele kleine Gletscher, die aktuell stark schrumpfen und die schon in wenigen Jahren verschwinden werden“, warnt Lea Hartl vom Institut für Interdisziplinäre Gebirgsforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Besonders alarmierend: Fünf Gletscher seien allein zwischen 2006 und 2017 komplett verschwunden.
Gletscherschmelze hat auch Folgen für den Tourismus – Wirtschaftlicher Faktor weiter enorm
Die Folgen für den Tourismus sind bereits spürbar. Wegen des Gletscherrückzugs müssen Wanderwege verlegt und gesichert werden, um zu vermeiden, dass Menschen in Felsklüfte stürzen, die zuvor mit Eis bedeckt waren, so die dpa. Der „Eispalast“, der als Touristenattraktion in den Gletscher gegraben wurde, werde nach der Einschätzung Bliems vielleicht nur noch vier bis fünf Jahre existieren.
Dabei ist die wirtschaftliche Bedeutung der Seilbahnen enorm: Ein Umsatz von 1000 Euro bei Seilbahnen generiert durchschnittlich 7100 Euro Wertschöpfung in der Region, wie die Wirtschaftskammer Tirol betonte (Treffpunkt Seilbahnen 2024).
Die Situation ist bereits so prekär, dass Eisreste, die keine Fließbewegung und kein Nährgebiet mehr haben, gar nicht mehr als Gletscher bezeichnet werden können. „Wir schauen den Gletschern beim Verschwinden zu. Man nennt das Toteis“, erklärt Glaziologin Hartl. Der wieder aufgetauchte Skilift am Dachstein ist somit mehr als nur ein kurioses Relikt, sondern zugleich auch ein trauriges Mahnmal. Die Gletscherschmelze bedroht nämlich auch Millionen Menschenleben. (jh/dpa)